03 - Schatten Krieger
hier festsaßen, kamen die anderen Kapitäne weitaus schneller voran als er. Erst als er und seine Männer an Land stürmten, erfuhr er, dass die gewaltigen Seetore von Sejeend bereits offen gestanden hatten, als Flanes und Raleths Schiffe sie erreicht hatten. Er hatte ausgiebig und giftig in den verschiedensten uralten Sprachen geflucht.
Dennoch schien sich an der Mündung des Vaale der Widerstand der Verteidiger zu konzentrieren. Auch dort brannten viele Feuer. Durch den Rauch und den Nebel wirkten sie wie das Glühen eines gigantischen Hochofens. Sie spiegelten das Verlangen und die Ungeduld, die in Bureng kochten und jeden seiner Gedanken erfüllten. Mittlerweile war er sich seines ursprünglichen Zieles nicht mehr sicher. Wollte er wirklich die Häuser der Reichen und den Palast des Kaisers plündern, was er konnte, oder sollte er die Quelle des Rufes suchen? Oder zog ihn die dunkle, mächtige Wesenheit an, die Verkörperung der Macht, die seiner so ähnlich und die gleichzeitig so selbstsicher war, dass sie nicht einmal versuchte, ihre glitzernde Aura zu verbergen? Bureng stand neben einem steinernen Zollgebäude, flankiert von seinen Leutnants Gont und Reshik, den Kapitänen der
Hammerhai
und der
Rochen.
Die Mannschaften der drei Schiffe hatten sich neben den beiden großen Hafentoren aufgebaut, aber sie gingen trotzdem fast in der Masse der Untoten unter, die zu Hunderten auf der Mole standen. Sie rührten sich kaum, sprachen kein Wort und schienen vom Rauch der Feuer und dem beißenden Qualm des Schutts vollkommen unberührt zu sein. Hanavok, der neben Bureng stand, drehte seinen Schädel und starrte von den rauchumwölkten Zinnen zu den Feuern an den Seetoren und dann auf die dunklen Umrisse seiner Schiffe, die sich an den langen Molen der Silbernen Kais drängten.
Bureng fragte sich, welche Gedanken den untoten Admiral wohl beschäftigten. Ungeduld zählte jedenfalls nicht dazu.
Bureng fluchte und trat ein Fass vom Rand der Mole. Als es mit einem lauten Platschen in das schwarze Wasser unter ihnen fiel, wirbelte er zu Arik herum.
»Also, wo sind sie?«, knurrte er. »Warum sind die Tore noch geschlossen?«
»Kapitän, wir haben acht Abteilungen über die Mauer geschickt.« Der Bulle zitterte beinahe vor Furcht. »Man sollte meinen, dass wenigstens eine durchkommt…«
»Schick mehr hinüber!«
»Aber genau das werden sie erwarten …«
»Gehorche, ohne zu widersprechen, Hund, oder ich schneide dir die Zunge heraus!«
Der Bulle schlurfte mit hängenden Schultern zu einer Gruppe Matrosen, die vor der Mauer standen. Doch bevor er die Befehle seines Kapitäns weitergeben konnte, johlten seine Leute auf, die dicht an den massiven Portalen standen. Diese schwangen langsam nach außen. Sofort brüllte Bureng Hanavok zu, seine untoten Piraten in die Stadt zu treiben. Einen Moment sah der Admiral ihn mit seinen schwarzen, undurchdringlichen Augen ausdruckslos an. Dann hob er sein rostiges Schwert in die Luft und marschierte zu den aufschwingenden Toren. Die Untoten setzten sich ebenfalls in Bewegung, so als gehorchten sie einem lautlosen Schlachtruf. Bureng folgte dicht hinter ihnen und umklammerte mit einer Hand den Spiegelfetisch. Neben ihm marschierte Rikken, der vertrauensvolle, hündisch ergebene Rikken, der den Kodex des Crevalcor in einer Ledertasche über dem Rücken trug. Bureng hatte nicht gewagt, ihn an Bord der
Muräne
zu lassen, wollte den schweren Band jedoch auch nicht selbst mit sich herumschleppen. Also hatte er ihn Rikken anvertraut, dessen Loyalität, wie er wusste, außer Frage stand.
Als seine Leutnants und seine Leibgarde sich einen Weg durch die Untoten bahnten, durchfuhr ihn ein Gefühl von Erwartung, Erregung und Gier. Er hatte auf der Fahrt nach Sejeend vier weitere Phantome empfangen. Nachdem sie langsam in seinen Verstand eingedrungen waren, hatten ihre Erinnerungen ihn befähigt, von weitem die andere Wesenheit zu kosten, seinen Widerpart, der ihn mit einer ähnlichen Habgier betrachtete. Was für ein Freudenfest das sein wird, dachte er. Deine Abwehr zu zerschmettern und die Essenz deines Seins zu verzehren, Stück um machtvolles Stück. Dann werde ich größer sein als du oder einer dieser armseligen Magier und mir eine Domäne erschaffen, die niemals untergehen wird!
Schließlich hatten sie das Tor überwunden und ergossen sich inmitten der gewaltigen Woge aus Angreifern in die Straßen von Sejeend. Sie trafen auf einige Verteidigungsstellungen, die jedoch zumeist nur aus
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