03 - Sinnliche Versuchung
enden wollende Stille.
Daphne brach das
Schweigen. »Tja«, sagte sie gelassen, »ziemlich peinlich das Ganze, findet ihr
nicht? Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass wir uns unter diesen
Umständen wiedersehen.«
»Ich kann mir
vorstellen, dass du nicht im Entferntesten daran gedacht hast, dass wir uns
jemals wiedersehen würden«, erwiderte Sebastian ruhig. Diese Bemerkung sollte
kein Vorwurf sein, sondern nur eine Feststellung der Tatsache.
»Nein«, sagte sie
und hob die Brauen. »Offen gestanden, habe ich nicht damit gerechnet.«
Wenigstens war sie
ehrlich.
»Ihr seht
ausnehmend gut aus. Alle drei».«
Justin stellte die
Frage, die allen am Herzen lag.
»Wir dachten, du
seiest tot. Während all der Jahre ... Warum bist du nie zurückgekommen?«
Sie lächelte
schwach. »Oh, das war mir nicht möglich. Um nichts auf dieser Welt. Das sagt
nicht, dass ich nicht an euch drei gedacht habe. Aber euer Vater und ich ... er
hat mir keine Luft zum Atmen gelassen ... er hat mich erstickt. Und ... ich
bin, was ich bin. Das ist mir bewusst. Ich bin nicht vollkommen. Aber das
konnte er nicht akzeptieren. Wir hätten uns mit Sicherheit gegenseitig
zerfleischt ... Wir hätten uns sicherlich gegenseitig vernichtet. Und nachdem
ich gegangen war ... nachdem dies einmal geschehen war, ließ es sich nicht mehr
rückgängig machen.
James Roxbury hat
mich verstanden. Er hat das Leben geliebt wie ich. Aber als er ertrank, tja ...
bekam ich die Chance, ein neues Leben zu beginnen. Ich konnte nicht mehr
zurück und ich habe nicht mehr zurückgeblickt. Ja, es gab Momente, da wollte
ich euch sehen. Momente, in denen ich mich fragte ... Aber ich wusste, dass ihr
drei in guten Händen seid. Ihr hattet eure Kinderfrauen. Ihr hattet euch. Aber
ich hatte niemanden. Und ich musste weiterleben. Wenn mein Leben glücklich
verlaufen sollte, dann lag es an mir«
Sonderbarerweise
verstand Sebastian dies. Vielleicht, weil er der Älteste war. Vielleicht, weil
er sie so gekannt hatte, wie sie war, ein leichtfertiges, schönes Wesen.
Justin hielt den
Kopf gesenkt und keiner sah den Schatten, der sein Gesicht verdunkelte.
Plötzlich hob er den Kopf.
»Warte«, sagte er
leise. »Ich habe es lange verdrängt. Aber jetzt bist du hier und ... und ich
habe eine Frage, die nur du beantworten kannst.«
Sie betrachtete ihn
aufmerksam und neigte den Kopf zur Seite.
»Es ist kein
Geheimnis, dass es in deinem Leben andere Männer gegeben hat. James Roxbury.
Der Mann, den du in Frankreich geheiratet hast. Und andere davor, nehme ich
an.«
Sie bestätigte es
weder, noch verneinte sie es.
Justins Stimme
klang angestrengt. »In der Nacht, in der Vater starb, hatte ich eine
Auseinandersetzung mit ihm. Ich habe ihm vor Augen gehalten, dass seine Frau
ihn wegen eines Liebhabers verlassen hatte. Dass er vielleicht nicht
mein Vater - oder Vater von einem von uns ist. Doch hatte er sein Leben
lang deine Kinder am Hals, mit dem Wissen, dass möglicherweise keines davon
sein eigenes war und dass er uns anerkennen musste, weil er das Gegenteil nicht
beweisen konnte.«
»Wirklich nicht?«
Die Andeutung eines Lächelns umspielte ihren Mund. »Immer der Dumme, nicht
wahr?«
Sebastian hatte
Justin einen scharfen Blick zugeworfen. Julianna machte einen tiefen Atemzug.
»Ist er es?«, fuhr
Justin fort. »Ist William Sterling unser Vater? Oder ist es möglich, dass wir nicht
seine Kinder sind? Wir alle. Einer von uns?«
An der Tür wurde
laut geklopft. Sie ging auf. Ein grimmig aussehender Wächter trat ein. »Die
Zeit ist um«, verkündete er knapp, ging auf sie zu und packte sie beim Arm.
Justin drehte sich
um, als sie um den Schreibtisch herumgeführt wurde. Er blickte sie eindringlich
an. »Weißt du es überhaupt?«, fragte er ruhig.
Sie war bereits an
der Tür. Ihr Gesicht drückte eine Art schelmischer Verwunderung aus, als sie
über die Schulter zurückblickte. Dann blitzte es in ihren smaragdgrünen Augen
auf, die den seinen so ähnlich waren. »Justin ...«
»Das muss jetzt
warten.« Die Wache warf ihm einen strengen Blick zu. »Mr Barnaby wünscht, dass
sie sofort dem Gericht überstellt wird.«
Ihr Blick löste sich
von Justin und glitt über die drei Geschwister. »Adieu, meine Kleinen. Adieu.«
Vielleicht waren
sie noch zu benommen, die drei - zu viel war in kürzester Zeit auf sie
eingestürmt! Denn stumm blickten sie ihrer Mutter nach, während sie aus ihrem
Blickfeld verschwand ...
Als Dane, der am
Ende des Flurs mit Phillip gestanden
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