03 - Sinnliche Versuchung
lächelte. »Tja, mein Alter, das
gehört nun einmal zum Geschäft.«
Dane ging noch
vieles durch den Kopf, als er einen Stuhl an Phillips Schreibtisch zog. Ruhig
berichtete er ihm über alles, was er über die Familie Sterling wusste.
Als er geendet
hatte, hob Phillip die Brauen. »Er stritt nicht ab, dass er beim Theater war?«
»Richtig.«
»Dann war er es«,
sagte Phillip langsam. »Und was die verschleierte Frau betrifft, die Julianna
gestern Abend gesehen hat - oder zu sehen vermeinte -, so ist es
doch merkwürdig, dass sie, falls sie die Mutter ist, in all den Jahren kein
Lebenszeichen von sich gegeben hat. Das musst du doch zugeben, Dane.«
»Ja, ich weiß,
Phillip. Ich weiß. Aber ich glaube Julianna. Und Roxbury war aalglatt. Zu
glatt. Doch aus welchem Grund könnte er gelogen haben? Es sei denn, er hat
etwas zu verbergen.«
»Eine interessante
Auslegung. Nehmen wir an, die Frau, die gestern Abend in seiner Begleitung war,
ist die Mutter der Sterlingkinder. Nehmen wir an, sie t~t Daphne Sterling. Das
bedeutet ...«
»Dass Nigel Roxbury
gelogen hat«, schloss Dane folgerichtig, »und diese Frau nicht seine Schwester sein
kann. Außerdem hätte Julianna ihren Onkel doch bestimmt gekannt.«
»Eins zu null für
dich«, sagte Phillip.
»Was weißt du über
ihn?«
»Ich habe ebenso
oft mit ihm zusammengearbeitet wie du. Meines Erachtens ist er seit über
zwanzig Jahren für das Innenministerium tätig. Und, soviel ich weiß, ist sein
Ruf einwandfrei. Aber dann würde ich nichts anderes erwarten.« Er warf Dane
einen fragenden Blick zu. »Du sagst, weder Julianna noch ihre Brüder wissen,
wer der Mann war, mit dem ihre Mutter in jener Nacht England verlassen hat.«
Dane nickte. »Mein
erster Gedanke war, dass Nigel Roxbury die infrage kommende Person sei und dass
beide überlebt haben ...«
.
»Unwahrscheinlich, dass es Nigel war«, sagte Phillip nachdenklich. »Er dürfte
einige Jahre jünger als sie gewesen sein.«
»Ja.« Danes
Ausdruck war grimmig. »Daran habe ich auch gedacht. Jedenfalls waren sie noch Kinder,
als es geschah, und niemandem war daran gelegen, die Tür zu ihrer Vergangenheit
aufzustoßen. Aus diesem Grund möchte ich in dieser Angelegenheit möglichst
schonend vorgehen, um den Sterlings einen weiteren Skandal zu ersparen.«
»Ich könnte den
Namen des Schiffes herausfinden, mit dem sie über den Kanal gefahren ist und
die Namen der ertrunkenen Passagiere. Aber das wird einige Zeit dauern und
nicht einfach sein, da es mittlerweile jahrelang zurückliegt«, erklärte Phillip,
»aber ich werde sehen, was sich machen lässt.«
Später an diesem
Nachmittag betrat Phillip fröhlich pfeifend das Kaffeehaus. Dane hatte sich
dort in eine Ecke verzogen und saß mit finsterer Miene vor einem Glas Whisky.
Phillip ließ sich
auf den Stuhl gegenüber gleiten. »Warum so trübsinnig?«
»Nicht trübsinnig.
Nachdenklich.«
»Ah«, sagte er
gutgelaunt. »Wie schön, dass du diesen Unterschied machst.«
Dane gab ein
Zeichen, dass man seinem Freund ebenfalls einen Whisky bringe.
»Zu dem Thema kann
ich noch etwas hinzufügen.«
Dane blickte
mürrisch auf. »Und was?«
Phillip ließ sich
mit der Antwort absichtlich etwas Zeit. »Es ist so, wie du gesagt hast.«
»Ich habe vieles
gesagt, Mann, und kann mich nicht an alles erinnern.«
»Vielleicht fällt
dir deine Vermutung von heute Nachmittag ein.«
Dane hielt den Atem
an. »Phillip ...«
Phillip beugte sich
vor. »Du hattest Recht, Dane. Roxbury hat keine Schwester.«
Dane starrte seinen
Freund sprachlos an.
»Er hatte einen
Bruder.«
Dane klammerte sich
an das eine Wort. »Hatte?«, wiederholte er.
»Ja. James Roxbury
starb vor ungefähr vierundzwanzig Jahren. Er ist umgekommen ...« Wieder
machte Phillip eine bedeutungsvolle Pause. »Auf See.«
»Donnerwetter! Wie
hast du das denn herausgefunden?«
»Ein Kinderspiel.
Das Ganze ließ mir keine Ruhe, nachdem du gegangen warst. Also habe ich einen
Blick in Roxburys Personalakte geworfen. In Westminster geboren und
aufgewachsen. Bei der Durchsicht der Kirchenbücher wurde ich wieder fündig.«
Danes finstere
Miene hellte sich schlagartig auf. »Phillip, du bist nicht zu übertreffen!«
Das Lächeln
erstarb. Grübelnd blickte er seinen Freund an. »Seltsam. Verdammt seltsam. Aber
jetzt wissen wir wenigstens, dass er gelogen hat. Und wenn Roxbury in diesem
Punkt gelogen hat, dann vielleicht auch bei anderen Dingen? Vielleicht möchte
er noch so einiges verheimlichen?«
»Da stimme
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