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03 - Tod im Skriptorium

03 - Tod im Skriptorium

Titel: 03 - Tod im Skriptorium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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die Stoffstreifen, die als Fesseln dienten, abgerissen wurden. Der Rock war in einer Tasche in Schwester Grellas Zimmer versteckt.«
    Als Abt Brocc begriff, was das bedeutete, stützte er den Kopf in beide Hände und begann zu wimmern.
    Fidelma betrachtete ihn mit verächtlichem Blick.
    »Der Ruf der Abtei ist zuschanden«, jammerte er. »Was soll ich nur tun? Du erklärst mir, daß Grella eine Mörderin ist und das Motiv für den Mord eine schmutzige Leidenschaft?«
    »Die Schande für die Abtei kannst du vorerst einmal vergessen, Vetter«, antwortete Fidelma trocken. »Zuerst wollen wir das Rätsel lösen.«
    »Aber solche Nachrichten treiben mir die Schamröte ins Gesicht«, stöhnte Brocc.
    »Dann denk daran, daß Diogenes einmal schrieb: ›Das Erröten ist die Farbe der Tugend‹«, konterte Fidelma sarkastisch. »Die einzige Schande besteht darin, keine Scham zu besitzen.«
    Brocc riß sich zusammen.
    »Es geht mir nicht um mich selbst«, sagte er weinerlich. »Ich sorge mich um den Ruf der Abtei. Du glaubst also, daß Grella Dacán umgebracht hat?«
    Fidelma schwieg sich darüber aus.
    »Wußtest du, Brocc, daß Schwester Grella ungefähr vor einer Woche auf Salbachs Burg in Cuan Dóir war? Wenn ja, hatte sie deine Erlaubnis, die Abtei zu verlassen und Salbach zu besuchen?«
    Der Abt starrte sie verständnislos an.
    »Nein. Ich gab Schwester Grella vor einer Woche die Erlaubnis, nach Rae na Scríne zu reiten und Schwester Eisten zu besuchen, die dort arbeitete. Sie sollte ihr ein Buch zurückbringen und ein paar Kräuter und Medikamente von Bruder Martan gegen die Pest dorthin mitnehmen. Warum sollte sie in die entgegengesetzte Richtung reiten und Salbach aufsuchen?«
    »Vielleicht war sie erst bei Schwester Eisten, und dann sind beide zu Salbachs Burg gegangen?«
    »Aber warum?«
    Plötzlich kam Fidelma ein Gedanke. Wenn Eisten eine Überfahrt für sich und Schwester Grella gesucht hatte, war Grella dann vielleicht auf das Handelsschiff geflohen? Fidelma stand auf, ging ans Fenster und blickte hinunter auf die Bucht.
    Neben Mugróns Kriegsschiff lag noch immer das fränkische Handelsschiff vor Anker. Der Abt war neben sie getreten und sah verblüfft hinab.
    »Was siehst du da, Kusine?«
    »Ich hatte befürchtet, das fränkische Handelsschiff hätte schon die Anker gelichtet.«
    Brocc runzelte die Stirn.
    »Ich glaube, es will morgen mit der Vormittagsflut auslaufen.«
    »Dann bitte ich dich, Cass die Vollmacht zu erteilen, an Bord zu gehen und das Schiff zu durchsuchen, bevor es ausläuft.«
    »Zu durchsuchen?«
    »Ja. Es gründlich zu durchsuchen, während wir weiterreden«, beharrte Fidelma. »Ich ordne es hiermit an kraft meiner Machtbefugnis als dálaigh . Möglicherweise ist Schwester Grella an Bord.«
    Brocc blickte völlig verdattert drein, entgegnete aber nichts. Statt dessen zog er die Glocke, die seinen Sekretär herbeirief. Er wies ihn an, Cass zu suchen und ihm Fidelmas Anordnungen zu übermitteln.
    »Wenn es Ärger gibt, sag Cass, er soll dem fränkischen Kapitän klarmachen, daß er, solange er in der Bucht ankert, den Gesetzen dieses Königreichs zu gehorchen hat«, gab sie dem Sekretär noch mit auf den Weg, der davoneilte, um seinen Auftrag auszuführen.
    »Du mußt mir das erläutern, Kusine«, meinte Brocc und setzte sich wieder. »Du meinst, Grella habe gemerkt, daß du ihre verborgene Schuld aufgedeckt hast, und deshalb versucht sie zu fliehen?«
    »Ich wünschte, ich wüßte das so genau, Vetter«, antwortete Fidelma. »Kannst du mir etwas sagen über Schwester Eisten und ihr Verhältnis zu deiner Bibliothekarin?«
    Brocc hob wie bittend die Hände.
    »Die arme Eisten. Da gibt es wenig zu sagen. Sie wurde hier in der Abtei ausgebildet, und zwar ursprünglich als Arztgehilfin. Sie spezialisierte sich auf die Pflege von Kindern. Sie war bei uns, seit sie vierzehn war, ausgenommen die drei Jahre ihrer Pilgerfahrt ins Heilige Land.«
    »Bruder Conghus berichtete mir, sie habe auch in der Bibliothek studiert«, unterbrach ihn Fidelma.
    »Eisten war keine Gelehrte, aber zu Anfang des Jahres arbeitete sie eine Zeitlang in der Bibliothek.«
    »Und wie kam es, daß Eisten nach Rae na Scríne geschickt wurde?«
    »Soweit ich mich erinnere, meldete sie sich freiwillig dazu, dorthin zu ziehen und sich um die Herberge für Reisende zu kümmern, die wir dort unterhalten. Das war vor ungefähr sechs Monaten. In der Nähe gab es mehrere Waisen, und Eisten übernahm es, auch sie zu versorgen. Sie tat

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