03 - komplett
fügte sie im Stillen hinzu, als würde sie ein Gebet sprechen.
Sam achtete auf jedes ihrer Worte, auf jede Geste, und so riss sie sich zusammen und fügte schnell hinzu: „Ich habe eine Schwester dort. Und mehr Familie als sie brauche ich nicht.“
„Wie heißt sie?“
„Mary.“
„Jünger als du?“
Noreen antwortete nicht, murmelte aber etwas, das verdächtig wie ein Fluch klang.
„Sie macht dir ganz schön zu schaffen, was?“
„Was geht das dich an?“
„Nichts. Ich habe nur selbst eine Schwester, die mir genug zu schaffen macht.“
„Meine Schwester geht wenigstens nicht dem ältesten Gewerbe der Welt nach, wenn du sie jetzt auch noch miteinander vergleichen willst.“
„Meine auch nicht“, sagte er kühl.
„Hältst du mich für einen Dummkopf?“, spottete Noreen. „Ein hübsches junges Ding wird bei uns untergebracht, noch dazu von diesem gottlosen Bösewicht, und das soll nichts bedeuten? Er hat euch auf uns abgewälzt, bevor man Annie ansieht, dass sie seinen Bastard erwartet.“
„Du irrst dich. Sie erwartet kein Kind, und er ist kein gottloser Bösewicht. Lord Devane ist ein guter Mensch.“
„Ach, was du nicht sagst? Wir werden ja sehen.“ Sie wandte sich ab und bereitete den Tee zu. „Schade eigentlich“, fügte sie leichthin hinzu, „dass sie keine Bordsteinschwalbe ist. Ein Mädchen, das aussieht wie Annie, könnte für immer eure Probleme lösen.“
„Annie ist ein gutes Kind und wird es auch bleiben. Sie wird zu essen und es warm haben, und sie wird anständig bleiben, solange ich dafür sorgen kann.“
Noreen sah ihn an. „Wo sind eure Eltern?“
„Tot.“
„Meine auch.“
„Dachte ich mir schon. Also seid ihr allein, Mary und du? Keine anderen Verwandten?“
„Willst du meinen Stammbaum erfahren?“, fragte Noreen spöttisch.
„Nein, und ich will dir auch nicht unter die Röcke greifen, falls du das denkst.“
Noreens Wangen röteten sich, aber sie brachte keinen Ton heraus.
„Ja, ich weiß, was du denkst. Du denkst, ich will dir an die Wäsche gehen, nicht wahr, Noreen Shaughnessy? Dann lass mich dir sagen, dass ich vielleicht ein bisschen aufdringlich bin und rede, wie mir der Schnabel gewachsen ist, aber wenn ich jemanden fürs Bett haben will, brauche ich nur nach Whitechapel zu gehen, und ein hübsches Ding, das ich da kenne, wird sich bestimmt nicht sträuben.“
Noreen beeilte sich, die Milch aufzuwischen, die sie verschüttet hatte. „Dann geh doch. Finde ein junges Ding, mit dem du spielen kannst. Du bist sowieso nicht alt genug für eine richtige Frau. Du bist kein Mann, sondern nur ein Junge.“
Sam lächelte selbstgefällig. „Sie ist kein junges Ding. Nein, ich glaube, sie ist sogar älter als du. Aber du bist, was ich will. Ich weiß selbst nicht, warum. Ich bin Manns genug für dich, Noreen Shaughnessy ... und das weißt du auch ...“
13. KAPITEL
Ich nehme an, Sie haben schon einen passenden Ort im Sinn, wo das glückliche Ereignis vollzogen werden soll. Bitte lassen Sie mich wissen, wo und wann. Auf die Gefahr hin, undamenhaft begierig zu erscheinen – könnte es bitte bald sein? Ich würde ein baldiges Erledigen der Transaktion zu schätzen wissen, wenn auch aus keinem anderen Grund, als dass es meine Heimkehr und Ihre Abreise beschleunigen würde.
Connor las die beißenden Worte in der sauberen, gepflegten Schrift ein zweites Mal.
Rachel hasste ihn, und sie wollte, dass ihm das bewusst war. Dieser Hass starrte ihn aus jedem sorgfältig formulierten Wort entgegen. Es begann schon damit, dass sie weder eine Anrede noch ein Grußwort oder eine Unterschrift hinzugefügt hatte.
Nicht einmal ihre Initialen. Weil er keiner Beachtung wert war. Und dennoch gab sie vor, bereit zu sein, sich zu fügen. Connor ließ sich nichts vormachen. Sie würde einen Teufel tun.
Er faltete ihre Zustimmung zu ihrer Entführung zusammen und lachte rau, so absurd kam ihm alles plötzlich vor. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück und schloss müde die Augen.
„Was ist denn so komisch?“
„Nichts. Überhaupt nichts.“
Jason Davenport, der unruhig im Raum auf und ab gegangen war, blieb jetzt vor dem Kamin stehen und lockerte sein Krawattentuch, als drohe es ihn zu ersticken.
Ungehalten blickte er aus dem Fenster in den spätnachmittäglichen Tag hinaus, der für die Jahreszeit ungewöhnlich heiß und windstill war. Kein Lüftchen bewegte die frischen grünen Blätter an den Bäumen und den sorgfältig gestutzten Hecken. Jetzt trat er
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