03 - Tod im Skriptorium
viele gute Werke in Rae na Scríne.«
Er schwieg, ergriff einen Krug mit Wasser und sah Fidelma fragend an. Sie schüttelte den Kopf. Brocc goß sich Wasser in einen Becher und trank langsam.
»Sprich weiter«, ermunterte ihn Fidelma.
»Nun, wir wußten, daß die Gelbe Pest das Dorf in diesem Sommer erreicht hatte. Es ist keine Logik darin zu erkennen, wer ihr zum Opfer fällt und wer nicht. Ich und Bruder Midach zum Beispiel sind an ihr erkrankt, haben sie aber überstanden. So erging es auch Schwester Grella. Eisten hatte sie vorher nicht, ist ihr aber auch dort nicht erlegen.«
»Die Krankheit ist unberechenbar«, stimmte ihm Fidelma zu. »Sprich weiter.«
»Eisten bestand darauf, im Dorf zu bleiben, doch wir hörten, daß sich die Lage verschlimmerte. Midach hat sie dort in der vorigen Woche mehrmals besucht. Schließlich brachtest du uns die schreckliche Nachricht, daß Intat das Dorf zerstört und die Überlebenden niedergemetzelt hat.«
»Du kennst Intat?«
»Nicht persönlich. Aber ich weiß, daß Intat einer von Salbachs engsten Gefolgsleuten ist. Du hast ja erlebt, wie wütend Salbach war, als er in die Abtei kam, nachdem ich ihm gemeldet hatte, was du berichtet hattest. Anfangs wollte er die Geschichte gar nicht glauben. Er lenkte erst ein, als du ihm sagtest, wer du bist, und er deshalb dein Wort nicht mehr anzweifeln konnte.«
»Der ist ein schlechter Fürst, der die Wahrheit nur anerkennt, wenn sie ihm von einer größeren Autorität als seiner eigenen vorgelegt wird«, stellte Fidelma mit Entschiedenheit fest. »Ist dir schon der Gedanke gekommen, daß Intat aus irgendeinem Grunde mit Salbachs Zustimmung gehandelt haben könnte?«
Brocc war entsetzt.
»Natürlich nicht. Salbach entstammt dem alten Fürstengeschlecht der Corco Loígde und führt seine Abstammung zurück bis auf …«
Fidelma unterbrach ihn mit offenem Sarkasmus.
»Ich weiß, er führt seine Abstammung auf Míl Easpain zurück, den Urvater der Kinder Gaels. Trotzdem wäre er nicht der erste berühmte Fürst, der gegen die Gesetze Gottes und der Menschen verstößt. Darf ich dich daran erinnern, daß wir uns vielleicht gerade deshalb in dieser Lage befinden, weil wir Gefangene der Geschichte sind? Es war ein König von Laigin, der auch von alten und berühmten Königen abstammte, der die Schuld der Ermordung des Großkönigs Edirsceál auf sich lud. Damals nahm das Drama seinen Anfang.«
»Das ist eine uralte Geschichte, fast schon eine Legende.«
»So wie diese Geschichte es in tausend Jahren sein wird.«
Brocc lehnte sich in seinem Sessel zurück und schüttelte langsam den Kopf.
»Ich kann das nicht von Salbach glauben. Außerdem, was hätte er dabei zu gewinnen?«
Fidelma lächelte spöttisch.
»Gewinnen? Ja, was gewinnen wir, wenn wir das eine oder andere tun? Wenn ich die Antwort darauf wüßte, dann hätte ich die Antwort auf so manche Frage. Ich nehme an, du kennst Salbach schon lange?«
»Seit achtzehn Jahren, seit ich in diese Abtei kam. In den letzten zehn Jahren, seit ich hier von den Brüdern zum Abt gewählt wurde, habe ich ihn näher kennengelernt.«
»Und was weißt du von ihm?«
»Was ich weiß? Ich weiß, daß er als ein guter Fürst gilt. Er ist stolz auf seine Ahnen und manchmal vielleicht etwas selbstherrlich. Alles in allem aber, glaube ich, herrscht er gut und gerecht.«
»Ich habe gehört, er sei ehrgeizig.«
»Ehrgeizig? Sind wir das nicht alle?«
»Vielleicht. Und zielt Salbachs Ehrgeiz eventuell über die Corco Loígde hinaus?«
»Dazu hat er das Recht, Kusine. Wenn er von Ir abstammt, der mit Míl Easpain verwandt war, der dieses Land in der Frühzeit eroberte und mit den Kindern Gaels bevölkerte …«
Fidelma zog ein Gesicht, als hätte sie Zahnschmerzen.
»Erspare mir diese langweilige Genealogie. Ehrgeiz ist schön und gut, solange der Spatz nicht danach strebt, ein Falke zu werden«, bemerkte sie trocken. »Was kannst du mir sonst noch von Salbach erzählen? Kannte er Schwester Eisten?«
»Soviel ich weiß, nein.«
»Überrascht es dich zu hören, daß Eisten vor gut einer Woche zusammen mit Schwester Grella auf Salbachs Burg war?«
Broccs Miene verriet, daß es ihn sehr überraschte.
»Also meinst du doch, daß es eine Verbindung zwischen dem Tod der armen Schwester Eisten und dem des Ehrwürdigen Dacán gibt?« fragte er.
»Eine Verbindung schon. Wie stark sie ist, das weiß ich noch nicht. Aber ich bin entschlossen, es herauszubekommen.«
Abt Broccs Gesicht war immer
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