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03_Im Brunnen der Manuskripte

03_Im Brunnen der Manuskripte

Titel: 03_Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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Stehvermögen zu testen. Es handelt sich um
    eine Interne HandlungsAnpassung, die auf Anordnung des
    GattungsRats durchgeführt werden soll.«
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich die Aussicht erregte, meine Fähigkeiten in der Praxis erproben zu
    dürfen. Dickens? Hardy? Vielleicht sogar Shakespeare?
    »Shadow the Sheepdog von Enid Blyton«, erklärte der Protokollführer. »Die Geschichte braucht ein glückliches Ende. Da
    müssen Sie was unternehmen.«
    »Aha«, sagte ich nickend und hoffte, dass man mir die Enttäuschung nicht ansah. Blyton gehörte nicht gerade zur Hochliteratur, aber wenn ich mir's recht überlegte, war das vielleicht
    auch ganz gut.
    »Und was genau soll ich tun?« fragte ich mit etwas mehr Enthusiasmus.
    »Ganz einfach. So, wie es jetzt dasteht, wird Shadow vom
    Stacheldraht geblendet und kann nicht an den amerikanischen
    Filmproduzenten verkauft werden. Gut ist, dass er nicht verkauft wird, schlecht ist, dass er nutzlos und blind ist. Alles, was
    wir brauchen, ist eine Wunderheilung, wenn er das nächste Mal
    zum Tierarzt gebracht wird, also« – er konsultierte sein
    Klemmbrett – »auf Seite zweiunddreißig.«
    »Und …« sagte ich vorsichtig, damit der Protokollführer
    nicht merkte, wie unvorbereitet ich war, »… welchen Plan
    nehmen wir?«
    »Ach, einfach die Hunde austauschen«, sagte der Protokollführer. »Collies sehen doch alle gleich aus.«
    »Was ist mit den HandlungsErinnerungsSpuren?« fragte
    Miss Havisham. »Haben wir ein paar Glätter?«
    »Steht alles auf dem Arbeitsbogen«, sagte der Protokollführer, riss das oberste Blatt von seinem Klemmbrett ab und drückte es mir in die Hand. »Mit Glättern kennen Sie sich natürlich
    aus, oder?«
    »Natürlich!« erwiderte ich.
    »Gut. Noch irgendwelche Fragen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Hervorragend!« sagte der Protokollführer. »Ach, noch etwas: Bradshaw untersucht die Sache mit Perkins. Können Sie
    bitte dafür sorgen, dass er Ihre Berichte so bald wie möglich
    erhält?«
    »Natürlich!«
    »Äh … Gut!« Er machte ein paar »Ich-muss-weiter«Geräusche und eilte davon.
    Sobald er verschwunden war, wandte ich mich an Miss Havisham. »Glauben Sie, dass ich das kann, Ma'am?«
    »Liebe Thursday«, sagte sie ernsthaft, »jetzt hör mir mal zu.
    Jurisfiktion braucht vertrauenswürdige Agenten.« Sie sah sich
    kurz um. »Manchmal ist es nämlich keineswegs sicher, wem
    man vertrauen kann. Und dann sind solche grässlich selbstgerechten Typen wie du das letzte Bollwerk gegen die Feinde der
    BuchWelt.«
    »Und was heißt das?«
    »Das heißt, du kannst aufhören, Fragen zu stellen, und einfach mal tun, was man dir sagt. Ich erwarte, dass du die Prüfung
    auf Anhieb bestehst. Capisce ?«
    »Ja, Miss Havisham.«
    »Das wäre also geklärt. Sonst noch was?«
    »Ja. Was ist ein Glätter?«
    »Liest du eigentlich dein JurisfiktionBuch nicht?«
    »Es ist ziemlich dick«, sagte ich. »Ich lese so oft wie möglich
    darin, bin aber immer noch nicht über die Einleitung hinausgekommen.«
    »Also gut«, sagte sie, während wir zu Wemmick's Stores in
    der Eingangshalle der Großen Bibliothek sprangen, »ich werd's
    dir erklären. Romanhandlungen haben eine Art eingebautes
    Gedächtnis. Sie fallen immer wieder in die alten Geleise zurück,
    wenn man nicht konsequent genug ist.«
    »Genau wie die Zeit«, sagte ich und dachte an meinen Vater.
    »Wie du meinst. Bei handlungsverändernden Aufträgen
    brauchen wir oft einen oder mehrere Glätter zur Stützung der
    neuen Tendenz. Nehmen wir zum Beispiel Lord Jim. Wir haben
    den Schluss geändert. Ursprünglich ist er weggelaufen. Ein
    bisschen schwach. Wir waren der Ansicht, es wäre besser, wenn
    sich Jim dem Häuptling Doramin stellt, wie er es nach dem
    Massaker versprochen hatte.«
    »Und das hat nicht funktioniert?«
    »Nein, überhaupt nicht. Der Häuptling hat ihm immer wieder vergeben. Wir haben alles versucht. Wir haben ihn beleidigt
    und in die Nase gekniffen – nach dem dreiundvierzigsten
    Versuch waren wir völlig verzweifelt.«
    »Und dann?«
    »Dann sind wir in der Handlung ein Stück zurückgegangen
    und haben auch den Sohn des Häuptlings bei dem Massaker
    sterben lassen. Das hat's dann gebracht. Danach hatte der
    Häuptling kein Problem mehr damit, Jim zu erschießen.«
    Ich dachte einen Augenblick darüber nach. »Wie hat es Jim
    denn verkraftet? Ich meine, die Entscheidung, dass er sterben
    musste?«
    »Er war derjenige, der die HandlungsAnpassung als

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