03 - Feuer der Liebe
ihm loszumachen. Sie war offensichtlich noch nicht
fertig mit ihrer vernünftigen Unterhaltung.
»Gabby«, sagte Quill und stellte
entsetzt fest, wie heiser seine Stimme klang. »Manchmal ist eine Unterhaltung
völlig überflüssig, egal ob sie nun vernünftig oder absolut konfus ist.« Er nahm
sie auf die Arme und trug sie zu dem großen, mit damaszierter Seide verhangenen
Bett hinüber.
»Und dies ist ein solcher
Zeitpunkt.«
Kapitel 16
Emily Ewing musste erschrocken
feststellen, wie sehr ihr die Unterhaltungen mit Lucien Boch fehlten. Seit
Lady Festers Ball waren über drei Wochen vergangen, in denen Mr Boch viermal
bei ihr vorgesprochen hatte. Jedes Mal hatte sie sich geweigert, ihn zu
empfangen, und ihr Herz mit dem Gedanken verschlossen, dass sie Phoebe nicht in
einem mit Schande befleckten Haus großziehen konnte. Außerdem hatte sie ihren
Artikel über Lady Festers Ball fertig gestellt, ohne ein bernsteinfarbenes
Kleid aus italienischer Seidengaze oder einen ehemaligen Marquis zu erwähnen.
Unglücklicherweise hatte Bartholomew
Hislop die Nachricht, dass sie Mr Boch auf den Ball begleitet hatte, als
Zeichen aufgenommen, dass sie ihm die gleiche Beachtung schenken würde. Eine
grauenvolle Vorstellung, dachte sie wie betäubt. An diesem Morgen erschien
Hislop ausstaffiert mit leuchtend gelben Hosen, die so eng saßen, dass sie ihm
ganz offensichtlich unbequem waren. Auch wenn sie Lucien nie begegnet wäre und
ihn nicht innerlich zum Vergleich heranziehen würde, wäre ihr die Vorstellung
unerträglich, mit Hislop in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. Es war jedoch
zu spät. Zu spät, zu spät, zu spät. Die Worte hallten dumpf in ihrem
Kopf wider. Sie war dem eleganten Mr Boch begegnet und hatte — beinah — seiner
kunstvollen Verführung nachgegeben. Ihre Tugendhaftigkeit war jedoch nur ein
schwacher Trost, denn nun musste sie mit dem aufgeblasenen, lüsternen Mr
Hislop fertig werden.
»Ich möchte, dass Sie mich morgen
Nachmittag begleiten und sich mit mir den Ballonstart ansehen.« Mr Hislop klang
verdrossen, das war nicht zu überhören.
»Ich fürchte, ich muss ablehnen«,
erwiderte Emily. »Ich schreibe an den Nachmittagen und habe für solche Ausflüge
keine Zeit.« Zu spät erkannte sie, dass sie ihm damit den Ball direkt
zugespielt hatte.
»Wunderbar!«, sagte er verschmitzt.
»Dann verbringen wir den Abend im Theater. Ein intimer Abend wird Sie
aufheitern.«
Als sie zu einer Ablehnung ansetzte,
schob er seine wulstige Unterlippe vor. »Oder ich werde Ihnen in der Zukunft
nicht mehr helfen, Mrs Ewing.« Er legte einen dicklichen Finger auf den Stapel
Papier, der auf dem Tisch lag. »Ich habe einige Zeit gebraucht, diese
Informationen zu sammeln. Quid pro quo, wie es in der Juristerei heißt.«
Emily schluckte und wollte etwas
erwidern, doch Hislop hob abwehrend die Hand. »Ich gebe Ihnen Bedenkzeit«, sagte
er und sein lüsterner Blick verharrte auf ihrer Brust. »Ich verlasse Sie nun
mit dem tröstlichen Gedanken, dass Sie mich brauchen, Mrs Ewing. Zum Ball der
Gräfin von Strathmore werden zum Beispiel nur die elegantesten Personen
eingeladen. Sie brauchen mich und« — er kicherte frech — »ich brauche Sie.«
Emily presste die Hand fest auf
ihren aufgebrachten Magen, als sich die Tür hinter Hislop schloss. Schließlich
ließ sie sich in einem Sessel nieder und hielt nur mit Mühe ihre Tränen zurück.
Sie zuckte nicht einmal zusammen, als die Tür zu ihrem Arbeitszimmer aufflog
und Phoebe hereingerannt kam.
»Mama! Mama! Sally und ich wollten
Kasi Rao besuchen, und Mrs Malabright war gerade beim Kofferpacken!«
»Beim Kofferpacken?« Emily
versuchte, mitfühlend zu wirken.
»Sie gehen fort. Mrs Malabright
sagt, du sollst es Miss Gabby sagen, denn sie wagt nicht, einen Brief zu
schreiben. Sie sagte, die Männer wollen Kasi zurück nach Indien bringen.«
»Was?«
Phoebe nickte und ihre blauen Augen
waren kreisrund vor Angst. »Sie würden ihn zwingen, unter Leute zu gehen. Unter
Fremde. Kasi kann aber nicht mit Fremden reden!«
Emily holte tief Luft. »Du meine
Güte, was für eine schlimme Überraschung. Wo bringt Mrs Malabright Kasi hin?«
»Zur Frau ihres Bruders nach Devon«,
berichtete Phoebe. »Sie hat es nur mir gesagt, Mama, und du musst es Gabby
sagen, sobald sie nach London zurückkehrt.«
»Mrs Malabright hat gut daran getan,
dir zu vertrauen, Darling«, sagte Emily und schloss ihre Arme um Phoebes
runden, kleinen Körper. Sie würde alles tun — wirklich alles
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