03 - Nur ein einziger Biss
sie mehr als nur ein warmer Körper und eine praktische Blutspenderin gewesen. Als seien sie beide über das reine Fleisch hinaus miteinander verbunden gewesen.
Als … als sei sie nicht mehr ganz so allein auf der Welt gewesen.
Beunruhigt durch ihre Gefühle, schrubbte sich Darcy energisch sauber, bevor sie die Wanne verließ und dankbar ihre eigenen Jeans und ein bequemes Sweatshirt anzog.
Es war eine Erleichterung, ihre eigene Kleidung zu haben. Ein Gefühl der Vertrautheit in der fremden Umgebung.
Nachdem sie sich die Zähne geputzt hatte und mit einem Kamm durch ihre Haare gefahren war, ging sie wieder nach unten.
Die Sonne war gerade untergegangen, als Darcy in die
Küche kam, aber nirgendwo regte sich etwas. Zweifellos huschten die Raben durch die Tunnel, um dafür zu sorgen, dass nichts die Chance bekam, sich an ihren Meister heranzuschleichen, und Levet durchforstete wohl gerade den Wald auf der Suche nach Wildtieren.
Zum Glück hatte die Haushälterin ihr das Abendessen hingestellt. Sie war eine wirklich begabte Köchin, die es geschafft hatte, ein Tofugericht im Wok zuzubereiten, das Darcy geradezu auf der Zunge zerging. Wenn ich erst genug Geld habe, um meinen eigenen Naturkostladen zu eröffnen, kann ich diese Frau vielleicht von Viper weglocken, dachte sie. Ein paar Fertiggerichte, die so schmeckten wie dieses hier, würden ihr Kundinnen und Kunden aus der gesamten Stadt einbringen.
Nachdem sie ihr Abendessen verputzt hatte, spülte Darcy das Geschirr und wanderte dann ziellos umher, bis sie zum Wintergarten kam. Obwohl sie die meiste Zeit ihres Lebens allein gelebt hatte, kam es ihr so vor, als ob die ungeheure Größe des Hauses ihr Gefühl der Isolation noch verstärkte.
Oder vielleicht gewöhnte sie sich nur einfach zu sehr an Styx’ Gesellschaft? Ein gefährlicher Gedanke.
Sie schüttelte entschlossen die aufkeimende Panik ab, betrat den Wintergarten und machte sich daran, sich um die Pflanzen zu kümmern, die sich allmählich erholten. Sie brauchte keinen attraktiven, lästigen Vampir, um ihrem Leben eine Bedeutung zu geben. Wenn sie in den vergangen dreißig Jahren auch vielleicht nichts anderes gelernt hatte, dann doch wenigstens das, dass sie sich auf sich selbst verlassen musste, um Erfüllung zu finden.
Sie summte leise vor sich hin, während sie die Pflanzen mit Wasser besprühte und behutsam einige verwelkende
Blätter abpflückte. Gerade dachte sie darüber nach, ob es wohl nötig war, ihren stark wuchernden Farn zurückzuschneiden, als ganz plötzlich ein Geräusch hinter ihr ertönte, das sie dazu brachte, herumzuwirbeln. Ihre Überraschung wurde noch größer, als sie die schlanke Frau mit dem langen schwarzen Haar, der seltsam bronzefarbenen Haut und den goldenen Augen sah, die auf sie zukam.
Die Fremde war umwerfend schön, aber obwohl Darcys Blick ungeschult war, hatte sie das Gefühl, dass sie etwas anderes als ein Mensch sein musste. Kein Vampir. Aber auch kein Mensch.
Die Frau blieb direkt vor Darcy stehen und begann allmählich zu lächeln. Augenblicklich war jede Unsicherheit, die Darcy wegen ihres weniger-als-menschlichen Status empfunden hatte, vergessen. In diesem Lächeln lag eine außerordentliche Freundlichkeit.
»Störe ich Sie?«, fragte die Frau sanft.
»Überhaupt nicht.« Darcy neigte den Kopf zur Seite. »Sind Sie eine Freundin von Styx?«
»Nicht so ganz. Ich bin Shay, und Sie müssen Darcy sein.«
»Shay.« Es dauerte einen Moment, bis Darcys Augen sich weiteten. »Vipers … Gefährtin?«
Die Frau lachte leise über ihren zögernden Ton. »Ja, trotz all meiner Sünden.«
Darcy war sich nicht sicher, warum sie das so unvorbereitet traf. Shay war mit Sicherheit hinreißend genug, um die Aufmerksamkeit des eleganten Vampirs auf sich zu ziehen. Aber an dieser Frau war etwas Bodenständiges und Warmherziges. An Viper … na ja, nicht so sehr. Bei dem Gedanken an den silberhaarigen Vampir schlug sich Darcy die Hand vor den Mund. »Oh, Sie sollten nicht hier sein!«
Shay hob die Augenbrauen. »Ich sollte nicht hier sein?«
»Ich weiß, dass das Ihr Haus ist, aber ich glaube, dieser Wintergarten sollte eigentlich eine Überraschung sein.«
Die Frau lachte, während sie sich in dem schönen Raum umsah. »Viper ist nicht annähernd so gerissen, wie er glaubt. Ich weiß seit Wochen, dass er das hier geplant hat.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Darcy zu, zwinkerte ihr schelmisch zu und lächelte sie an. »Aber ich erzähle ihm nichts, wenn Sie es
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