03 - Schatten Krieger
als sie den Ernst in seiner Stimme hörte, auch wenn sie zu gern gewusst hätte, was es für ihn zu tun gab.
»Die Zeit ist unser schlimmster Feind«, meinte Tashil.
»Richtig«, stimmte Coireg ihr zu und schaute zu der Dämonenbrut hinüber. Die vier Geschöpfe entfalteten nacheinander ihre Schwingen und stiegen in die Luft. Zwei sanken zu Coireg hinab und hoben ihn empor. »Lebt wohl, Tashil, lebt wohl, Ayoni. Wir werden uns nicht wiedersehen. Lebt wohl und wandelt im Licht…«
Während sie zusahen, wie die kleine Gruppe im düsteren Nachthimmel verschwand, sagte Ayoni: »Er klingt, als würde er es wirklich glauben.«
»Das tut er auch«, erwiderte Tashil. »Mit einer Gewissheit, die fast irritierend ist.«
»Entschuldigt meine Neugier«, fuhr Ayoni fort. »Aber was befindet sich in dem Bündel, das Ihr auf dem Rücken tragt?«
Tashil lächelte. »Eine Waffe, die den Soldaten der Schwarzen Horde nicht gut bekommen wird. Ich erkläre es Euch, während wir weitergehen.« Sie schaute noch einmal über den Himmel und deutete auf die flache Mulde, die Ayoni gerade durchquert hatte. »Euer Ehemann und die anderen verbergen sich dort.«
Während sie durch das Buschwerk hasteten, dichte Wände aus Blattwerk umgingen oder über kleine Bäche sprangen, schilderte Tashil die schrecklichen Ereignisse, die Sejeend heimgesucht hatten. Vor allem ihr Bericht über den letzten todbringenden Tag, vor der Entdeckung der Wirkung des Knochenmehls auf die Krieger der Schwarzen Horde und dem Einlaufen der
Sturmklaue,
erstaunte und entsetzte Ayoni.
»Wie soll das Land einem derartigen Hammerschlag widerstehen?«, fragte sie.
»Ich glaube nicht, dass es überleben wird«, meinte Tashil. »Da die Hauptstadt in Trümmern liegt und der Kaiser tot ist, werden die Bezirksgouverneure so viel Macht an sich reißen, wie sie können. Vorausgesetzt, dass die Invasion des Großen Schatten fehlschlägt.«
Kurz darauf trafen sie auf einen Vorposten von Jarrycs Leuten, der sie in einen Wald führte, zu einer großen, halb verfallenen Blockhütte. Dort hatten Jarryc, Chellour und ihre Männer Schutz gesucht und sich versteckt. Nachdem sie sich glücklich und erleichtert begrüßt hatten, umriss Tashil die Lage im Tempel von Belkiol und die bevorstehende Opferung der Gefangenen. Dann schilderte Ayoni ihren grimmigen Zuhörern, dass sie Zeugin eines ähnlichen Rituals in der Stadt Besh-Darok geworden war, welches die Fäulnis hervorgebracht hatte. Niemand widersprach, als Jarryc Befehl gab, das Lager abzubrechen, und alle machten sich entschlossen an die Arbeit.
Als Jarryc kurz darauf mit seinen etwa vierzig Soldaten nach Norden durch den Wald marschierte, traf ein Kundschafter von Baron Klayse ein. Er hielt sich mit etwa fünfzig Männern ungefähr eine Meile weiter im Westen versteckt. Jarryc und der Kundschafter einigten sich auf einen Vogelruf als Signal, bevor der Späher zum Baron zurückkehrte. Er sollte ihn zur südlichen Grenze von Belkiol führen. Eine Stunde später trafen sich die beiden Gruppen in tiefster Nacht in einem kleinen Gehölz bei einigen Köhlerkaten vor Belkiol. Während Jarryc und Ayoni den Baron in aller Hast über das bevorstehende tödliche Ritual informierten, das im Tempel vorbereitet wurde, leerten Tashil und Chellour eine Röhre und verteilten das Knochenmehl an alle, die kleine Lederbeutel besaßen, und erklärten ihnen genau, wie es eingesetzt werden musste.
Auf dem Grat des Bergrückens lichtete sich der Wald und wurde von einem Flickenteppich aus bestellten Feldern ersetzt, deren magere Ernte bereits von zahllosen Füßen niedergetrampelt worden war. Ayoni und Tashil gingen voran und führten die Männer durch die Dunkelheit. Sie gingen querfeldein, vorbei an leeren Ställen, in denen Hühner und Schweine gehalten worden waren. Schließlich breitete sich Belkiol vor ihnen aus, eine dunkle Masse von niedrigen Dächern, unter denen gelegentlich Lampen oder Fackeln brannten. An einer Stelle kündeten orangefarbene Flammen von einem brennenden Gebäude, aus dem eine Säule aus Rauch und Funken in den Himmel stieg. Tashil deutete zur Ostseite der Stadt, wo der Tempel des Zwielichts lag. Verstohlen schlichen sie am südlichen Rand von Belkiol entlang in diese Richtung. Ayoni und Jarryc führten mit Tashil und Klayse den Zug gerade über einen Weg zwischen den zerstörten Gärten zweier Häuser hindurch, da tauchten plötzlich schattenhafte Gestalten mit Fackeln in den Türen auf. Ayoni sah sich sechs gepanzerten
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