03 - Feuer der Liebe
erklären, warum der redegewandteste Galan
von ganz London beim bloßen Anblick von Mrs Ewings Lächeln plötzlich zu
stammeln beginnt?«
»Natürlich kenne ich Mr Boch nicht
so gut«, erwiderte Gabby schelmisch, »aber bis zu diesem Abend schien er mir
ein sehr logisch denkender Mann zu sein ... ich frage mich, was ihn so
unbeholfen machen konnte, wenn nicht Ihr Lächeln, Mrs Ewing.«
Emily färbte sich langsam dunkelrot.
»Wirklich, Mr Boch ist nur ein guter Freund. Er hat mich aus purer Güte
begleitet.«
Gabby ließ Mitleid walten. »Wie geht
es Phoebe, Mrs Ewing?« Sie wandte sich an Sophie. »Mrs Ewings Nichte und ich
sind auf demselben Schiff von Indien nach England gereist.«
»Phoebe ist äußerst amüsant«,
erwiderte Emily hastig und war offensichtlich dankbar für den Themenwechsel.
»Sie hat eine wahre Leidenschaft für das Kochen entwickelt ...« Sie hielt inne,
weil ihr einfiel, dass ein anständig erzogenes Kind nichts in der Küche
verloren hatte.
Aber Sophies reges Interesse war
geweckt. »Wie alt ist Ihre Phoebe? Als Kind habe ich mich auch am liebsten in
der Küche aufgehalten. Ich war stolz darauf, dass die Köchin ohne mein Talent
als Sachverständige keine Marmelade kochen konnte.«
Gabby lachte. »Ich weiß genau, was
Sie meinen! Unsere Köchin war so nett, mich zur Expertin für Erdbeertörtchen
zu ernennen. Ich liebte es, die Füllung hineinzulöffeln.«
Emily war überrascht. Ihr war es nie
gestattet gewesen, auch nur in die Nähe der Küche zu gelangen. Sie und Louise
hatten das Kinderzimmer nur selten verlassen dürfen. »Ich dachte, ich sollte
Phoebe vielleicht lieber entmutigen«, räumte sie ein. »Kochen ist schließlich
keine sehr damenhafte Beschäftigung.«
»Ich nehme an, es ist etwas anderes,
wenn man selber Kinder hat«, sagte Sophie nachdenklich. »Aber ich habe mir als
Kind geschworen, dass ich meine eigenen Töchter nicht zu all diesen
damenhaften, aber nutzlosen Aktivitäten anregen werde.«
Gabby nickte. »Ich hatte als junges
Mädchen eine Reihe von Erzieherinnen, und einige von ihnen hatten eine recht
abenteuerliche Vorstellung davon, was eine Dame mit ihrer Zeit anstellen
soll!«
Genau in diesem Moment gesellte sich
Lady Sylvia zu ihnen. »Die Herren haben Sie im Stich gelassen, was? Gabrielle,
ich denke, ich werde mich zu den alten Hühnern setzen. Schließlich befinden Sie
sich in Gesellschaft von zwei verheirateten Damen. Seien Sie ein bisschen
lebhafter, Mädchen. Sie wollen doch nicht, dass jemand glaubt, Sie würden ein
Schläfchen halten.«
»Nein, natürlich nicht, Lady
Sylvia«, murmelte Gabby.
Als Lady Sylvia davonging, wechselten
Sophie und Gabby einen einmütigen Blick. »Sie hat gut reden«, beschwerte sich
Sophie. »Schließlich hat sie ihr Nickerchen gehabt.«
Die Herren kehrten mit Tellern in
den Händen zurück und fünf Minuten später gesellte sich Quill zu ihnen. Zu
Gabbys großer Freude stellte sich heraus, dass er und Sophies Gatte, Patrick
Foakes, die besten Freunde waren.
Der Speiseraum war voller elegant
gekleideter Menschen, die angeregt miteinander plauderten und von denen niemand
auch nur im Mindesten erschöpft wirkte. Peter hob zu einem gewichtigen Vortrag
über die Polonaise an und Gabby verfiel bald in einen schlafwandlerischen
Zustand. Sie hatte Schwierigkeiten, die Augen offen zu halten, obwohl sie sich
immer wieder im Geiste Peters Vorhaltungen in Erinnerung rief, dass eine Dame
nicht erschöpft wirken durfte.
Quill warf ihr einen scharfen Blick
zu und winkte dann einen Lakaien herbei. Kurze Zeit später stand eine dampfende
Tasse Tee vor ihr.
»Oh, danke«, sagte sie erleichtert.
Peter schien das zu missbilligen. Offensichtlich
hielt er Tee zu dieser Stunde nicht für das passende Getränk. Doch Sophie verlangte
ebenfalls nach einer Tasse, und so nippte Gabby friedlich an ihrem Tee und
blickte sich unter den Gästen um.
An einem Tisch hinter Sophie schien
sich eine der unterhaltsamen Episoden anzubahnen, die Sophie vorhin
angekündigt hatte. Gabby hatte schon immer gern zu ihrem eigenen Zeitvertreib
Geschichten erfunden, und auch diesmal fiel ihr rasch eine Erklärung ein, warum
die Dame mit dem Doppelkinn und den herunterhängenden Federn auf dem Kopf so
wütend aussah. Offensichtlich war sie mit dem Mann mit den Hängebacken und dem
silberblauen Rock verwandt, der neben ihr saß. Er warf unverhohlen lüsterne
Blicke auf die junge Dame ihm gegenüber, deren Ausschnitt genauso tief war wie
ihr eigener. Aber natürlich
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