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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Milchkaffee getunkten Croissants zu erläutern, als der Briefschlitz klapperte und ein Exemplar der Toad auf den Fußboden plumpste.
    Der einzige Bericht befasste sich mit irgendwelchen Schießereien zwischen Drogenbanden in Reading. Das gehörte zur
    Handlung von Caversham Heights und erinnerte mich schmerzlich daran, dass ich früher oder später – wahrscheinlich früher –
    in die Rolle von Mary würde schlüpfen müssen, wenn ich
    meinen Verpflichtungen aus dem FigurenAustauschProgramm
    gerecht werden wollte.
    Ich las mir die von Mary gelieferte Zusammenfassung noch
    einmal durch, die mir zwar einen umfassenden Eindruck vom
    Inhalt der einzelnen Kapitel verschaffte, aber keine Angaben
    darüber enthielt, was ich denn genau sagen oder tun musste. Ich
    hatte auch nicht sehr lange Zeit, darüber nachzudenken, denn
    plötzlich klopfte es, und ein Mann mit einem Hut namens
    Wyatt erschien.
    »Entschuldigung«, sagte er verlegen. »Natürlich heißt nicht
    der Hut Wyatt.«
    »Das hab' ich mir fast gedacht, Mr Wyatt.«
    Ausgeleiert und hölzern hielt er sein Klemmbrett.
    »Oh, verflixt!« sagte er wie jemand, der gerade George Sand
    in einem Saal voller Französischlehrerinnen mit dem Personalpronomen »er« zu bezeichnen versucht hat. »Jetzt ist es schon
    wieder passiert.«
    »Stört mich überhaupt nicht«, sagte ich. »Was kann ich für
    Sie tun, Mr Wyatt?«
    »Sehr liebenswürdig. Als Angehörige des FigurenAustausch-Programms möchte ich Sie bitten, sich nach Reading zu begeben, äh –« Seine Schultern sanken herab. »Nein, ich bin ja gar
    keine Angehörige des FigurenAustauschProgramms, das sind
    Sie. Und deshalb möchte ich Sie bitten, nach Reading zu fahren.«
    »Gewiss doch. Haben Sie eine genaue Adresse für mich?«
    Schmutzig und eselsohrig reichte er mir den Lieferschein von
    seinem Klemmbrett. Und noch ehe er sich erneut entschuldigen
    konnte, sagte ich: »Alles klar, ich habe verstanden.«
    Sein Zustand war offenbar chronisch, aber als er merkte, dass
    ich ihm sein Leiden nicht übel nahm, hellte seine Stimmung
    sich auf.
    »Trotz des seit zehn Jahren über uns schwebenden VerschrottungsBefehls sollten Sie das bitte ernst nehmen«, sagte er.
    »Die letzte AustauschFigur war da sehr nachlässig. Wir mussten
    sie staubig und asphaltbedeckt auf der Straße davonjagen.«
    Er hob fragend eine Augenbraue.
    »Ich werde Sie nicht enttäuschen«, versicherte ich.
    Er bedankte sich klein, braun und buschig, lüpfte den Hut
    namens Wyatt und machte sich dünn.

    Ich nahm Marys Wagen und fuhr auf der M4 nach Reading. Die
    Autobahn schien genauso belebt wie zu Hause, wo ich dieselbe
    Strecke schon oft zurückgelegt hatte, wenn ich von Swindon
    nach London oder zurück musste. Erst als ich auf der Höhe der
    Burghfield Road war, wurde mir bewusst, dass nur ungefähr
    sechs verschiedene Fahrzeugtypen mit mir unterwegs waren.
    Bewusst wurde mir dieses merkwürdige Phänomen, als mir der
    dritte weiße Lieferwagen mit der Aufschrift Dr. Spongg's Fuß-pflege entgegenkam, die alle denselben Fahrer im blauen Overall
    hatten. Das nächste Fahrzeug war ein von einer jungen Frau
    gesteuerter roter VW, gefolgt von einem älteren Mann mit
    einem verbeulten Morris Marina. Als ich den Tatort des ersten
    Mordes in Caversham Heights endlich erreicht hatte, hatte ich
    dreiundvierzig weiße Fußpflege-Lastwagen, dreiundzwanzig
    rote Käfer und sechzehn blaue Morris Marinas mit identischen
    Beulen gezählt. Außerdem gab es noch ein paar grüne Ford
    Escorts und einige weiße Chevrolets. Das konnte nur daran
    liegen, dass der Text ein bisschen beschränkt war, deshalb stellte
    ich eilig den BMW ab, las noch einmal Marys Notizen, holte tief
    Luft und stöckelte über den Platz. Den uniformierten Polizisten
    zeigte ich meinen Ausweis und duckte mich unter der Absperrung weg.
    Der Tatort war ungefähr sechs Meter breit und acht Meter
    lang und von hohen Ziegelmauern mit bröckelndem Mörtel
    umgeben. Ein großes, weißes SOCO-Zelt erhob sich über der
    Szene, und neben der detailliert beschriebenen Leiche kniete
    eine Gerichtsmedizinerin und diktierte ihre Beobachtungen auf
    ein Tonbandgerät.
    »Hallo!« sagte eine joviale Stimme neben mir. Ich drehte
    mich um und sah einen fülligen Mann in einem Trenchcoat,
    der mich leutselig angrinste.
    »Detective Sergeant Mary«, sagte ich diensteifrig. »Aus Basingstoke hierher versetzt.«
    »Darum brauchen wir uns jetzt noch nicht zu kümmern«,
    lächelte er. »Die Handlung beschäftigt sich

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