03 - Feuer der Liebe
sie das Dorf ohne ihre Sachen verlassen. Ich weiß nicht, wohin
sie gingen.« Unglücklich verstummte sie. »Es war nicht richtig. Sarita war eine
Freundin von mir. Und sie war keine ... Hure. Er hat sie eine Hure genannt.«
»Und dann hast du seine Befehle
missachtet?«
»Ja. Ich habe einen Diener
geschickt, damit er Saritas Sachen zusammenpackt — mein Vater dachte, der
Diener würde die Sachen wegwerfen. Aber ich habe ihrer Familie die Sachen
zukommen lassen.«
»Hat dein Vater es herausgefunden?«
»Kurz bevor ich nach Kalkutta
aufbrach und nach England reiste.«
»Es überrascht mich, dass er dir
erlaubt hat, dich mit den Frauen aus dem Dorf anzufreunden.«
»Oh, das hat er nicht. Und ich war
auch keine richtige Freundin von Sarita. Er teilte mir zwei Diener zu, die mir
jeden Tag über das Dorf berichtet haben. Ich hatte das Gefühl, als wäre ich mit
einigen Frauen befreundet, weil ich mein ganzes Leben Geschichten über sie
gehört habe. Sarita war in meinem Alter und lächelte mich an, wenn sie mich
sah.«
»Hattest du gar keine Freunde? Was
war mit der Frau, von der du mir erzählt hast? Die keine Papaya essen durfte.«
Quill war stolz darauf, wie gelassen seine Stimme klang.
»Ihr Name war Leela. Und ... nein,
ich hatte keine Freunde, mit denen ich mich unterhalten konnte. Nicht, nachdem
Johore gestorben war.«
Quill durchforstete sein Gedächtnis.
»Wer?«
»Erinnerst du dich nicht? Ich habe
dir doch von einem Freund erzählt, der an einem Fieber starb. Johore war
Sudhakars Sohn, und da Sudhakar der höchsten Kaste angehört, erlaubte mein
Vater mir als Kind, mit seinem Sohn zu spielen. Nach Johores Tod gab es im Dorf
niemanden, mit dem ich spielen durfte. Aber mein Kindermädchen hat mit immer
erzählt, was die anderen Kinder taten, und so hatte ich das Gefühl, als wären
Sarita und Leela meine Freundinnen. Wir konnten zwar nicht miteinander reden,
aber ich war nie einsam. Außerdem musste ich mich um Kasi Rao kümmern.«
Eine gesunde Dosis Zorn war an die
Stelle von seinem Verlangen getreten. »Verstehe ich das richtig«, sagte er
langsam. »Dein Vater hat dir nicht erlaubt, dich mit jemandem anzufreunden,
außer mit seinem schwachsinnigen Neffen. Er hat Menschen aus einer Laune heraus
aus dem Dorf verbannt und ihnen nicht einmal erlaubt, ihren Besitz
mitzunehmen?«
»Ja«, antwortete sie.
»Es tut mir Leid, dir das zu sagen,
Gabby, aber Männer wie dein Vater sind der Grund, weshalb ich meine Anteile an
der Ostindienkompanie verkauft habe. Es gibt zu viele Engländer in Indien, die
wie kleine Könige leben und niemandem Rechenschaft ablegen. Und alle sind sie
Bastarde.«
Er umfasste ihr Kinn. »Gabby?«
Tränen glitzerten in ihren
wunderschönen Augen. Quill verschloss ihre Lider mit einem Kuss. »Wir müssen
uns unterhalten — und zwar vernünftig.« In seiner Stimme schwang ein
leises Lächeln mit. »Dein Vater scheint ein engstirniger Schurke zu sein. —
Mach die Augen auf, Gabby. Ich würde dich auch am Ufer des Ganges lieben«,
sagte er und seine Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. »Ich würde dich
am Ufer des Humber River lieben, oder draußen im Garten. Und wahrscheinlich werde
ich das tatsächlich einmal tun, bevor wir sterben. Ich würde es am helllichten
Tag tun, vor den Augen von Codswallop und den restlichen Bediensteten, wenn es
sein müsste.«
Gabby machte Anstalten etwas zu
erwidern, doch er legte einen Finger auf ihren Mund. »Na gut, lieber wäre es
mir, wenn Codswallop nicht in der Nähe wäre. Er wirkt furchtbar langweilig und
das ist nicht besonders förderlich für die Liebe. Aber ich will damit sagen,
dass Gott uns für unser Liebesspiel preisen würde — egal, wo wir es tun. Ob
bei Tageslicht oder in der Dunkelheit, unter der Bettdecke oder an einem
schlammigen Flussufer. Die Vorstellung, die dein Vater von der Sünde hat, ist
engstirnig und dumm.«
Gabby schenkte ihm ein schiefes
Lächeln. »Du hörst dich an wie Sudhakar.«
»Der Brahmane?«
Sie nickte. »Er spielte jeden
Donnerstagabend mit meinem Vater Schach. Und wir unterhielten uns immer, wenn
mein Vater sich verspätete, was sehr oft vorkam.«
»Er nahm also kein Blatt vor den
Mund«, sagte Quill überrascht.
»Sudhakar ist Brahmane. In seinen
Augen gehört Vater einer niederen Kaste an ... also einer niederen Rasse. Aber
er mochte mich.« Sie biss sich auf die Lippe.
Quill ließ seine Hand vorsichtig
über ihren Rücken gleiten. »Gabby, wirst du mich nun lieben? Wir befinden uns
nicht
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