03 - Feuer der Liebe
eingetroffen sind —
aber Sie heiraten den Mann, der in London die männliche Mode diktiert. Wenn Ihr
Verlobter für den Abend eine einreihige weiße Weste wählt, können Sie sicher
sein, dass am folgenden Abend die meisten Gentlemen das Gleiche tragen werden.«
»Sie übertreiben, meine Liebe«,
unterbrach Peter sie. »Sie erweisen mir zu viel der Ehre.«
»Ich bin Französin«, erwiderte
Madame Carême von oben herab. »Ich habe es nicht nötig zu übertreiben. Ich sage
immer die Wahrheit. Es gab Zeiten, da waren Sie noch jünger, mein lieber
Monsieur, und es stand noch nicht fest, wer für die Mode der Männer den Ton
angeben würde. Wie ich schon sagte, Sie waren noch jung. Aber jetzt, wo Sie das
volle Ausmaß Ihrer Macht erreicht haben — nun, ich möchte denjenigen sehen,
der gegen Ihr Diktat verstößt.«
Gabby blickte Peter mit großen Augen
an.
»Madame Carême übertreibt meinen
bescheidenen Einfluss in der Gesellschaft«, erklärte er mit einer schwungvollen
Verbeugung und drückte seine Lippen auf die Fingerspitzen der Französin. »Ich
kann Ihr großes Kompliment nur erwidern und daher vertraue ich Ihnen meine
zukünftige Braut an, Madame Carême, Ihnen und sonst niemandem!«
»Ja«, sagte Madame Carême und wandte
sich wieder an Gabby. Dabei schien sie nicht mehr ganz so glücklich wie einen
Moment zuvor. Sie musterte Gabby von oben bis unten, vom Kopf bis zu den
Spitzen ihrer Halbstiefel.
»Es wird eine Herausforderung«,
sagte Peter schmeichelnd. »Eine Herausforderung, wie sie nur die beste modiste von ganz London annehmen kann.«
»Das ist wahr.« Die modiste umkreiste
Gabby wie ein Tiger die Ziege.
»Weiß kommt gar nicht in Frage«,
fuhr Peter fort.
»Ich muss gut darüber nachdenken«,
verkündete Madame Carême. »Ich werde einen Monat benötigen, wenn nicht sogar
länger.«
»Wir hatten nicht weniger erwartet.
Dürfte ich um einen winzigen Gefallen bitten, meine liebe Madame?« Peter senkte
die Stimme. »Haben Sie ein Kleid, das man sofort für Miss Jerningham umarbeiten
könnte? Ich kann mit meiner Verlobten nicht einmal eine Ausfahrt in den Park
unternehmen. Ich habe für die Fahrt zu Ihrem Etablissement sogar eine
geschlossene Kutsche genommen, was Sie sicherlich verstehen können.«
»Eine ausgezeichnete
Vorsichtsmaßnahme. Ich bezweifle allerdings, dass ich Ihnen im Moment mit mehr
als einem oder zwei Tageskleidern aushelfen kann, mein lieber Monsieur. Ich
fürchte, dass Miss Jerningham ein wenig, ein wenig ...«
Zu Gabbys großer Erleichterung wurde
Madame Carême unterbrochen, bevor sie das Problem näher erläutern konnte. Die
Tür ging auf und eine Dame kam herein, die von einer Dienerin begleitet wurde.
»Die Herzogin von Gisle«, verkündete
der Butler zufrieden.
Madame Carême drehte sich
blitzschnell um. »Euer Gnaden! Ich hatte ja keine Ahnung, dass Sie wieder in
London sind.«
Peter eilte ebenfalls herbei und
begrüßte sie freudig.
Gabby beobachtete die Szene voller
Neid. Die Herzogin stellte für Madame Carême offensichtlich kein Problem dar.
Ihr Kleid sah aus wie aus Taschentuchstoff gefertigt, und es bestand kein
Zweifel, dass die Figur der Herzogin ebenso makellos war wie der Rest.
Peter plauderte nun angeregter, als
Gabby es bisher bei ihm gesehen hatte. Sie schluckte. Vielleicht war diese
schöne Herzogin der Grund für sein Widerstreben, sich zu vermählen. Vielleicht
liebte er sie heftig und verzehrte sich sogar in diesem Moment nach ihr. Sie
gaben ein schönes Paar ab — die Herzogin war ebenso vornehm und strahlend wie
Peter. Sie würden wunderschöne Kinder haben.
Und sie schienen so vertraut
miteinander. Wahrscheinlich hatten sie sich geliebt, bevor die Herzogin gezwungen
wurde, einen anderen zu heiraten. Gabby musste plötzlich ein paar Tränen
fortblinzeln. Wie schmerzhaft musste es für Peter gewesen sein, seine Geliebte
einen anderen heiraten zu lassen, womöglich einen ältlichen Herzog mit Buckel!
Gerade, als Gabby die Tränen
hinunterschluckte und sich Peters gequältes Gesicht bei dieser Hochzeit
vorstellte, kam die Herzogin auf sie zu, um sie zu begrüßen. Gabbys
romantisches Ich hatte sie als tragische Figur gesehen, die der Kummer bald
dahinraffen würde, aber ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass diese
Frau vor Glück regelrecht strahlte.
»Wie geht es Ihnen?«
Die Herzogin streckte ihr eine
behandschuhte Hand entgegen. Gabby ergriff sie und fragte sich dabei
insgeheim, ob sie die Hand lieber schütteln oder küssen
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