03 - Feuer der Liebe
sollte. Sie hatte keine
Ahnung, wie sie sich gegenüber einer Herzogin verhalten musste. Vielleicht
sollte sie einen Knicks machen? Schließlich schüttelte sie die Hand und ließ
sie dann fallen.
»Das ist meine Verlobte«, stellte
Peter sie vor. »Miss Jerningham ist erst gestern aus Indien eingetroffen.«
Gabby bemerkte sehr wohl, dass es ihm schwer fiel, sie vorzustellen. Wahrscheinlich wegen ihres Kleides.
Aber Ihre Gnaden schien nichts
Ungewöhnliches zu bemerken.
»Ich bin auch gerade erst von Bord
eines Schiffes gestiegen! Mein Mann und ich sind aus der Türkei zurückgekehrt.
Wir waren ungefähr ein Jahr auf Reisen und nun habe ich wirklich nichts mehr
zum Anziehen!« Die Herzogin wandte sich mit einem Lächeln an Madame Carême.
»Deshalb habe ich es auch gewagt, ohne Voranmeldung bei Ihnen vorbeizukommen,
liebe Madame. Ich war verzweifelt!«
Sie wandte sich wieder an Gabby.
»Bitte verzeihen Sie, dass ich Ihre Sitzung mit Madame Carême unterbrochen
habe, Miss Jerningham. Sagen Sie, wie finden Sie London?«
Gabby reagierte unwillkürlich auf
den fröhlichen Ausdruck in den blauen Augen der Herzogin. »Es gefällt mir sehr
gut«, antwortete sie. »Obwohl ich bis jetzt noch nicht viel von der Stadt
gesehen habe.»
»Warum machen wir nach Ihrem Termin
nicht einen kleinen Spaziergang durch die Bond Street? Das heißt, falls Sie
keine anderen Pläne haben.«
Peter war über den Vorschlag
entsetzt, das konnte Gabby deutlich erkennen. Er wollte nicht, dass man sie in
London sah, bevor Madame Carême sie mit neuen Kleidern ausgestattet hatte.
»Es scheint, dass ich Madame Carêmes
neueste Kreation werden soll«, sagte Gabby leichthin. »Ich möchte ihre
Reputation nicht ruinieren und mich in diesem Kleid zeigen, bevor sie die
Chance hatte, mich zu verwandeln.«
Peter stöhnte innerlich auf und
Madame zog die Augenbrauen in die Höhe. »Die Wahrscheinlichkeit ist sehr
gering, dass man Ihr Kleid mit einem von meinen verwechselt«, sagte sie.
Aber die Herzogin wirkte
verständnisvoll. »Es spricht aber doch nichts dagegen, dass wir eine kurze
Fahrt durch den Park machen? Ich verspüre nämlich den albernen Wunsch, Kalkutta
zu sehen, und ich würde furchtbar gern Ihre Beschreibung der Stadt hören.«
Für Ihre Gnaden schien nichts
unmöglich — nur, dass Gabby in der Öffentlichkeit ihr weißes Kleid trug. Sekunden
später wurde Gabby hastig in die hinteren Räume geführt und von Madames
Assistentinnen ihrer Kleidung entledigt. Sie schienen überrascht, weil Gabby
kein Korsett trug.
»Mein Vater hält nichts von
Korsetts«, erklärte Gabby. »Er findet, Frauen sollten in der Lage sein, sich
selbst anzukleiden.«
Madame schüttelte es bei dieser
Vorstellung. Sie starrte Gabbys Spiegelbild an. »Wir versuchen es mit
Fischbein. Ich werde mein Bestes geben«, sagte sie ein wenig verzagt.
»Ich bin sicher, dass Sie mich bald
in einen Dandy der feinen Gesellschaft verwandelt haben«, sagte Gabby
aufmunternd.
»Unsinn — nur Gentlemen sind
Dandys«, erwiderte Madame. Aber sie wirkte bereits viel fröhlicher, Dann legte
sie plötzlich den Kopf schief und rief »Natürlich!« Mit einem Fingerschnippen
schickte sie eines der Mädchen fort, das kurz darauf mit einem duftigen,
dunkelorangefarbenen Kleid zurückkehrte.
»Ich habe es für die Gräfin von
Redingale angefertigt«, vertraute sie Gabby an. »Aber das dumme Ding hätte es
schon vor einem Monat abholen sollen. Vermutlich hat sie mal wieder ihre
Apanage überzogen. Wenn ich Ihnen das Kleid gebe, wird es sie lehren, dass man
mit der besten modiste von London so nicht umspringen kann.«
»Ganz recht«, stimmte Gabby ihr ein
wenig atemlos zu. Eine von Madames Assistentinnen schnürte sie gerade in ein
Korsett. Ihre Brüste wurden nach oben und nach vorn gedrückt, und ihre Taille
wirkte auf einmal unerhört schmal. Gabby erblickte einen Hoffnungsschimmer.
Vielleicht würde die Magie von Madame Carême sie in eine elegante Schönheit
verwandeln.
Jemand streifte ihr das Tageskleid
über den Kopf, das wie eine Wolke aus Musselin nach unten schwebte.
»Gar nicht so schrecklich«,
kommentierte Madame.
Das Kleid hatte einen hohen Kragen
mit einem Einsatz aus braunem Samt und dezente Streifen auf dem Rock. Es
unterschied sich schon allein durch das leichte Material auffallend von dem
weißen Kleid, denn es bewegte sich beim leisesten Atemzug. Das Einzige, was den
Rock daran hinderte, nach oben zu flattern, war ein Pelzbesatz aus Samt.
In Gabbys Augen war es
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