03 Die Auserwählten - In der Todeszone
er in Denver war, und welche Ziele er verfolgte, aber sein Instinkt sagte ihm, dass er nach Gallys Regeln spielen musste, um Antworten zu erhalten. Sie nahmen auf dem blanken Boden Platz, er und seine Freunde in einer Reihe, Gally ihnen gegenüber wie ein Richter. Im Dämmerlicht sah sein Gesicht fürchterlich aus, und sein angeschwollenes rechtes Auge war blutunterlaufen.
»Minho kennst du ja.« Thomas machte den eher peinlichen Versuch, sich höflich zu verhalten. Minho und Gally nickten sich kurz zu. »Das sind Brenda und Jorge. Sie waren früher bei ANGST, aber –«
»Die kenne ich«, unterbrach Gally. Er klang nicht wütend, nur irgendwie abgestumpft. »Die Knilche von ANGST haben mir meine Vergangenheit zurückgegeben. Ungefragt, wenn ich das sagen darf.« Er richtete den Blick auf Minho. »Schönen Dank noch übrigens. Für die besonders nette Behandlung bei unserer letzten Versammlung.« Seine Stimme troff vor Sarkasmus.
Thomas zuckte innerlich zusammen, als es ihm wieder einfiel: wie Minho Gally zu Boden geworfen, den Fuß auf die Brust gestellt und ihn bedroht hatte. Diese Auseinandersetzung hatte er ganz vergessen.
»Ich hatte schlechte Laune«, gab Minho zurück. Man konnte ihm unmöglich ansehen, ob er es ernst meinte oder es ihm wenigstens das winzigste bisschen leidtat.
»Aha«, meinte Gally. »Na dann, Schwamm drüber. Hab ich Recht?« Sein Kichern machte klar, dass er das Gegenteil meinte.
Minho bereute vielleicht nichts, aber Thomas schon. »Es tut mir leid, was ich dir angetan habe, Gally.« Er sah seinem ehemaligen Gegner in die Augen, als er das sagte. Er wollte, dass Gally ihm glaubte und wusste, dass ANGST ihr gemeinsamer Feind war.
» Dir tut es leid? Ich habe Chuck auf dem Gewissen. Er ist tot. Ich bin schuld.«
Als er das hörte, wurde Thomas nicht leichter ums Herz. Es machte ihn nur traurig.
»Es war nicht deine Schuld«, tröstete ihn Brenda.
»Das ist ein Riesenhaufen Klonk«, antwortete Gally steif. »Wenn ich mehr Mumm gehabt hätte, hätte ich sie davon abhalten können, mich zu kontrollieren. Aber ich habe es mit mir geschehen lassen, weil ich dachte, dass ich Thomas töten sollte, nicht Chuck. Nie im Leben hätte ich zugelassen, dass ich dieses arme kleine Würstchen absteche.«
»Das ist ja sehr großmütig von dir. Toll«, meinte Minho.
»Du wolltest mich also kaltmachen?«, fragte Thomas, verblüfft über die Ehrlichkeit des Jungen.
Gally höhnte: »Nun flenn mal nicht. Ich habe dich so sehr gehasst wie noch nie jemanden in meinem Leben. Aber was vorbei ist, ist vorbei. Das interessiert doch keinen feuchten Klonk mehr. Wir müssen über die Zukunft reden. Über das Ende der Welt.«
»Eine Sekunde, muchacho «, sagte Jorge. »Als Erstes erzählst du uns schön haarklein, wie du es aus dem ANGST-Hauptquartier dahin geschafft hast, wo du jetzt deinen Arsch geparkt hast.«
»Und ich will wissen, woher du wusstest, dass wir kommen«, verlangte Minho. »Und seit wann. Und was war das für eine Gestalt, die uns die Nachricht überbracht hat?«
Gally kicherte wieder in sich hinein, wodurch sein vernarbtes Gesicht noch schlimmer aussah. »Eine Vergangenheit bei ANGST macht einen nicht gerade zu einem vertrauensseligen Menschen, was?«
»Ich bin auch ihrer Meinung«, sagte Thomas. »Du musst uns erklären, was Sache ist. Besonders, wenn du unsere Hilfe willst.«
»Eure Hilfe ?«, höhnte Gally. »So würde ich’s ja nicht unbedingt ausdrücken. Aber wir verfolgen wahrscheinlich dieselben Ziele.«
»Na komm.« Thomas war genervt. »Wir müssen wissen, warum wir dir vertrauen sollen. Spuck’s einfach aus.«
Nach einer langen Pause fing Gally endlich an. »Der Überbringer der Botschaft heißt Richard. Er ist Mitglied in einer Gruppierung, die sich ›Rechter Arm‹ nennt. Sie hat Mitglieder in sämtlichen Städten und Ortschaften, die es auf diesem Klonkplaneten noch gibt. Die Vereinigung hat nur ein Ziel: unsere alten Freunde zu stürzen – und das Geld und den Einfluss von ANGST für das zu benutzen, was wirklich wichtig ist. Aber sie haben nicht die Ressourcen, um eine so große und mächtige Organisation wirklich zu bekämpfen. Sie wollen handeln, aber es fehlen noch wichtige Informationen.«
»Wir haben von der Gruppe gehört«, unterbrach Brenda. »Aber wie bist du zu ihr gestoßen?«
»Im Hauptquartier von ANGST gibt es ein paar Spione, die sind heimlich zu mir gekommen und haben mir erklärt, dass ich weggeschickt werde, wenn ich so tue, als hätte ich sie
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