03 - Schatten Krieger
zuckte mit den Schultern, nahm die Kleidung entgegen und zog sie an. Beinahe augenblicklich fing er an zu schwitzen.
Nur wenige Augenblicke später war das Podest fertig. Es bestand aus mehreren, etwa einen Meter langen Planken, die auf einem etwa einen halben Meter hohen Eisengestell ruhten. Sie knarrten, als Qothan hinauftrat, Calabos winkte und ihm die Hand hinhielt, um ihn hinaufzuziehen. Dann betrachtete er seine Gefährten. »Seid vorsichtig, wenn Ihr Euch dem Fried nähert, Brüder. Wir werden Euch ein unmissverständliches Signal geben, wenn der Moment kommt, in dem Ihr hinabsteigen müsst.« Er drehte sich zu Calabos um. »Herr, Ihr müsst die Augen schließen und die Knie ein bisschen beugen.«
»Ist das der magische Schleier, den Ihr erwähnt habt?«, fragte Calabos. »Was bewirkt er?«
Qothans Stimme war eisern, wie sein Griff um Calabos' Arm.
»Er führt uns in die Grube der Zeit. Jetzt schließt Eure Augen …«
Calabos gehorchte, und beinahe im selben Moment wurde ihm übel. Er unterdrückte das unangenehme Gefühl in der Magengrube, das rasch einer Beklemmung wich, die ihm bis in die Brust zu steigen schien. Qothan hielt ihn immer noch am Arm fest, aber seine Beine fühlten sich wie Gummi an. In seinem Bemühen, sein Gleichgewicht zu halten, öffnete er unwillkürlich seine Augen einen winzigen Spalt…
Er schien durch eine ungeheure Leere zu fliegen, von unermesslich hohen Gebirgen in die gewaltigen Abgründe bodenloser Ozeane. Plötzlich jedoch tat sich ein Riss auf, der alles um ihn her in blendendem Weiß auflöste. Ein Ruck ging durch seine Beine, als er aus geringer Höhe auf etwas Weiches fiel, kalt und weiß … »Schnee …« murmelte er.
»Allerdings, Herr Calabos.« Qothan half ihm auf die Füße. Calabos blinzelte, als in dem Weiß undeutliche, schattige Umrisse auftauchten. Er wirkte rasch den Gedankengesang Klarsicht. Sofort schärfte sich sein Blick. Er bemerkte, dass er immer noch auf derselben Klippe stand, nur wuchsen hier jetzt mehr Büsche und weniger Bäume, deren unbelaubte Skelette in die Luft ragten und von Schnee bedeckt waren. Es herrschte eine eisige Ruhe. Es musste kurz vor Sonnenuntergang sein, aber das wenige Licht wurde von dem bleiernen Himmel gedämpft.
»Wir sind noch in Sejeend«, erklärte Calabos. »Aber es ist nicht unser Sejeend … und es ist Winter.« »Sehr gut, Herr«, meinte Qothan. »Hauptmann Ondene brauchte erheblich länger, um das zu begreifen. Jetzt kommt, wir müssen uns beeilen. Denn bevor wir unsere Zeit verließen, hörte ich von Agasklin, dass Jumil und Vorik den Fried verlassen haben.«
Damit marschierte er über den verschneiten Abhang in Richtung des Zentrums von Sejeend. Calabos zog den Umhang fester um sich, als er die scharfe Kälte spürte, und hastete hinter der Dämonenbrut her. In seinem Kopf überschlugen sich die Fragen. Während sie über die verlassene Uferstraße der Bucht gingen, vorbei an einigen Fischerhütten und ihren baufälligen Landungsstegen, gelang es ihm, einige spärliche Informationen aus dem hünenhaften Kundschafter herauszubekommen. Ja, genau auf diese Weise hatte er Ondene aus dem Hinterhof geschafft, und dies war die Vergangenheit, gleichzeitig jedoch war sie es auch nicht. Der Dämonenbrut war es für immer versagt, in ihr zerstörtes Reich zurückzukehren. Es hatte lange gedauert, bis einer von ihnen den Mut gefunden hatte oder verzweifelt genug gewesen war, es zu versuchen. Zwei Renegaten hatten es zuerst getan, doch das war auf offener See geschehen, und keiner von ihnen war zurückgekehrt. Erst nachdem die Schiffe wieder in diesen Gewässern kreuzten, hatte ein anderes mutiges Mannschaftsmitglied einen erneuten Versuch unternommen, in die Heimat seiner Vorfahren zu gelangen. Er hatte sich in dieser verschneiten Welt wiedergefunden. »Es ist eine Welt, die in der Zeit eingeschlossen zu sein scheint. Wann immer wir hierher kommen, herrscht immer Winter, wir haben immer denselben Tag, und unsere Anwesenheit hier ist immer begrenzt«, erklärte Qothan, während sie einen Feldweg entlangstapften, den Karren und Pferde in eine matschige Piste verwandelt hatten. »Nach ungefähr einer Stunde werden wir in unsere Welt zurückversetzt, wie Luftblasen, die unausweichlich zur Oberfläche aufsteigen. Allerdings können wir diese Rückkehr auch willentlich herbeiführen. Wenn das passiert, werdet Ihr Euch sehr nahe am Hojamar-Fried befinden.«
»Was genügen sollte, die Aufmerksamkeit des Schattenkönigs zu
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