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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Mundwinkel. Später war er Trainer geworden, dann
    Manager. Heute führte er die Boxfabrik und dealte nebenher
    Drogen.
    »Wen besuchen wir jetzt?« fragte Mary, während ihre
    Schuhe auf den Sprossen hallten.
    »Mickey Finn«, sagte Jack. »Er hatte vor ein paar Jahren
    mal mächtig Arger, und ich hab ein gutes Wort für ihn einge-
    legt. Er schuldet mir noch was.«
    Sie erreichten das obere Ende der Treppe und machten die
    Tü–

    Mein Glück war, dass die Tür nach außen aufging und ich erst
    mal zurücktreten musste. Hätte sie sich nach innen geöffnet,
    wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Jack balancierte
    gefährlich nahe am Abgrund, und ich musste ihn an der Schul-ter zurückziehen. Alles, was von der Boxfabrik übrig war, waren
    ein paar kurze Dielenbretter in beschreibender Prosa, die nach
    ein paar Zentimetern abrissen. Die losen Enden flatterten im
    Wind. Dahinter kam ein steiler Absturz zu einem öden, windgepeitschten Meer. Die grauen Wogen hoben und senkten sich
    im Orkan, und mit ihnen hoben und senkten sich ein paar
    winzige Fischkutter, auf denen ich Männer in gelbem Ölzeug
    erkannte. Aber dieses Meer war nicht so ein Meer, wie ich es
    kannte, denn es bestand nicht aus Wasser, sondern aus schwarzen Buchstaben. Ab und zu vereinigten sie sich zu Wörtern und
    Sätzen, die sich aus der Gischt lösten und von den Fischern mit
    langen Keschern eingebracht wurden. »Verdammt!« sagte Jack.
    »Dreimal verdammt!«
    »Was ist das?« fragte ich, während plötzlich das Wort Saxophon
    auf uns zugejagt kam. Es verwandelte sich in ein reales Musikinstrument, als es über die Schwelle kam, und fiel laut scheppernd die Treppe hinunter. Die Buchstabenwolken über dem
    Meer enthielten vor allem Satzzeichen, die in hässlichen Mustern herumwirbelten. Ab und zu schlug der Blitz ein, und an
    den Stellen, wo das geschah, bildeten sich oft ganze Absätze.
    »Das ist die TextSee!« brüllte Jack, um das Heulen des Windes zu übertönen. Wir versuchten, die Tür zu schließen, aber
    das war gar nicht so einfach. Wir hatten gerade erst die Klinke
    wieder zu fassen gekriegt, als ein schlanker Grammasit vor
    unserer Nase vorbeischoss und sich mit einem lauten Kriiä! ein
    Adjektiv schnappte, das im falschen Augenblick aus den Wellen
    gehüpft war.
    Wir stemmten uns mit aller Kraft gegen die alte Stahltür, und
    schließlich schnappte das Schloss ein. Der Wind ließ schlagartig
    nach, und auch das Tosen der Wellen war nur noch ein dumpfes Grollen hinter der Mauer. Ich hob das verbeulte Saxophon
    auf.
    »Ich hatte ja keine Ahnung, dass die TextSee so dramatisch
    aussieht«, sagte ich atemlos. »Ich dachte, es wäre mehr eine
    abstrakte Vorstellung.«
    »Na ja«, sagte Jack und hob seinen Hut wieder auf. »Sie ist
    ebenso real wie alles hier unten. Das LiteraMeer ist die Lebensgrundlage für alle Prosa lateinischer Schrift. Irgendwo ist es mit
    dem Searyllischen Ozean verbunden, aber die Einzelheiten weiß
    ich leider auch nicht. Sie wissen doch, was dieses Loch in der
    Landschaft bedeutet?«
    »Hat jemand die Szene gestohlen?«
    »Sieht eher nach einer Streichung aus«, sagte Jack grimmig.
    »Rausgeschnitten. Das ganze Ding. Figuren, Schauplatz, Dialog,
    Handlung und der Trick mit der Schiebung, den der Autor aus
    On the Waterfront geklaut hat.«
    »Und wo ist das alles hin?«
    »Vielleicht in ein anderes Buch desselben Autors verschoben«, seufzte Jack. »Das wäre das Schlimmste. Das würde
    bedeuten, dass wir nicht mehr lange hier sein werden. Der
    nächste Nagel in unserem Sarg.«
    »Können wir nicht einfach ins nächste Kapitel springen, wo
    der erschossene Drogendealer entdeckt wird?«
    Jack schüttelte den Kopf. »Das klappt nicht«, sagte er traurig.
    »Ohne die Szene in der Boxfabrik weiß ich ja nicht, dass Hawkins in Davisons Pläne verstrickt ist. Und wenn Mick Finney
    nicht mit mir redet, gibt es keinen Grund, ihn zu ermorden. Er
    hätte den Kampf abbrechen können, ehe Johnson seine drei-hunderttausend Pfund setzt, und die herzwärmende Szene mit
    dem jungen Boxer am Ende des Buches macht auch keinen
    Sinn, wenn ich ihn hier nicht zuvor kennen lerne. Scheiße! Es
    gibt keinen Kesselflicker im ganzen Brunnen, der dieses Loch
    stopfen kann. Wir sind erledigt, Thursday. Sobald die Leute
    merken, dass die Szene in der Boxfabrik weg ist, löst sich das
    ganze Buch auf. Wir müssen unsere literarische Zahlungsunfähigkeit erklären. Wenn wir schnell genug Gläubigerschutz
    beantragen, können wir

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