03 - Sinnliche Versuchung
etwas, das
du wissen solltest«, sagte er langsam. »Der Mann, den du gestern Abend mit
deiner Mutter gesehen hast, Julianna, der Mann mit der Augenklappe ... ich
kenne ihn. Er heißt Nigel Roxbury. Unter seiner Leitung habe ich zahlreiche
Aufgaben übernommen.«
Julianna holte tief
Luft. »Was? Aber wie ...«
»Phillip und ich
halten es für möglich, dass eure Mutter euch damals mit Roxburys Bruder
verlassen hat. Bis jetzt haben wir noch nicht herausgefunden, ob es eine
Verbindung mit dem Täter zum Innenministerium gibt. Aber irgendetwas ist da
faul«, sagte er mehr zu sich selbst. »Wir sind ganz nahe dran. Ich spüre es.«
Ein Schauer lief
ihr den Rücken hinunter und sie blickte ihn ängstlich an. »Dane«, sagte sie
beklommen, »ich habe Angst.«
»Das brauchst du
nicht«, entgegnete er rasch. »Ich passe auf mich auf. Glaube ml*r.«
Seine Augen wurden
dunkel, als er zu ihr trat und ihr mit einer Hand zärtlich über das Haar
strich. »Ich weiß, du verstehst es nicht. Aber ich kann nicht fortgehen, ohne
dich zu sehen.«
Mit einem Finger
unter dem Kinn hob er ihren Kopf an. Mit ernstem, beinahe feierlichem Gesicht
blickte er ihr forschend in die Augen. »Ich liebe dich, Kätzchen.«
Ein brennender
Schmerz setzte sich in ihrer Kehle fest. Um Himmels willen, jetzt nicht weinen,
betete sie. »Oh, Gott«, wisperte sie.
Er lächelte schief.
»Ja, mein Liebes. Ich liebe dich.«
Die Schlacht war
verloren. Tränen erstickten ihre Stimme. »I:jane«, flüsterte sie hilflos, »das
kannst du mir nicht sagen und - und fortgehen.«
Sein Lächeln
verschwand. Mit dem Daumen fuhr er die Umrisse ihres Mundes entlang, eine
winzige Liebkosung. »Ich kann ni*Cht fortgehen, wenn ich es dir nicht
gesagt habe.«
Er küsste sie zart.
Und dann ging er
hinaus.
Ohne sich darüber
im Klaren zu sein, stand sie bereits am schmalen Fenster im Flur und starrte
ihm nach. Mit erhobenem Kopf, aufrechtem Gang und breiten, geraden Schultern
entfernte er sich.
Eiserne Klauen
umklammerten ihr Herz. Ihre geheimen Ängste waren Wirklichkeit geworden. Sie
wollte ihre Verzweiflung herausschreien und ihn anflehen, nicht fortzugehen.
Aber hier ging es um Stolz und Ehre - nicht ihn betreffend, sondern sie.
Sie konnte tapfer sein, so tapfer wie er. Und sie würde tapfer sein.
Sie unterdrückte
ein Aufschluchzen und riss die Tür auf.
»Dane!«
Er drehte sich um
und blieb an der nächsten Hausecke stehen, als sie auf ihn zurannte und sich
an ihn warf. Sie hob das Gesicht. »Sei vorsichtig«, rief sie aus. »Pass auf
dich auf und komm heil zu mir zurück!«
Sein Atem setzte
einen Augenblick aus, dann zog er sie an sich. Die Bernsteinaugen wurden
dunkel, als er die Arme um sie schlang.
Hart und ungestüm
presste er den Mund auf ihre Lippen, und sie erwiderte seinen Kuss, mitten auf
der Straße in London. Es kümmerte sie nicht im Geringsten, auch wenn ihr die
ganze Welt zusah.
Dies würde die längste
Nacht ihres Lebens werden.
Kaum waren zehn
Minuten nach seinem Fortgehen verstrichen, ging sie bereits unruhig vor dem
Kamin im Wohnzimmer auf und ab.
Ihr Magen brannte.
Wie, fragte sie sich verzweifelt, sollte sie die Zeit überstehen? Warten und
außer sich vor Sorge sein, ohne auch nur das Geringste zu wissen? Wie sollte
sie die Vorstellung ertragen, dass er sich in Gefahr befand? Dass er vielleicht
...
Ein lautes Klopfen
an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.
Mrs MacArthur war
bereits auf dem Weg zur Tür.
Julianna durchlief
es plötzlich eiskalt. »Warten Sie!«, rief Julianna. Es fehlte nicht viel und
sie hätte geschrien. Mit beiden Händen
ergriff sie die schwere Vase vom Tisch in der Diele und stellte sich kampfbereit
mit hocherhobenen Armen neben die Tür.
Das Klopfen hörte
nicht auf. »Hallo!«, rief eine Männerstimme. »Ist jemand zu Hause?«
Mrs MacArthur
brachte ein leises, erschrecktes »Oh« hervor, fing sich aber rasch. Mit einem
Kopfnicken bedeutete Julianna der Haushälterin, die Tür zu öffnen.
Die Tür flog auf.
Der Mann an der Schwelle sah sie.
»Um Himmels willen!
Es ist alles in Ordnung! Ich bin Phillip Talbot. Vom Innenministerium.«
Phillip. Danes
Partner. Erleichtert ließ sie die Arme sinken und stellte die Vase ab. Sie
merkte, dass sie zitterte. Sie zitterte am ganzen Leibe.
»Ich muss zu Dane!
Ist er hier?«
Ihre Lippen formten
sich zu einem Nein. »Er ist ... er ist fort.«
Phillip begriff. Er
fluchte. »Verdammt, das hatte ich befürchtet!«
Das Blut gefror ihr
in den Adern. »Etwas ist
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