03 - Sinnliche Versuchung
sich. So überzeugt? Welcher
verrückte Gedanke treibt sie dazu, das Leben einer alleinstehenden Frau zu
wählen?
Sie konnte gerade
bis zu seinem Kinn schauen. »Erinnerst du dich, als du mich fragtest, warum
ich nicht verheiratet bin?«
Er nickte.
Als sie endlich
weitersprach, war ihre Stimme so leise, dass er sie nur mit Mühe verstehen
konnte. »Ich war es beinahe -vor langer Zeit.«
»Wann?«
»Vor vier Jahren.«
»Du hast die
Verlobung aufgelöst?«
Ein Ausdruck, den
man als schmerzlich bezeichnen könnte, flog über ihr Gesicht. »Nein«, sagte sie
mit seltsam leerer Stimme. »Das hat er getan. Oder genauer gesagt, er ist
nicht erschienen.«
Dane schaute sie
prüfend an. »Wie bitte?«
Sie zuckte mit den
Schultern. Der Versuch eines Lächelns misslang ihr kläglich. Er spürte, wie
sehr sie darunter litt und nahm ihre Hand, die sich bleich und zart in die
seine fügte. »Was ist geschehen?«
»Ich hatte Thomas
fast drei Jahre lang gekannt. Er hatte mich mehrmals gebeten, ihn zu heiraten,
aber ich wollte noch warten. Nach der gescheiterten Ehe meiner Eltern wollte
ich, dass wir beide sicher waren, das Richtige zu tun. Mir war es sehr ernst
damit. Ich wollte, dass alles vollkommen war. Es war immer mein Traum gewesen,
in St.George am Hanover Square zu heiraten. Und auf dem Weg zur Kirche hüpfte
mein Herz vor Freude. Es war der glücklichste Tag meines Lebens, Dane, und ich
war so überzeugt, dass dies erst der Anfang sei ... Das Letzte, womit ich
gerechnet hatte, war, dass Thomas nicht erschien. Aber ich wartete und
wartete. Die Hochzeitsgäste drehten sich langsam einer nach dem anderen um und
tuschelten ...«
Danes Herz flog ihr
zu, als er merkte, wie sehr sie unter der Erinnerung litt.
»Ich zweifelte
immer noch nicht an Thomas. Ich war überzeugt, ein Unfall hätte ihn
aufgehalten. Aber als dann sein Bruder kam, erfuhr ich die Wahrheit. Thomas war
mit einer anderen Frau nach Gretna Green durchgebrannt. Am Abend davor, mit
Clarice Grey.«
Dane stieß eine
wütende Bemerkung aus. »Ein Schwindler!«
Julianna schüttelte
den Kopf. »Er ist ein guter Mensch. Ehrlich. Er ist herzlich und mitfühlend.
Vielleicht fiel es mir deswegen schwerer, ihn zu verstehen, sein Tun zu
akzeptieren. Als sie zurückkehrten, besuchte mich Thomas, um mir alles zu
erklären. Clarice war am Vortag zu ihm gekommen. Sie war schwanger
ihm, verstehst du.
Sie kannten sich von Kindheit
von! an. Es war ein
Augenblick der Schwäche, sagte er, bei beiden. Er konnte sie nicht im Stich
lassen, und so brannten sie durch. Wir ... wir haben beide geweint, Dane, weil
er Wüsste, wie weh er mir getan hatte. Ich kam mir wie eine Närrin vor, die ihm
geglaubt, ihm vertraut hatte. Ich dachte, ich würde ihn so gut kennen. Aber
dann hatte ich das Gefühl, als sei er ein Fremder für mich.
Ich war so
beschämt. Es war alles so peinlich. Ich hasste das Geflüster, die verstohlenen
Blicke, die mir folgten, wo auch immer ich auftauchte. Mir kam vor, als wüsste
ganz London Bescheid. Ich wollte mich vor der Welt verstecken und floh auf den
Kontinent. Ich blieb Monate fort. Ich war so feige ...«
»Du bist kein
Feigling, Julianna. Ich glaube, die meisten Frauen wären nicht so nachgiebig
gewesen.«
»Das Vergeben war
einfach. Das Verstehen nicht. Immer wieder habe ich nach einem Grund gesucht
... Vielleicht habe ich zu lange gewartet. Vielleicht hätte ich gleich in die
Ehe einwilligen sollen. Vielleicht wurde er ungeduldig. Vielleicht war ich
nicht hübsch genug.«
Dane gab einen
ärgerlichen Ton von sich. »Das ist doch Unsinn! Eigentlich solltest du ihn
hassen, aber das tust du nicht, oder?«
»Eine Zeit lang,
ja«, räumte sie ein. »Aber Clarice war, ... ist die Mutter seines Kindes. Es
war richtig von ihm, sie zu heiraten. Er war ihnen verpflichtet. War für sie
verantwortlich. Er hat sich ehrenhaft verhalten. Ich respektiere seine
Entscheidung mehr, als wenn er mich in dein Wissen geheiratet hätte, dass eine
andere Frau ein Kind von ihm erwartete.«
Das sagte sie so
großmütig dahin. Aber Dane traute ihr nicht so recht und spürte die tiefe
Wunde, die noch nicht verheilt war.
»Du trauerst ihm
nicht nach? Wünschst du dir nicht, dass ihr beide geheiratet hättet?« Er wusste
nicht, warum ihm das so wichtig war.
Sie zögerte und
wich seinem Blick aus.
Ein sonderbares
Gefühl ergriff ihn. »Du liebst ihn noch, nicht wahr? Du liebst Thomas noch?«
Sie blickte ihm
wieder in die Augen. Die Lippen öffneten sich. »Nein. Nein!
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