03 - Keiner wie Wir
irgendwer beschlossen, Tina zu zerstören. Und der befand sich unermüdlich am Werk, um sein Ziel auch ja zu erreichen. Manchmal legte er eine kurze Pause ein, möglicherweise, um derweil andere Menschen zu foltern, doch seine Rückkehr ließ nie sehr lange auf sich warten.
Wenn ihn die frohe Botschaft erreichte, dass Christina Hunt glücklich war, tauchte er eilig auf, um sie zurück in die sprichwörtliche Hölle zu schicken, in die sie seiner Ansicht nach wohl gehörte.
* * *
A n diesem Tag fand kein Date statt.
Auch nicht an den darauf Folgenden.
Nie wieder.
Dafür erhielt Tina Besuch, der sie über den neuesten Clou dieses widerlichen schwarzen Schattens informieren wollte.
Dabei wäre das gar nicht erforderlich gewesen. Mittlerweile kannte sie ihren ärgsten Feind und wusste dessen Vorzeichen richtig zu deuten. Wenngleich sie wohl etwas mehr Zeit benötigt hätte, um es in ihrem Kopf auch entsprechend zu artikulieren.
Eines jedoch war ihr auch ohne längere – gefährliche – Überlegungen klar.
Daniel hätte sie niemals versetzt, egal, wie eingebunden er war. Es sei denn, es entzog sich seinem Einfluss …
Jonathan und Edith Grant wirkten ernst und ihre Gesichter sehr grau, als Tina ihnen die Tür öffnete.
Zu diesem Zeitpunkt stand ihr Date seit zwei Stunden aus und noch hatte sie sich erfolgreich geweigert, die richtigen, einzigen Schlüsse zu ziehen.
Manchmal machte selbst Christina Hunt sich der Feigheit schuldig und flüchtete in ihre alten Scarlett Gewohnheiten zurück.
Behutsam küsste Jonathan ihre Stirn. »Setz dich ...«
Tina schüttelte den Kopf.
Mr. Grant hatte nicht vor, zu diskutieren. »Du hast die News gesehen?«
Schon wollte Tina die Hand heben, ihn zum Schweigen bringen, bevor er das sagte, was sie unter keinen Umständen hören wollte. Sie war noch nicht so weit.
Noch nicht!
Allerdings wusste Tina, dass jede Flucht aussichtslos war, diesbezüglich kannte sie sich bestens aus. Daher schüttelte sie müde den Kopf und ließ den Tsunami ergeben über sich hereinbrechen.
Hinter ihr stöhnte Edith leise und auch Daniels Vater konnte sein Entsetzen über diese unerwartete Situation nicht ganz verbergen. Beide waren zum Kraftspenden gekommen, nicht als Überbringer der Hiobsbotschaft, die sie bisher selbst kaum verarbeiteten hatten. »Setz dich!«, wiederholte er, eindringlicher diesmal.
Kopfschütteln.
»Tina ...«
Die hatte soeben ihre aufkeimende Feigheit überwunden und war bereit – so bereit wie unter diesen Umständen überhaupt möglich. Als sie aufsah, war die Miene hart und unnachgiebig. »Nun sag es schon!«
Der Arm ihrer Schwiegermutter legte sich um ihre Schultern, doch Tina sah nur den alternden Arzt, der sie mit dem forschenden Blick des Mediziners musterte. Und es dauerte einen Moment, bevor er behutsam ansetzte. »Du wusstest, dass er heute in einigen entlegenen Dörfern Visiten vornehmen wollte?«
Erstaunlicherweise brachte sie es sogar auf ein Nicken. Besser, Tina konnte sprechen! In jeder anderen Situation wäre sie maßlos verblüfft gewesen. »Ja, er erzählte mir davon.« Sie hörte sich nur aus weiter Ferne, so tonlos, ohne Stimme, nicht wirklich anwesend und kaum vernehmlich, weil das Rauschen in ihren Ohren mit jeder Sekunde lauter wurde. Dabei stand sie fest und starr, wie eine steinerne Säule, inzwischen bereit, alles zu ertragen, schließlich war das ihre Aufgabe, oder?
Als Jonathans Stimme wieder ertönte, ärgerte sie sich ein wenig, denn er war zwar immer noch fern, leider nicht weit genug. Blöderweise verstand sie jedes einzelne seiner Worte, die sich wie glühende Messer in ihren Magen bohrten.
»Mit vielen Informationen kann ich nicht aufwarten. Wir wurden vom amerikanischen Konsul informiert. Man weiß nur, dass die beiden Jeeps führerlos aufgefunden und die Leichen der einheimischen Fahrer zurückgelassen wurden.«
Tina nickte.
»Von den beiden Ärzten und den drei Schwestern fehlt jede Spur.«
Tina nickte.
»Wir haben die feste Zusage, dass alles Menschenmögliche getan wird ...«
Tina nickte.
»Meistens geht recht schnell eine Lösegeldforderung ...«
Tina nickte.
»... ein ...«
Tina nickte.
»Tina?«
Die nickte.
»Hörst du mich?«
Und wieder nickte sie, wobei ihr entging, dass sie sich langsam nach vorn neigte. Und während Tina noch nickte, legte sich langsam ihre Stirn in Falten. Weder bemerkte sie die besorgten Blicke, noch, dass Edith sie längst nicht mehr nur umarmte, sondern vorsichtshalber
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