03 - Feuer der Liebe
Und das dahinten sind Apfelbäume.«
»Oh bitte, warten Sie doch, Quill«,
rief Gabby. »Ich möchte mir die Goldregenkassie ansehen. Die mit den Blüten.«
Quill streckte die Hand aus und
brach einen Zweig voller goldener Blüten ab. Er schüttelte ihn und feine
glitzernde Tautropfen spritzten in alle Richtungen. »Normalerweise wäre er
längst verblüht, aber es war ein warmer Herbst.« Er streckte Gabby den Zweig
entgegen.
»Er ist bezaubernd.« Sie strahlte
vor Glück und vergrub ihre Nase in der Blüte. Als sie das Gesicht hob, war ihre
Nasenspitze mit gelbem Blütenstaub bedeckt.
Quill streckte die Hand aus und rieb
ihre Nase mit dem Daumen sauber. Sie besaß eine kleine, gerade,
aristokratische Nase, die bezeugte, dass sie von einer langen Reihe von
Jerninghams abstammte, die einen edlen Stammbaum aufwiesen — zumindest, was die
Nasen anging.
»Wie hat Ihr Vater Ihre Mutter
kennen gelernt?« Er wusste nicht viel über Richard Jerningham, aber seine
Neugier wurde immer stärker.
»Sie war eine französische
Emigrantin.« Gabby schien die unvermittelte Frage überhaupt nicht unhöflich zu
finden. »Mein Vater heiratete sie zwei Wochen, nachdem sie sich kennen gelernt
hatten. Sie waren ungefähr ein Jahr verheiratet, als sie bei meiner Geburt
starb.«
Quill wurde sich der gesprenkelten
Sonnenstrahlen bewusst, die seinen Rücken wärmten. Gabby schien wirklich nicht
zu ahnen, was passieren würde, wenn man sie zusammen im Garten fände.
Er machte kehrt und zog sie hastig auf das Haus zu. Dann blieb er stehen. »Sie
müssen allein hineingehen«, sagte er.
»Quill!«, protestierte sie und ihre
heisere Stimme klang verärgert. »Wir haben gerade von etwas Wichtigem
gesprochen. Sie sind sehr unhöflich. Ich sagte soeben, dass meine Mutter bei
meiner Geburt gestorben ist, da sollten Sie mir zumindest Ihr Beileid
aussprechen.«
Quill blickte auf sie hinunter und
unterdrückte den Impuls, sie durch einen Kuss zum Schweigen zu bringen. »Ich
würde gerne mehr über Ihren Vater und Ihre Mutter hören«, sagte er schließlich.
»Aber ich mache mir Sorgen, dass wir von den Dienstboten entdeckt werden. Sie
sind inzwischen bestimmt wach und haben sich im Haus verteilt.«
»Wäre das denn solch eine
Tragödie?«, fragte Gabby. »Wir sind schließlich eine Familie.« Und sie lächelte
ihn unschuldig und freundlich an wie ein kleines Kind.
»Noch sind Sie nicht mit Peter
verheiratet«, erwiderte Quill. »Wenn man uns zusammen im Garten findet, werden
die Leute unweigerlich das Schlimmste annehmen. Ihr Ruf wäre ruiniert.«
»Da fällt mir etwas ein«, sagte sie
mit einem Stirnrunzeln. »Warum heirate ich Peter? Nicht dass ich etwas dagegen
habe«, fügte sie hastig hinzu.
Quill konnte an ihrem sonnigen
Lächeln erkennen, dass dies der Wahrheit entsprach.
»Aber ich bin mir ganz sicher, mein
Papa geht davon aus, dass ich Sie heirate«, sagte Gabby verwirrt. »Das
heißt, er denkt, Sie wären Peter. Ich fürchte, er geht davon aus, dass ich
eines Tages Viscountess werde. Aber das ist gar nicht möglich, nicht wahr,
Quill? Ihre Frau wird diesen Titel tragen.«
»Bei Ihnen ist es sehr
unwahrscheinlich, doch Ihr Sohn wird ganz bestimmt den Titel erben. Ich selbst
habe nicht vor, mich zu verheiraten.«
»Aber ...«
Er schnitt ihr das Wort ab. »Gabby,
Sie müssen jetzt in Ihr Zimmer zurückkehren. Gehen Sie!« Und mit diesen Worten
schubste er sie in Richtung des Gelben Salons.
Gabby blieb nichts anderes übrig,
als seinem Befehl zu gehorchen. Also ging sie die Treppenstufen hinauf und
schlüpfte ins Haus. Dabei dachte sie darüber nach, was Quill ihr gesagt hatte.
Natürlich würde er heiraten! Es war ihr völlig egal, ob sie Viscountess wurde
oder nicht, und was ihr Vater nicht wusste, konnte ihn auch nicht aufregen.
Doch Quill war einsam, das konnte sie an dem trostlosen Ausdruck in seinen
Augen erkennen. Er brauchte jemanden, der ihn zum Sprechen anhielt und zum
Lachen brachte — auch wenn sich sein Lachen immer nur in den Augen zeigte.
In ihrem Zimmer angekommen zog sie
die Halbstiefel aus und stellte sie ordentlich unters Bett, so dass die
nassen Schuhe unter der Überdecke verborgen waren. Dann kletterte sie zurück in
die Federn und klingelte nach einer Dienerin.
Dabei vergaß sie völlig den
Blütenzweig, den sie aus dem Garten mitgebracht hatte. Er fiel ihr erst
wieder ein, als ein junges Mädchen namens Margaret erschien, denn das Erste,
was die Dienerin nach einem höflichen Knicks sagte, war: »Was
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