03 - Schatten Krieger
wer ich einst war«, stellte er fest. Er konnte kaum glauben, dass er es offen eingestand. »In Wahrheit unterscheidet sich der Mann, den wir vor uns sehen, vollkommen von der Furcht einflößenden Kreatur, die unsere Vorfahren als Schattenkönig Byrnak kannten. So wie sich unsere Loyalitäten und Absichten verändert haben, zuerst gebrochen in der Esse der Niederlage, dann abgeschliffen von der Zeit, und durch Erfahrung und hart erarbeitete Scherben von Weisheit neu geschaffen.« »Also wisst Ihr auch, dass Er zurückkehren wird, oder vielmehr, dass dieser Jumil die unsterblichen Fragmente Seiner finsteren Essenz sammelt!«, stieß Calabos hervor. »Und heute früh ist noch etwas anderes geschehen, ist es nicht so? Ich nehme seit Stunden eine andere dunkle Wesenheit in der Stadt wahr, irgendwo nicht weit von hier …«
»Jumil ist es gelungen, einen neuen Schattenkönig zu erschaffen, Calabos«, bestätigte Qothan. »Und er steht nicht allein. Ein weiterer, wenn auch weniger starker Schattenkönig, leitet diesen Angriff der Untoten gegen Sejeend. Zwar ist keiner von beiden so mächtig, wie es die ursprünglichen Schattenkönige einst waren, aber es scheint eine allmähliche, verstohlene Veränderung in Gang zu sein. Wir haben den magischen Ruf ebenfalls gehört, den Jumil aussandte, und wir sind sicher, dass er nach wie vor ertönt.«
Ein Schattenkönig, dachte Calabos. Ihn fröstelte.
»Dennoch, trotz alldem«, antwortete er, »frage ich mich, aus welchem Grund Ihr Euch in dieses düstere Drama einmischt, und warum ich Euer Interesse geweckt habe.«
Qothan dachte einen Moment nach.
»Mein Volk«, antwortete er schließlich, »ist auf der Brücke der Prophezeiung gefangen.« Er schilderte Calabos, wie die Dämonenbrut auf ihren Schiffen nach der Niederlage des Herrn des Zwielichts in den östlichen Ozean geflohen waren. Dort hatten sie ein Eiland mit zerklüfteten Felstürmen gefunden, um die eine ewiger Orkan tobte. In seinem Auge, so sagte er, wären sie einem rätselhaften Gott begegnet, der sich die
Schlummernde Gottheit
nannte. Sie habe eine Reihe von Ereignissen prophezeit, von denen jetzt einige eintreffen würden. »Aber aufgrund ihrer Natur«, fuhr Qothan fort, »sind Prophezeiungen begrenzt und ungenau, und sie erwähnen nicht, was in diesem kritischen Moment von Bedeutung ist. Das hält uns auf dieser Brücke der Vorhersagen fest, während wir von Nebel umgeben sind …«
»… und nicht wisst, nach welcher Seite Ihr Euch wenden sollt«, vollendet Calabos das alte Rätsel. »Und ich?« »Das Buch der Stürme spricht von einem Prinz des Wandels, der sich dem drohenden Schatten stellen und ihn besiegen wird.« Qothan verzog das Gesicht. »Bedauerlicherweise weisen mehrere Kandidaten die Eigenschaften auf, welche in den Prophezeiungen beschrieben sind.
Keine Mutter, kein Vater, sondern entrissen der Erde,
verkündet einer der Verse. Ein anderer lautet:
Gebrochen und neu erschaffen ist er, begraben und dem Staub entstiegen, angebetet und vergessen
…«
»Und Ihr glaubt, ich könnte dieser Prinz des Wandels sein«, stellte Calabos skeptisch fest.
»Vielleicht. Ebenso gut könnte es sich auch um Euren Gefährten Coireg Mazaret handeln«, meinte Qothan. »Er ist uns in der Nacht von Jumils Ruf aufgefallen. Der Ruf hat diese Spaltung in seinem Kopf vertieft und ihn verleitet, aus der Klause des Friedens zu fliehen. Mit subtilem Flüstern in Gedankensprache ist es uns gelungen, ihn in Richtung der Silbernen Kais zu lenken, wo wir ihn unter unsere Fittiche genommen und ihm ein Beruhigungsmittel angeboten haben. Er besitzt eine merkwürdige Fähigkeit, die verbliebene Macht des Brunn-Quell anzuzapfen, aber es ist eine unberechenbare Fähigkeit, die darüber hinaus dem gestörten Teil seines Verstandes innewohnt.«
Calabos schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was er von dieser Einschätzung seines alten Freundes halten sollte. »Ihr habt gesagt, es gäbe mehrere Kandidaten für die Rolle dieses Prinzen«, fuhr er fort. »Wer steht noch zur Debatte? Bitte sagt nicht, dass es sich um Tangaroth oder Ilgarion handelt…«
»Es ist keiner von beiden«, erwiderte Qothan. »Dennoch kennt Ihr ihn. Es ist Corlek Ondene.« »Der abtrünnige Hauptmann?« Einen Moment war Calabos bestürzt, dann dämmerte es ihm. »Ihr habt ihn aus diesem Hinterhof entführt!«
Qothan senkte bestätigend den Kopf. »Ich selbst war es. Es war das Ende einer langen Reise, die wir im Kielwasser des Hauptmannes zurückgelegt hatten.
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