03 - Sinnliche Versuchung
vielleicht niemals wiederzusehen, wenn du
dich am Abend von mir verabschiedest. So könnte ich nicht leben. Es ist abscheulich,
wie du dich wissentlich in Gefahr begibst, Dane. Ich hasse es!«
Sie hatte sich
diese Worte vom Herzen geredet.
Ihr Ausbruch hatte
ihn erstaunt. Sie erkannte es an seinem Mund, der sich zu einer schmalen Linie
verzogen hatte. Als sie versuchte ihm die Hände zu entreißen, wurde sein
Griff fester.
»Verdammt«, sagte
er heiser. »Ich habe keine Wahl, Julianna. Das Spiel ist noch nicht aus. Ich
muss es zu Ende bringen. Ich kann jetzt nicht aufgeben.«
»Und darin liegt
der Unterschied zwischen uns beiden. Für dich ist es ein Spiel. Aber für mich
geht es um dein Leben!« Sie schluckte schwer. »Ich weiß, du kannst jetzt nicht
aufhören. Ich weiß, dass es um Ehre und Loyalität geht. Ich verstehe es. Glaube
mir. Aber ich kann es nicht akzeptieren. Ich kann es nicht. Ich will einen
Mann, Dane, und keine Maske.«
Dane lehnte sich
zurück. »Nicht gerade schmeichelhaft«, war seine knappe Antwort
Das Schweigen in
der Kutsche wurde unerträglich. Er war zutiefst verärgert und biss die Kiefer
so fest zusammen, dass man meinte, sie würden im nächsten Augenblick
zerbrechen.
Endlich schweifte
sein Blick zum Fenster hinaus. »Du lieber Himmel!«, rief er plötzlich entrüstet
aus. »Warum zum Teufel sind wir nicht weitergefahren?«
Dieser Gedanke war
Julianna ebenfalls durch den Kopf gegangen. Draußen fuhren die Kutschen immer
noch vor dem Theater ab. Ihr Wagen stand an der Kurve, aber die endlos
aneinandergereihten Kutschen versperrten die engen Straßen, so dass der Verkehr
zum Stillstand gekommen war.
Julianna blickte
durch das Fenster. Ein Paar schlenderte vorbei. Das Gesicht des Mannes war halb
im Schatten, doch hatte etwas ihre
Aufmerksamkeit erregt.
Seine Begleiterin
trug einen flotten Hut, der mit einem knallroten Schleier überzogen war,
passend zur Farbe ihres seidenen Kleides. Sie waren vor der Mietkutsche an der
Ecke stehen geblieben. Der Fahrer stand mit einer Laterne in der Hand bereit
und half ihr beim Einsteigen. Eine behandschuhte Hand legte sich elegant auf
die des Kutschers. Mit der anderen schob sie den Schleier zurück.
Unwillkürlich
dachte Julianna dabei, dass diese Frau einmal auffallend schön gewesen sein
musste. Nein, das traf immer noch zu. Sie war weder jung noch alt. Sie war
schlank und geschmeidig wie eine Frau, die um die Hälfte jünger war.
Kurz vor dem
Einsteigen zögerte sie und blickte zu ihrem Begleiter zurück.
Das Licht der
Laterne Fiel auf ihr Gesicht.
Ungläubig riss
Julianna die Augen auf.
Die Welt um sie
schien sich in Eis zu verwandeln. Einen gefährlichen Augenblick lang auch das
Blut in ihren Adern.
»Oh, Gott!«
Sie tastete nach
dem Türgriff, stieß den Wagenschlag auf und kletterte hastig aus der Kutsche.
In der Eile stürzte sie unsanft auf ein Knie und richtete sich mit den Händen
auf.
Sie riss den Kopf
nach oben.
Die Tür der
Mietkutsche schloss sich mit einem hellen Klicken. Dann rollte sie gemächlich
davon, als erste Kutsche an diesem Abend.
Dane packte sie bei
der Taille und richtete sie auf. »Julianna! Was zum Teufel soll das!«
Julianna hörte
nichts. »Halt«, rief sie. »Halt!«
Sein Blick ging von
der Kutsche, die gerade in der Nacht verschwand, zu Juliannas wachsbleichem Gesicht
zurück.
»Was ist los?«,
fragte er scharf. »Kennst du diese Frau?«
Julianna sah in
gequält an. Sie war immer noch zutiefst erschrocken. Das Gesicht, das vor ihr
aufgetaucht war, hatte sie kaum gekannt. Niemals im Leben hätte sie erwartet,
dieses Gesicht wiederzusehen ...
Aber seine Züge
würde sie immer wiedererkennen.
»Es war meine
Mutter«, sagte sie wie betäubt. »Es war meine Mutter.«
Achtzehntes Kapitel
»Ich will dir
nicht zu nahe treten, Kätzchen. Aber warst du nicht noch ein kleines Kind, als
du deine Mutter zum letzten Mal gesehen hast?«
Dane setzte sich
auf das goldene Brokatsofa in ihrem Wohnzimmer. Dane würde Juliannas
Gesichtsausdruck nicht so bald vergessen. Wieder hatte ihn bei ihrem Anblick
ein schauriges Kribbeln erfasst. Sie hatte ausgesehen, als sei sie einem
Gespenst begegnet.
Es war hoffnungslos
gewesen, den Wagen der verschleierten Dame einzuholen. Dane hatte versucht,
ihr zu Fuß zu folgen, aber es hatte keinen Zweck.
Julianna nickte.
»Ich war drei Jahre alt.«
Die Erschütterung
war ihr immer noch anzumerken. Er schenkte Wein in zwei Gläser ein, von einem
Tablett, das Mrs MacArthur auf
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