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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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die Pflegschaft ihres Kindes. Eine Pflegschaft war die vorherrschende Methode, Kindern eine Ausbildung angedeihen zu lassen.
    »Bist du sicher, daß er sagte, er sei ihr Pflegevater?«
    »Er hat bestimmt den Ausdruck datán verwendet.«
    Das war die juristische Bezeichnung für Pflegevater.
    »Wußtest du, daß Midach der Pflegevater von Schwester Necht ist?«
    Martan schüttelte den Kopf.
    »Und was für ein Verhältnis hat Bruder Midach deiner Meinung nach zu ihr?« forschte sie.
    »Zu Necht?«
    »Genau.«
    »Midach ist Nechts anamchara , ihr Seelenfreund. Weiter weiß ich nichts. Aus dem Grunde sind sie freundlich und vertraut miteinander.«
    »Also fühlt sich Midach offensichtlich verantwortlich für Necht?«
    »Das nehme ich an«, meinte Martan.
    »Hat es dich überrascht, daß Dacán Midach eine solche Affäre vorwarf? Dacán stand im Ruf kühler Gelassenheit. Was veranlaßte ihn, Midach plötzlich so anzugreifen?«
    »Er war kein Heiliger. Er war ein seltsamer, übellauniger Mensch, der Midachs Geduld bis zum Äußersten strapazierte«, antwortete Martan. »Ich weiß nur, daß ich gehört habe, wie böse Midach reagierte. Er sagte zu Dacán, er solle sich da nicht einmischen, und wenn er das weiter so treibe und Midach derart beleidige, dann werde Midach …«
    Er verstummte, und seine Augen weiteten sich, als er merkte, was er gerade sagen wollte.
    »Weiter«, drängte ihn Fidelma. »Offensichtlich hat er ihm mit körperlicher Gewalt gedroht.«
    »Midach sagte, er würde ihn umbringen«, gab er leise zu.
    Es trat eine Pause ein.
    »Glaubst du, daß er es ernst meinte?«
    »Bestimmt nicht«, protestierte der Apotheker. »Ich mache mich nicht zum Richter über andere Leute. Midach tut keinem etwas zuleide.«
    »Das ist nicht das, womit Midach drohte«, bemerkte Fidelma trocken. »Als du erfuhrst, daß Dacán genau einen Tag nach diesem Streit den Tod fand, hast du dir da keine Gedanken gemacht? Ich nehme an, du hast Bruder Rumann, der die Untersuchung leitete, nichts davon gesagt?«
    Martans Wangen färbten sich leicht rot.
    »Ich habe es nicht gemeldet, weil ich es nicht für wesentlich hielt. Midach war nicht in der Abtei, als Dacáns Leiche gefunden wurde. Falls du meinst, ich verdächtige Midach des Mordes, ich tue das nicht. Midach ist ein Mensch, der das Leben liebt und es genießt. Er würde ebensowenig daran denken, jemand anderem das Leben zu nehmen wie sich selbst.«
    »Also hast du diesen Streit Rumann gegenüber nicht erwähnt«, stellte Fidelma fest. »Warum erzählst du mir jetzt davon?«
    Martan errötete.
    »Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Ich hatte einzig die Absicht, euch beiden zu verdeutlichen, daß Dacán nicht so ein Heiliger war, wie die meisten Leute glaubten. Er konnte durchaus jemanden grundlos beschuldigen.«
    »Und das alles geschah, nachdem Dacán Midach vorgeworfen hatte, er habe seine Notizen und Aufzeichnungen in der Bibliothek durchforscht?«
    »Midach hat das bestritten«, erinnerte sie Martan.
    »Nur noch eins. Du sagst, daß Midach an dem Abend, bevor Dacán getötet wurde, die Abtei verließ. Wie ich hörte, kehrte er erst sechs Tage später zurück. Weißt du, warum er fort war und wohin er wollte?«
    Martan schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nur, daß die Reise nicht geplant war. Er fuhr mit dem Schiff. Wahrscheinlich gab es einen medizinischen Notfall in einem der Dörfer. So etwas passiert häufig.«
    »Weshalb glaubst du, daß sie nicht geplant war?«
    »Weil er niemandem etwas davon sagte außer Schwester Necht, die Bruder Tóla erst informierte, als er die Abtei bereits verlassen hatte.«
    »Wann war das?«
    »Kurz vor der Completa. Sein Schiff muß mit der Nachmittagsflut ausgelaufen sein, sonst hätte er erst am späten Vormittag des nächsten Tages abreisen können.«
    Fidelma kniff die Augen zusammen.
    »Bist du dir bei diesen Zeitangaben sicher?«
    »Absolut.«
    »Nun«, Fidelma lehnte sich zurück, »ich glaube, du hast uns sehr geholfen, Martan. Du kannst jetzt gehen, aber ich wäre dir dankbar, wenn du über unser Gespräch mit niemandem reden würdest – vor allem nicht mit Bruder Midach. Verstehst du mich?«
    Martan stand unsicher auf.
    »Ich glaube, ja, Schwester. Ich hoffe nur, ich habe nichts Falsches gesagt …«
    »Wie könnte man mit der Wahrheit etwas Falsches sagen?« fragte Fidelma ernst.
     

K APITEL 12
    Als Schwester Fidelma am nächsten Morgen zur Bibliothek unterwegs war, um festzustellen, ob Schwester Grella zurückgekehrt war,

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