03 - Schatten Krieger
Tash?«
»In gewisser Weise.« Sie erläuterte allen Calabos' Plan. Rog und Gillat zuckten mit den Schultern und nickten, Atemor dagegen runzelte die Stirn.
»Das ist eine sehr riskante Taktik«, meinte er. »Wenn dein Freund und seine Kämpfer zu spät kommen, sterben wir.«
»Wenn wir die passende Stelle suchen, von der aus wir angreifen können«, meinte Inryk, »suchen wir die Gegend nach möglichen Fluchtwegen ab …«Er blickte aus dem Fenster. »Und je eher wir aufbrechen, desto mehr Zeit bleibt uns dafür.«
Unter ihnen auf der Straße war die Zahl der Angreifer angewachsen. Mittlerweile marschierten mehrere Hundert von ihnen den Hügel hinauf. Die fünf Gefährten erhoben sich fast gleichzeitig und gingen zur Treppe. Tashil eilte voraus und setzte ihre Magiersicht ein, weil Gillat mit ihrer einzigen Lampe die Nachhut bildete. Sie huschten über die gepflasterte Straße und kletterten über eine Holzwand, die eine schmale Gasse versperrte. Während die größeren Straßen in diesem Teil von Sejeend fast alle gerade verliefen, bildeten die Nebenstraßen ein Netz von Gassen, Passagen, Hinterhöfen und provisorischen Mauern. Das war ein sehr riskantes Territorium, weil es jede Menge idealer Orte für Hinterhalte gab und gleichzeitig genügend Fluchtwege, sowohl über als auch unter der Erde. Sie schlugen einen der höher gelegenen Wege ein, der über Hofmauern, den Flachdächern von verfallenen Schuppen und Misthaufen führte, über Balkone und Gänge, die vom Regen gefährlich glitschig waren. Hier zeigten sich weit mehr Einwohner als auf den Hauptstraßen, und die fünf zogen Schimpfworte und Flüche auf sich, wenn sie an offenen Fenstern und Türen vorbeischlichen. Als sie einmal über ein schräges Dach liefen, bewarf eine Bande Straßenjungen sie von einer niedrigen Mauer aus mit Steinen, bis Inryk einen Sprühregen aus Eisnadeln in ihre Richtung schleuderte und die Kinder hastig in Deckung gingen.
Ein Zaun aus verrotteten Planken markierte die Grenze zwischen den Hinterhöfen und dem Gelände, das dem Onwyc-Feld gegenüberlag. Als sie von einem brüchigen Balkon auf einen schlammigen Weg sprangen, riskierte Tashil eine kurze Mitteilung in Gedankensprache.
Calabos, wir haben unser Ziel fast erreicht.
Einen Moment antwortete niemand.
Wir haben Probleme,
hörte sie dann.
Es gibt hier mehr Feinde, als wir dachten, also nehmen wir einen anderen Weg zum Feld. Lasst mich wissen, wann die Hauptgruppe den Platz erreicht …
Sie wollte eine Bestätigung formulieren, aber Calabos war bereits wieder aus ihren Gedanken verschwunden. Auf ihrem Weg war es vollkommen düster, und sie fürchtete einen Moment, dass die anderen sie zurückgelassen hätten, bis sie Inryk neben sich spürte. Er stand hinter der Ecke eines zweistöckigen Hauses, vermutlich einer Werkstatt. »Atemor und die beiden Gardisten sehen sich drinnen um«, sagte er, als sie neben ihn trat. Er stand unter dem tropfenden Vordach. »Diese Stelle hier ist genauso gut wie die anderen an diesem Teil der Heerstraße. Sobald die Eindringlinge die Barrikade am Anfang der Straße durchbrechen, müssen sie hier entlangkommen. Ob sie nun zum Kala wollen oder zum Fried …«
Er unterbrach sich, als Rog in der dunklen Tür erschien. Er murmelte: »Alles in Ordnung«, und führte sie durch den kurzen Torweg zu einer Steintreppe, die in den dunklen ersten Stock führte. Gillat stand an einem anderen Aufgang, und der gedämpfte Schein seiner Tarnlampe fiel auf Regale, die mit Töpferwaren gefüllt waren. Die Treppe führte auf den Dachboden des Hauses und mündete unter einem baufälligen Gestell mit einem wackligen Baldachin aus Flechtwerk und Segeltuch, unter dem kleine Fässer und eine offene Kiste standen, die zur Hälfte mit zerbrochenem Steingut gefüllt war. Eine kniehohe Ziegelmauer umgab das Dach. Atemor kniete in einer vorderen Ecke und starrte auf die breite Straße. Tashil hockte sich neben ihn, ungeachtet des Regens, der jetzt heftig auf das Pflaster der Heerstraße und die Blätter der Bäume prasselte.
»Manchmal kommen mir diese Städte gefährlicher vor als die Sümpfe von Gulmaegorn«, murmelte Atemor. Tashil lächelte ironisch über die Wahrheit in seinen Worten. Sie wollte gerade etwas von den Gefahren des Lebens im Haus ihres Vaters sagen, als Gestalten auf der Heerstraße auftauchten. Kurz darauf stapften Männer heran, zunächst allein oder zu zweit, dann jedoch strömte eine dicht gedrängte Gruppe von ihnen auf die Heerstraße und
Weitere Kostenlose Bücher