03 - komplett
Gedanken, und sofort sprang er auf, war im Nu bei seinem Bruder und packte ihn an der Kehle.
„Sei vorsichtig ... sei sehr vorsichtig, bevor du noch mehr sagst, Jason“, drohte er ihm mit leiser, eisiger Stimme. „Und da du mir schon einmal aufmerksam zuhörst: Ich habe deine selbstsüchtige Verschwendungssucht gründlich satt. Dein Vater ist ein kranker Mann – sehr wahrscheinlich, weil du ihm ständig Kopfzerbrechen bereitest.
Meine Mutter ist unglücklich, weil sie sich über den schlechten Zustand ihres Mannes grämt.“
Abrupt ließ er Jason los, als dessen Haut eine entschieden ungesunde Farbe annahm, und hob beschwichtigend die Hände. „Sei einfach nur vorsichtig mit deinen Worten, Jason. Mehr will ich nicht.“
Jason rieb sich die malträtierte Kehle und lachte heiser. „Ganz ruhig, Connor“, keuchte er. „Ich habe es doch nur gesagt, um dich zu reizen. Tu uns allen einen Gefallen und bring es hinter dich, ja? Geh die vermaledeite Verlobung wieder ein.
Das ist es doch, was du willst, und die Dame wird ja wohl jetzt nicht so töricht sein, noch dazu in ihrem Alter, einen Earl abzuweisen.“
Das Bersten der Karaffe, die Connor in einem Anfall von Missmut in den Kamin warf, zeigte Jason allerdings, dass sein Stiefbruder zu diesem Thema womöglich eine ganz andere Ansicht vertrat.
„Ich werde mich nie wieder verloben“, verkündete er mit einem grimmigen Lächeln.
Vorsichtshalber legte Jason ein wenig Abstand zwischen sich und den aufgebrachten Mann. In seinem weißen Hemd mit den hochgekrempelten Ärmeln, die die kräftigen sonnengebräunten Unterarme entblößten, und mit den rabenschwarzen Locken, die sein Gesicht umgaben, sah Connor genau wie ein blutrünstiger, barbarischer Pirat aus. Jason zuckte achtlos die Schultern, tastete nach seinem Krawattentuch und hielt plötzlich ein loses Ende in den Händen.
„Tut mir leid“, sagte Connor. „Es muss dich viel Zeit gekostet haben, dieses Kunstwerk fertigzustellen.“
Seufzend löste Jason es ganz und steckte es sich in die Tasche. „Es ist ohnedies zu heiß dafür. Friede?“
Connor nickte und lächelte schief.
„Wie wär’s mit einem Besuch bei unserer Mrs. Crawford? Das Palm House verschiebe ich wohl besser auf später, sobald ich etwas vollere Taschen habe.“
„Natürlich, warum nur wenig einsetzen, wenn du stattdessen deine ganze monatliche Apanage verspielen könntest“, bemerkte Connor trocken. Er drehte sich um, stützte eine Hand auf den Fensterrahmen und blickte wieder finster hinaus.
„Halt mir nicht schon wieder eine Standpauke, Connor. Gerade du kannst dir das nicht leisten. Wenn ich an die unglaublichen Geschichten denke, die ich über dich als Achtzehnjährigen gehört habe! Lieber Gott, du warst ein wahrer Schurke“, sagte Jason voller Ehrfurcht.
„Mag sein, aber du bist nicht achtzehn, Jason. Du bist sechsundzwanzig nach meiner Rechnung.“
„Ich verschwinde jetzt besser und treffe mich mit Cornwallis“, sagte Jason hastig. „Er denkt, er weiß, welches Pferd morgen beim Rennen auf Epsom Heath gewinnen wird.“ Damit verließ er fast fluchtartig das Arbeitszimmer und schüttelte voller Abscheu den Kopf. Liebe! dachte er grimmig. Er zöge es vor, sein Leben am Kartentisch zu riskieren. Wenigstens war da die Wahrscheinlichkeit, sein Glück zu machen, nicht gleich null.
„Hast du dich ein wenig in Beaulieu Gardens eingelebt, Sam?“
„Ja, Ma’am, danke.“
Rachel saß an ihrem kleinen Schreibtisch im Morgenzimmer und betrachtete den jungen Mann, der höflich und respektvoll vor ihr stand. „Und das Arbeitsumfeld findest du auch ... harmonisch?“
„Ja, Ma’am. Noreen ... Miss Shaughnessy verteilt die Arbeit sehr gerecht.“
Rachel bemerkte voller Interesse, dass seine Wangen eine leichte Röte angenommen hatten. „Und ist deine Schwester Annie glücklich?“
„Es gefällt ihr sehr hier, Ma’am. Sie und Noreen ... sie und Miss Shaughnessy kommen sehr gut miteinander aus.“
„Ja, Noreen hat mir bereits berichtet, dass Annie sehr sorgfältig ist bei ihrer Arbeit und ausgezeichnet näht. Auch Noreens Schwester stellt sich darin sehr geschickt an.“
„Noreen ist mächtig stolz auf Marys Stickarbeit“, erzählte Sam mit einem breiten Lächeln, wurde aber ganz still, als er das amüsierte Erstaunen seiner Herrin sah.
„Ja, Noreen hat wirklich Grund, stolz auf Mary zu sein“, stimmte Rachel zu und freute sich insgeheim darüber, dass ihr sonst so kühles, abweisendes Dienstmädchen sich mit
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