03 - Schatten Krieger
böse an. »Das ist blanker Wahnsinn«, sagte er. »Du wirst hier sterben, und wofür war dann die ganze Mühe, he?« »Geh in Frieden, Culri«, erwiderte Calabos, während er den Helm aufsetzte. »Wenn wir scheitern, bleib am Leben, alter Mann, und suche dir einen neuen, besseren Helden.«
Damit hob er die Hand und verabschiedete sich von Kerna und Nilka, von Culri, Qothan, Viras und Yostil und schritt zwischen zwei Bankreihen zu einer viereckigen Türöffnung in der gegenüberliegenden Wand. Es kostete ihn enorme Willensanstrengung, sich nicht umzudrehen.
Aber seine Einschätzung erwies sich als richtig. Es gelang ihm, die verschiedenen Suchtrupps zu umgehen, die durch die Flure hasteten, und ein- oder zweimal konnte er Abteilungen von Wachen der Horde täuschen. Während er Stockwerk um Stockwerk erklomm, stieß er immer seltener auf Wachen, und selbst die Kampfgeräusche ließen nach. Einmal riskierte er von einem Balkon im zweiundzwanzigsten Stockwerk einen Blick nach draußen und sah, dass sich Byrnaks Truppen am Fuß der Zitadelle drängten. Auf den niedrigsten Baikonen wurde bereits heftig gekämpft.
Als er das neunundzwanzigste Stockwerk erreicht hatte, waren keine Soldaten der Schwarzen Horde mehr zu sehen, dafür begegneten ihm jedoch gelegentlich in den Korridoren zeremoniell gekleidete Frauen und Männer. Das Licht veränderte sich ebenfalls und wurde etwas heller und weicher. Im dreißigsten Stockwerk nahm er seinen Helm ab und hielt ihn in der rechten Hand, während er nach der nächsten und letzten Treppe suchte.
Hier waren Flure und Räume belebter, und die Personen, die er unterwegs traf, trugen Masken, schlichte oder kunstvoll verzierte. Einige zeigten Gesichter, andere ähnelten Tierfratzen, während wieder andere Ideen oder Eigenschaften darzustellen schienen, wie Krieg oder Tod. Nur wenige Höflinge sahen Calabos auch nur an, während er an ihnen vorbeiging. Dafür war er dankbar, und er vermutete, dass sie ihn für weit unter ihrer Würde hielten.
Schließlich führte ihn seine Suche auf den Balkon eines ovalen Raumes, von dem einige Hand voll maskierter Zuschauer etwas beobachteten. Als er an die Balustrade trat, um selbst hinabzusehen, erstarrte er. Zwei Männer kämpften mit Speer und Netz gegeneinander, ein großer, grauhaariger Mann in einem abgewetzten Lederharnisch und ein jüngerer, stämmigerer Mann, der Pelze und eine grobe Rüstung trug. Er hatte sein schwarzes Haar auf Stammesart nach hinten gebunden. Bei dem großen Mann handelte es sich um Ikarno Mazaret, und sein Gegner war der Oberhäuptling der Mogaun, Yasgur. Doch ihr Kampf ähnelte eher einem Ballett. Beide stöhnten und knurrten theatralisch, als führten sie ein Schauspiel auf.
»Eine schöne Vorstellung, findet Ihr nicht?«, sagte eine Frauenstimme hinter ihm. »Ich persönlich finde diese Schaukämpfe zwar nicht so unterhaltsam, aber mein Gemahl hat sie den Höflingen versprochen. Das erklärt diese Darbietung dort unten.«
Ohne sich umzudrehen, fragte Calabos: »Euer Ehemann? Wer kann das wohl sein?«
Sie lachte. »Der General der Dämmerung, natürlich. Und zu welchen Höflingen gehört Ihr, wenn ich fragen darf?«
Er drehte sich herum. Vor ihm stand eine blonde Frau in einem blauen Gewand mit einem hohen Kragen und einer geflügelten Halbmaske, die mit glänzenden grünen Federn geschmückt war. Sie lächelte, als sie ihn betrachtete, doch dann weiteten sich ihre Augen, ihr Lächeln erlosch, und ihre Lippen bebten.
»Allerhöchster, vergebt mir …« stammelte sie. »Wir wurden von den Herolden nicht informiert. Ich hätte Euch gewiss erkannt … aber es ist schon sehr lange her, seit Ihr diese Verkleidung das letzte Mal verwendet habt. Vielleicht bin ich sogar die Einzige hier, die sich noch daran erinnert…«
Er begriff. Sie glaubt, ich bin der Große Schatten, der von seinem Thron herabgestiegen ist, um sich unter die Sterblichen zu mischen, dachte er. Das könnte vielleicht ganz nützlich sein …
»Eure Loyalität ist höchst willkommen, aber ich möchte keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Benehmt Euch gelassen und zwanglos.«
Sie nickte und rang sich ein Lächeln ab.
»Gut«, fuhr er fort. »Ja, diese Amüsements sind sehr interessant. Woher bekommt Euer Ehemann die Spieler?« »Es sind nur Geistschatten, mit denen uns das Weiße Gefängnis versorgt, Allerhöchster.«
»Ja, richtig«, sagte er schnell. »Könnt Ihr mir noch weitere solcher Schauspiele zeigen?«
Sie nickte und führte ihn durch
Weitere Kostenlose Bücher