03 Die Auserwählten - In der Todeszone
Er warf sich auf Thomas, der mit dem Rücken auf Janson landete. Janson wand sich unter den beiden Kämpfenden. Die wilde Verzweiflung in Thomas jagte einen Adrenalinschub durch seinen Körper. Er brüllte, schob und trat, um sich zwischen den beiden Männern hervorzukämpfen. Er zog und hebelte wie rasend mit Händen und Füßen, bis er endlich loskam, und hechtete auf das Messer zu. Er landete auf dem Boden, griff zu und wirbelte herum. Doch die beiden Männer hatten sich gerade erst aufgerappelt, offenbar hatte sie sein plötzlicher Kraftschub überrascht.
Thomas stand mit erhobenem Messer vor ihnen. »Lassen Sie mich einfach gehen. Verschwinden Sie, und lassen Sie mich in Ruhe. Wenn Sie mir folgen, dann werde ich mit diesem Ding ein Blutbad anrichten, ich werde zustechen, bis Sie beide nur noch Hackfleisch sind, ich schwör’s.«
»Zwei gegen einen, Junge«, warnte ihn Janson. »Mir ist egal, ob du ein Messer hast.«
»Sie haben gesehen, wozu ich fähig bin«, erwiderte Thomas und versuchte dabei so gefährlich zu klingen, wie er sich fühlte. »Sie haben mich im Labyrinth und in der Brandwüste beobachtet.« Die Ironie brachte ihn fast zum Lachen. Sie hatten ihn zum Killer gemacht … um Menschenleben zu retten?
Der kleinere Mann sagte in höhnischem Ton: »Wenn du denkst, wir würden …«
Thomas holte schnell aus und warf das Messer, wie er es bei Gally gesehen hatte. Das Messer rotierte in der Luft und bohrte sich in die Kehle des Mannes. Zuerst war kein Blut zu sehen, doch dann griff er mit schockverzerrtem Gesicht nach oben und klammerte sich an das Messer in seinem Hals. In dem Moment fing das Blut an, im Rhythmus seines Herzschlags aus der Wunde zu spritzen. Er machte den Mund auf, konnte aber nichts mehr sagen. Und dann fiel er auf die Knie.
»Du kleiner …«, flüsterte Janson, der seinen Kollegen mit vor Entsetzen geweiteten Augen anstarrte.
Thomas war so schockiert über das, was er getan hatte, dass er wie versteinert dastand, bis Janson den Kopf zu ihm drehte und ihn ansah. Thomas rannte über den Innenhof, um die nächste Ecke. Er musste zurück zu der Einbruchstelle, er musste in das Gebäude.
»Thomas!«, rief Janson. Thomas hörte seine Schritte hinter sich. »Komm zurück! Du weißt nicht, was du tust!«
Thomas reagierte nicht darauf. Er rannte an dem Busch vorbei, hinter dem er sich versteckt hatte, und steuerte mit Höchsttempo das riesige Loch in der Hauswand an. Ein Mann und eine Frau saßen immer noch Rücken an Rücken daneben auf dem Boden. Als sie Thomas kommen sahen, sprangen sie auf.
»Ich bin Thomas!«, rief er sofort. »Ich bin auf eurer Seite.«
Sie sahen sich an und schauten dann Thomas ins Gesicht, der schlitternd vor ihnen zum Stehen kam. Schwer atmend drehte er sich um und sah die schattenhafte Gestalt von Janson in einiger Entfernung auf sie zurennen.
»Sie haben dich überall gesucht«, sagte der Mann. »Aber angeblich sollst du da drin sein.« Er zeigte mit dem Finger durch das Loch.
»Wo sind die andern alle? Wo ist Vince?«, keuchte Thomas.
Janson war schon ganz nah. Sein Wieselgesicht war zu einer Maske des Zorns verzerrt. Thomas kannte diesen Ausdruck: dieselbe wahnsinnige Wut, die er bei Newt gesehen hatte. Rattenmann war infiziert.
Janson japste nach Luft. »Dieser Junge … ist Eigentum … von ANGST. Geben Sie ihn frei.«
Die Frau zuckte nicht mal mit der Wimper. »ANGST ist mir so was von scheißegal, alter Mann. Wenn ich Sie wäre, würde ich zusehen, dass ich Land gewinne, und mich da drinnen lieber nicht mehr blicken lassen. Ihre Freunde, die noch drin sind, werden bald ihr blaues Wunder erleben.«
Rattenmann antwortete nicht, keuchte nur weiter, während sein Blick zwischen Thomas und den beiden hin- und herhuschte. Dann wich er ganz langsam zurück. »Ihr versteht das alles nicht. Eure selbstgefällige Arroganz wird alles zu Grunde richten. Ich hoffe, ihr könnt damit leben, wenn ihr in der Hölle schmort!«
Dann drehte er sich um und rannte, bis ihn die Finsternis verschluckte.
»Was ist denn dem über die Leber gelaufen?«, wollte die Frau wissen.
Thomas rang immer noch nach Luft. »Lange Geschichte. Ich muss zu Vince, oder wer sonst das Sagen hat. Ich muss meine Freunde finden.«
»Jetzt reg dich mal ab, Junge«, antwortete der Mann. »Da drin ist alles ziemlich ruhig. Alle sind dabei, auf Position zu gehen, zu platzieren und so.«
»Platzieren?«
»Platzieren.«
»Und was soll das bitte heißen?«, fragte
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