03 - Sinnliche Versuchung
dem Tisch vor ihnen abgestellt hatte. Er lehnte
sich zurück und reichte Julianna ein Glas.
»Trink den Wein. Du
bist noch sehr blass.«
Sie nahm einen Schluck.
»Noch einen«, bat
er sie.
Sie gehorchte. Ein
Lächeln erschien auf seinen Lippen. »So ist es gut«, lobte er sie. »Schon
besser.«
Sie lächelte
zurück, dann schweifte der Blick ab. Sie biss sich auf die Lippen. »Wie ist das
möglich? Wie?«
»Du weißt es nicht
mit Sicherheit«, ermahnte er sie. »Du hast diese Frau nur einen Moment lang
gesehen. Und in der Dunkelheit ...«
»Ich weiß es. Ich
weiß es. Und doch, als ich sie sah, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl ... Ich
bin nicht sicher, ob ich es erklären kann. Eine Fremde, sagte mein Verstand,
aber die innere Stimme schrie auf. Du kennst sie! Du musst sie erkennen! Und so
war es auch.«
»Julianna«, sagte
er vorsichtig, »du warst erst drei Jahre alt, so genau kannst du dich doch
nicht an sie erinnern.«
Ein Schatten
huschte über ihr Gesicht. »Es ist richtig, ich erinnere mich nicht an sie,
auch nicht, dass ich Jemals traurig darüber war, keine Mutter zu haben. Ich
hatte meine Brüder, die ich liebte, von denen ich mich wiedergeliebt wusste.
Aber in Thruston Hall, dem Familiensitz, hängt ein Porträt von mir, Sebastian,
Justin und den Eltern. Es wurde kurz vor dem Weggang meiner Mutter gemalt. Es
heißt, der Künstler hätte uns sehr gut getroffen, er hätte das Wesen eines
jeden Einzelnen eingefangen. Sebastians beschützende Art, Justins
Widerspruchsgeist, die Strenge meines Vaters und die Leichtfertigkeit meiner
Mutter. Nachdem sie uns verlassen hatte, ließ mein Vater das Bild auf den
Speicher schaffen.
Aber oft bin ich
hinaufgeschlichen, um es zu betrachten. Und als mein Vater starb und Sebastian
sein Erbe antrat und Marquess wurde, hat er es wieder in der Galerie aufgehängt
Mich hat es stets fasziniert. Selten bin ich vorbeigegangen, ohne einen Blick
darauf zu werfen. Als ich noch sehr jung war, dachte ich, die Schönheit meiner
Mutter sei göttlich und durch nichts zu übertreffen.« Sie spielte mit einer
kastanienbraunen Locke. »Ich erinnere mich noch, wie einer meiner Freunde
meinte, es sei schade, dass ich nicht wie Justin ihre grünen Augen geerbt
hätte. Aber ich war mit mir rechtzufrieden ... Ich bewunderte zwar ihre
Schönheit, wollte aber nicht wie sie sein. Auch nicht wie mein Vater.
Vielleicht bin ich töricht«, fuhr sie leise fort. »Vielleicht haben mich meine
Augen getäuscht. Und auch mein Verstand. Doch etwas in mir sagt mir, dass die
Frau, die ich gesehen habe, meine Mutter war.« Sie schüttelte den Kopf. »Doch
wie kann das sein? Wie ist das möglich?«
Es war schwer zu
begreifen. Die Vernunft sperrte sich dagegen. Eine tote Frau wird nach fast
einem Vierteljahrhundert wieder lebendig ... Es schien unfassbar. Und doch war
Julianna fest davon überzeugt.
»Julianna«, sagte
er ruhig. »Du sagtest, sie sei vor Jahren gestorben. Erzähl mir noch einmal,
was geschehen ist.«
»Sie ist mit einem
anderen Mann durchgebrannt. Das Schiff, mit dem sie fuhren, kenterte bei der
Überfahrt auf dem Kanal. Alle an Bord ertranken. Mehr weiß ich nicht.«
»Was ist mit
Sebastian oder Justin?«
»Da bin ich nicht
sicher.« Fast hilflos begegneten ihm ihre Blicke. »Dane ...«
Er stellte ihre Gläser
ab. »Du zitterst!«, rief er. Einen Augenblick lang sah er sie an; er sagte
kein Wort, sondern legte ihr die Fingerspitzen vorsichtig auf die Wange. Seine
Augen glühten dunkel auf.
Behutsam zog er sie
in seine Arme. »Protestiere so viel du willst«, erklärte er, »aber ich werde
dich heute Abend nicht allein lassen.«
Sie vergrub ihr
Gesicht an seinen Hals. Sie wollte nicht widersprechen. Und sie wollte auch
nicht, dass er ging.
In ihrem Zimmer zog
er ihr das K leid aus. Sie ließ es geschehen, dass er niederkniete und ihr
Strümpfe und Schuhe auszog, während sie sich mit einer Hand auf seine Schulter
stützte. Seiner Kleidung entledigte er sich ebenso ungeduldig. Als er vor ihr
stand, hatte sie sich immer noch nicht bewegt.
Auch er blieb
unbeweglich stehen, als sie die Hand ausstreckte und mit den Fingern durch die
dunklen Haare auf seiner Brust fuhr.
Ihre Blicke
begegneten sich. Ein wortloses Versprechen. Ein wortloses Ergeben. Was war
noch wichtig? Sie war nackt im Mondlicht, nackt in seinen Armen. Sie hob den
Mund, suchte seine Lippen. Die weiche Berührung ihres Mundes setzte seinen
Körper in Flammen.
Er ließ nicht von
ihren Lippen ab, während er sie
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