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03 Göttlich verliebt

03 Göttlich verliebt

Titel: 03 Göttlich verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Angelini
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und wie sie in der dünnen Luft abkühlten, als sie weiter an Höhe gewannen.
    Zitternd schwebten sie hoch über dem Ozean und hielten sich aneinander fest. Orion gab keinen Laut von sich. Helen vermutete, dass er nach vielen Jahren der Übung mittlerweile gut darin war, vollkommen lautlos zu weinen, sodass man nichts mehr von ihm wahrnahm, nicht einmal ein Zucken des Zwerchfells – nur das schnelle Pochen seines Herzens. Helen zog Orion noch dichter an sich und flog ihn fort von seinem Albtraum, obwohl ihr natürlich klar war, dass sie ihn niemals weit genug wegbringen konnte, damit sein Schmerz weniger schlimm wurde.
    Sie flog südwärts an der Küste entlang und landete schließlich an einem hübschen kleinen Strand bei Cape Ann in Maine. Sie setzten sich nebeneinander in den Sand. Während Orion aufs Meer hinausstarrte, betrachtete Helen sein Profil.
    »Sie standen sich sehr nah. Adonis und meine Mutter«, sagte er schließlich. »Sie haben einander sehr geliebt – bis sie sich in meinen Vater verliebt hat. Alle Häuser, vor allem aber das Haus von Rom, verbieten es Scions aus verschiedenen Häusern, gemeinsame Kinder zu haben, weil sie fürchten, es könnte der Tyrann geboren werden.« Orion zögerte und zeigte verlegen auf sich selbst. »Als meine Mutter mit mir schwanger war, kam Adonis, um mich zu töten – und sie wohl auch, weil ich ja noch nicht geboren war. Aber stattdessen hat meine Mutter ihn getötet.«
    Helen lehnte sich an Orions Schulter und beobachtete die dunklen Wellen, die an den Strand schwappten. Sie spürte, dass die Geschichte noch weiterging. Die dumpfen Farben, die Orions Brust verströmte, waren schwer und mit Schuld und Bedauern belastet.
    »Das Schlimmste kam erst später«, fuhr Orion gequält fort. »Du weißt, dass die Angehörigen der verschiedenen Häuser bestimmte Merkmale haben? Es gibt immer Variationen wie bei Lucas, Jason und Ariadne, die nicht aussehen wie die anderen Angehörigen ihrer Häuser. Aber normalerweise sind die Mitglieder des Hauses von Theben blond und sehen aus wie Lucas’ Vater.« Helen nickte. »Wusstest du auch, dass es in jeder Generation eine Handvoll spezieller Charaktere gibt, die sich immer erneut abbilden? Sie sind nahezu exakte Kopien der wichtigsten Personen, die in Troja gekämpft haben. Sobald eine dieser Hauptpersonen stirbt, wird eine neue geboren, um ihren Platz einzunehmen.«
    »Nein, das wusste ich noch nicht.« Helen nagte an ihrer Unterlippe, während sie diese Information verarbeitete. »Ich glaube, die Delos-Familie weiß es auch nicht, denn sonst hätten sie es mir gesagt.«
    »Im Haus von Athen hat man es schon vor langer Zeit erkannt, aber im Haus von Theben vielleicht nicht. Dort gab es schon immer viele Variationen in ihrer Erbfolge und vielleicht haben sie das Muster deswegen nicht bemerkt. Die einzige Ausnahme ist dein Haus, das Haus von Atreus. Ihr vererbt den Helena-Archetyp von der Mutter an die Tochter, aber bei uns anderen kann ein genaues Ebenbild nur hervorgebracht werden, wenn zuerst der Vorgänger stirbt.«
    »Als wollten die Parzen das Drama mit einem neuen Baby erneut aufführen, sobald eine der Hauptpersonen stirbt«, sagte Helen nachdenklich. »Du weißt, dass du genauso aussiehst wie Aeneas?«
    »Ja, ich erinnere mich, wie mich Automedon ›General Aeneas‹ genannt hat, kurz nachdem dein Blitz ihn gegrillt hatte«, sagte er, und die Erinnerung brachte ihn ein wenig zum Lächeln. Doch dann runzelte er die Stirn. »Moment mal. Woher weißt du, wie Aeneas aussah?«
    »Lange Geschichte«, sagte Helen und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Erzähl erst deine zu Ende.«
    »Also, abgesehen von Aeneas gibt es noch jemanden, dem ich absolut gleiche.«
    »Deinem Onkel Adonis.« Über diese Antwort brauchte Helen nicht lange nachzudenken. Sie wusste, wie grausam die Parzen waren, und aus irgendeinem Grund waren sie zu Orion besonders grausam. Als hätten sie es auf ihn abgesehen.
    Dieser Gedanke war ihr kaum gekommen, da ahnte sie auch schon den Grund dafür. Aeneas war einer der wenigen Männer, die den Trojanischen Krieg überlebt hatten. Er war seinem Schicksal entkommen. Irgendwie hatte dieser eine Mensch es geschafft, sich seiner Bestimmung zu entziehen. Helen fragte sich, wie so etwas wohl möglich war, aber sie behielt diese Frage im Hinterkopf, denn Orion redete weiter.
    »Es war alles in Ordnung, als ich noch ein Baby war, aber als ich etwas älter wurde, fing meine Mutter an, mich mit ihrem Bruder zu

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