03 - Feuer der Liebe
ermüden und immer wieder die Gartenpfade entlangzumarschieren, bis der
Schmerz im Bein stärker war als seine Bitterkeit.
Von ihrem Schlafzimmerfenster aus
beobachtete Gabby, wie ihr zukünftiger Schwager im Garten umherwanderte. Sie
hätte sich gern zu ihm gesellt — aber seine zornigen Schritte hielten sie davon
ab. Sie wartete beim Abendessen auf ihn, aber schließlich erschien Codswallop
und teilte ihnen mit, Mr Dewland ließe sich entschuldigen, da ihm sein Bein
Schmerzen bereite.
Kapitel 6
Als Quill am nächsten Morgen in den
Frühstückssalon schlenderte, traf er dort nur Gabby und Phoebe an.
»Lady Sylvia ist noch nicht
aufgestanden«, sagte Gabby als Antwort auf seinen fragenden Blick. Dann fügte
sie hinzu: »Mein Gott! Was ist nur mit mir los?«
Quill runzelte die Stirn. »Was soll
mit Ihnen los sein?«
»Ich erlaube Ihnen doch tatsächlich,
nicht mit mir zu sprechen. Glauben Sie, ich habe nicht bemerkt, dass hier alle
Rücksicht auf Ihre Schweigsamkeit nehmen? Ich selbst bin aber fest
entschlossen, mich der Nachgiebigkeit Ihrer Familie nicht anzuschließen.«
Quill stieß ein Schnauben aus und
verbeugte sich dann vor Phoebe. »Ich habe ausgezeichnete Neuigkeiten.«
»Jetzt tun Sie es schon wieder«,
unterbrach Gabby ihn. »Wie wäre es mit der Frage >Wie geht es Ihnen, Gabby?<
oder >Wie haben Sie geschlafen, Miss Phoebe?<«
Quill holte tief Luft. »Wie geht es
Ihnen, Gabby? Und was hat Sie in eine so gereizte Stimmung versetzt?«
»Ist man gereizt, wenn man ein wenig
Höflichkeit erwartet?«
Quill musste unfreiwillig lächeln.
Sie war wirklich ein köstliches, kleines Temperamentsbündel. Ihre Wangen
hatten einen rosigen Schimmer angenommen, und ihr Haar löste sich bereits aus
dem ordentlichen Arrangement, das Margaret erst vor einer halben Stunde
festgesteckt hatte.
»Mrs Ewing hat eine Nachricht
geschickt. Sie wird in einer Stunde hier sein.«
Zu seiner Überraschung wirkte Phoebe
erschrocken statt erfreut. »Oh, nein«, rief sie. »Meine Kleider sind noch
nicht fertig.«
»Kleider?«, wiederholte Quill.
Dicke Tränen kullerten Phoebe über
die Wangen. »Meine neue Mama wird denken, dass ich ohne jeden Reiz bin!«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Quill
trocken. »Sie hält Sie vermutlich eher für eine Heulsuse.«
Phoebe vergrub ihr Gesicht an Gabbys
Schulter. »Ich bin keine Heulsuse«, sagte sie schluchzend. »Aber ich will
nicht, dass meine Mama mich so sieht! Ich möchte das Kleid mit den BieBie-Biesen
tragen!«
Genau in diesem Moment segelte Lady
Sylvia, gefolgt von ihren drei Hunden, in den Raum. »Nun sieh einer an, was
haben wir denn hier?« Sie musterte Phoebe schweigend.
Die strenge Erziehung, die Phoebe
bei ihrer ayah genossen hatte, kam ihr nun zugute. Als Gabby sie
absetzte, machte sie trotz der kleinen Schluchzer, die ihr dabei in der Kehle
aufstiegen, einen wunderschönen Knicks.
»Lady Sylvia, darf ich Ihnen Miss
Phoebe Pensington vorstellen?«, sagte Quill. »Miss Phoebe wohnt zurzeit bei
uns. Im Augenblick sorgt sie sich wegen ihres Erscheinungsbildes.«
»Das geht mich nichts an«, sagte
Lady Sylvia schroff. »Wie ich gestern schon sagte, kann ich mich nicht um die
Kleidung anderer kümmern. Ich habe in dieser Beziehung genug mit mir selbst zu
tun.«
Gabby konnte sich ein Grinsen kaum
verkneifen. Lady Sylvia trug ein wunderbares, blassgrünes Hauskleid mit
Spitzeneinsatz am Busen. Ihre Handschuhe, ihre Schuhe und die Schleifen ihrer
Hunde waren farblich genau darauf abgestimmt.
Lady Sylvia ließ sich auf einen
Stuhl sinken und wedelte Codswallop mit einem grünen Taschentuch zu. »Ich
möchte nur eine Tasse heiße Schokolade und vielleicht ein oder zwei Scheiben
Toast. Ich habe vor, zukünftig eine reduzierte Kost zu mir zu nehmen.«
Phoebe lehnte an Gabbys Schulter und
trauerte immer noch um das Kleid mit den Biesen.
»Du bist ein hübsches kleines
Mädchen«, sagte Lady Sylvia. »Was plapperst du da?«
Phoebe errötete. »Ich habe mich
undamenhaft benommen«, flüsterte sie. »Bitte, verzeihen Sie mir.«
»Unsinn! Nichts ist damenhafter als
zu weinen. Und wenn du mir nicht glaubst, dann frag Erskines Mutter!« Lady
Sylvia lachte laut und bellend.
»Phoebe«, ermahnte Gabby das Mädchen
mit fester Stimme. »Deine Mutter wird sich keinen Deut darum scheren, wie lang
dein Kleid ist. Ein neues Kleid kann niemanden dazu bewegen, dich mehr zu
lieben, als er es ohnehin täte.«
»Also, ich weiß nicht«, bemerkte
Lady Sylvia verschmitzt. Dann begegnete sie
Weitere Kostenlose Bücher