03 - Nur ein einziger Biss
seine Kräfte außer Kontrolle gerieten. Er konzentrierte sich auf den Kasten zwischen seinen Händen und schenkte seiner Umgebung wenig Aufmerksamkeit. Zumindest, bis er spürte, wie Viper sich mit einer heftigen Bewegung umdrehte.
»Styx …«, warnte er ihn leise.
Widerstrebend ließ Styx seine Hände sinken und wandte sich um, um das Geräusch eines sich nähernden Fahrzeugs wahrzunehmen. Er griff nach Vipers Arm und zog ihn hinter einen Busch in seiner Nähe, gerade als der Kleinbus in Sicht kam, aus dem mehr als ein Dutzend Vampire herausströmte.
»Verdammt«, murmelte er, als ihm bewusst wurde, dass der Clanchef seinen Bediensteten befohlen haben musste, sich so weit entfernt vom Haus aufzuhalten, dass man sie nicht spüren konnte. Jedenfalls so lange nicht, bis Styx und Viper in die Falle getappt waren.
Es war tatsächlich eine Falle, wie er sich grimmig eingestehen musste. Daran bestand nun nicht mehr der geringste Zweifel. »Ich werde bleiben und sie abwehren. Ich möchte, dass du dich auf den Weg machst, um Hilfe zu holen.«
Viper fauchte leise. »Du kannst sie nicht ganz allein abwehren!«
»Es sind auch zu viele für uns beide«, betonte Styx, der bereits spürte, dass der Clanchef und seine beiden Kameraden sich durch das Haus bewegten. Sehr bald würden sie umringt sein. »Unsere einzige Hoffnung besteht darin, dass du ihnen entkommst und mit deinem Clan zurückkehrst. Es ist nicht weit bis zu deinem Versteck.«
»Dann musst du gehen, und ich werde bleiben!«, beharrte Viper störrisch.
Styx wusste, dass sein Freund diskutieren würde, bis sie beide gefangen und gepfählt sein würden. Daher setzte er seine gebieterischste Miene auf. »Ich habe keinen Wunsch ausgesprochen,Viper, sondern einen Befehl!«
Einen Augenblick lang kämpfte Viper gegen seinen gewaltigen Stolz an. »Ich hasse es, wenn du mir gegenüber den Vorgesetzten herauskehrst!«
Styx drückte seinen Arm. »Geh.«
»Wenn du dich töten lässt, werde ich ernsthaft zornig sein.«
»Das sagtest du bereits«, meinte Styx trocken.
Er wartete, bis Viper mit den Schatten verschmolzen war. Dann erhob er sich langsam und trat hinter dem Busch hervor. Er wollte nicht, dass irgendein unternehmungslustiger Vampir das Haus umrundete und Viper entdeckte, bevor er entkommen konnte.
Sein Plan funktionierte: Als er vortrat, wandten die
Vampire ihre Aufmerksamkeit allein seiner eigenen großen Gestalt zu. Sie hoben die Armbrüste und zielten damit genau auf sein Herz.
Wirklich reizend. Er hatte gar nicht erwartet, als Anasso der Vampire so geliebt zu werden. Anscheinend gehörten sie nicht zu der Art von Volk, das seine Anführer hofierte. Ihre Mentalität besagte eher »Jeder gegen jeden«. Dennoch kam es nicht oft vor, dass ein Vampir es wagte, seine Existenz zu bedrohen.
Dafür werdet ihr büßen, dachte Styx mit aufflackerndem Ärger. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und legte absichtlich seinen Umhang ab, um das enorme Schwert zu enthüllen, das er sich auf den Rücken geschnallt hatte. Ein Schwert, das auf der ganzen Welt gefürchtet wurde.
»Ich bin Styx, euer Anasso!«, sagte er mit einer Stimme, die im ganzen Hinterhof zu hören war. »Legt eure Waffen nieder, sonst werdet ihr gerichtet werden!«
Nur einen Moment lang gerieten die Vampire ins Wanken, und ihre besorgten Blicke zeigten, dass sie dem Wissen nicht gleichgültig gegenüberstanden, eine Straftat zu begehen, die dazu führen konnte, dass sie alle aufgeknüpft und der Morgendämmerung überlassen wurden. Bevor sie jedoch vollkommen die Nerven verlieren konnten, öffnete sich die Hintertür, und die drei Vampire, die im Haus geblieben waren, erschienen.
»Bleibt standhaft, ihr feigen Bastarde! Wenn er entkommt, werde ich persönlich dafür sorgen, dass jeder von euch zu Tode kommt.« Der Mann, bei dem es sich ganz offensichtlich um ihren Anführer handelte, ging die Stufen hinunter und blieb direkt vor Styx stehen. Obgleich er mehrere Zentimeter kleiner war als Styx und kaum
halb so viel wog wie dieser, war auf seinem hageren Gesicht ein spöttischer Ausdruck zu erkennen, als er eine tiefe Verbeugung vollführte.
»Ah, der große Anasso!«
Styx wartete, bis sich der andere Vampir wieder aufgerichtet hatte, und forschte in den hellgrünen Augen und dem schmalen Gesicht, das von schlaff herunterhängendem blondem Haar eingerahmt wurde. Keinen Augenblick ließ er sich von dem beinahe zierlichen Körperbau des Mannes täuschen. Dieser verfügte über
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