03 - Feuer der Liebe
Tante
Louise ist zu Hause und wartet schon sehnsüchtig darauf, dich kennen zu lernen.
Und du ... du hast noch eine andere Familie.«
Etwas an dieser beiläufigen
Erwähnung der »anderen Familie« kam Gabby seltsam vor.
»Entschuldigen Sie, Mrs Ewing«,
sagte Gabby, »aber ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt.« Sie warf
Quill, der entspannt an der Wand lehnte und seine Pflichten als Gastgeber
vernachlässigte, einen finsteren Blick zu. »Sie haben sicherlich wegen meines
Briefes bereits vermutet, dass ich Gabrielle Jerningham bin. Und dies ist Mr
Erskine Dewland.«
Quill richtete sich auf und machte
eine Verbeugung. »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.«
Es störte Gabby ein wenig, mit
welcher Bewunderung Quill Mrs Ewing anblickte. Er hatte kein Recht, eine
verheiratete Frau so zu betrachten.
»Ich fürchte, meine Familie hat den
Kontakt zu Carolyn nicht so gepflegt, wie wir es hätten tun sollen, und so war
dies ein großer Schock für uns.« Ihr Lächeln verschwand. »Ich mag mir gar
nicht ausmalen, was mit Phoebe geschehen wäre, wenn Sie sie nicht gerettet
hätten, Miss Jerningham. Was für ein Glück, dass Sie auf dem gleichen Schiff
waren!«
»Es war ein Glück für uns beide«,
erwiderte Gabby. »Phoebe war mir während der Reise eine angenehme Begleiterin.«
Die Art, wie Quill sich nach vorn beugte und an Mrs Ewings Lippen hing, war
wirklich sehr ärgerlich.
»Wir haben selten von meiner
Schwester gehört«, berichtete Mrs Ewing, »Carolyn hatte eine Entdeckerseele und
ihr Gatte war ebenso unerschrocken wie sie. Ich fürchte, ich habe in den letzten
sieben Jahren von ihr nur einen einzigen Brief erhalten.«
»Manchmal waren sie und Papa
monatelang verreist«, warf Phoebe ein. »Sie hatten wichtige Arbeit zu
erledigen.«
Mrs Ewing drückte Phoebe einen Kuss
auf die Locken. »Haben sie dich denn nie mitgenommen, Schätzchen?«
»Nein, natürlich nicht«, rief
Phoebe. »Mama und Papa hatten wichtige Aufgaben. Mama hat sich immer gewünscht,
dass ich sie begleiten könnte, aber sie haben sich oft an gefährlichen Orten
aufgehalten. Ich bin bei meiner ayah geblieben, und Mama und Papa kamen mich
besuchen, wann immer sie konnten.«
»War Ihr Vater Roderick Pensington?«
Quills unvermittelte Frage
überraschte Phoebe, aber sie nickte. »Mein Papa war ein berühmter Forscher«,
sagte sie stolz.
»Das war er mit Sicherheit«, bestätigte
Quill. »Er war der erste Mensch aus dem Westen, der den gesamten Ganges
entlang-gereist ist.«
Mrs Ewing erhob sich, »Es ist Zeit,
dass wir uns auf den Weg machen. Deine Tante Louise wartet sicher schon
ungeduldig auf meine Rückkehr. Und ich könnte mir vorstellen, dass Miss
Jerningham und Mr Dewland eigene Pläne haben.«
»O nein«, rief Gabby. »Bitte gehen
Sie nicht so schnell, Mrs Ewing! Ich habe Phoebe inzwischen lieb gewonnen, und
es fällt mir schwer, sie gehen zu sehen. Ich hatte gehofft, Sie könnten zum
Mittagessen bleiben.«
»Vielleicht kann Phoebe Ihnen bald
einen Besuch abstatten«, erwiderte Mrs Ewing. »Ich bin Ihnen d a nkbar
für Ihre Einladung, aber unglücklicherweise habe ich einen Termin, den ich
nicht verschieben kann.«
Gabby zögerte. Sie konnte
schließlich nichts daran ändern. Also kniete sie sich vor Phoebe hin, die Mrs
Ewings Hand umklammerte. »Geht es dir gut, Liebling?«
Phoebe nickte ernst.
Gabbys Herz zog sich schmerzhaft
zusammen und sie gab dem Mädchen rasch einen Kuss. »Wirst du mich besuchen?«
»Ja, aber werden Sie uns denn nicht
besuchen?«, fragte Phoebe mit einem verzweifelten Unterton. »Codswallop sagt,
Ihre Visitenkarten sind geordert. Sie könnten mich also auch besuchen kommen.
Sie haben meine Tante Louise noch nicht kennen gelernt.«
»Ich würde dich furchtbar gern
besuchen«, erwiderte Gabby. Sie richtete sich auf und begegnete Mrs Ewings
Blick. »Ich weiß, es ist womöglich eine impertinente Bitte, Mrs Ewing, aber
darf ich Phoebe morgen besuchen? Wir waren während der Reise jeden Tag
zusammen, und es fällt mir außerordentlich schwer, mich von ihr zu trennen.«
Mrs Ewing biss sich auf die
Unterlippe. »Vielleicht kann Phoebe Sie morgen Früh besuchen«, sagte sie nach
einem kurzen Zögern.
Gabby hakte nach, bevor sie es sich
anders überlegen konnte. »Ich werde Phoebe eine Kutsche schicken, wenn ich
darf.«
»Wir wären Ihnen sehr dankbar«,
erwiderte Mrs Ewing mit einem würdevollen Nicken. »Meine Schwester und ich
unterhalten keine eigenen Pferde.«
Gabby wartete, bis
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