03 - Winnetou III
Hide-spot (ein gegen die Angriffe der Indianer und weißen Banden von den Jägertrupps angelegtes Versteck, in welchem sie sich und ihre Jagdbeute zu verbergen pflegen) von Old Firehand, als ich dasselbe mit einigen wackeren Männern angriff, um uns ihre Ottern- und Biberfelle zu holen. Ich entkam damals mit noch zwei Mann und möchte wünschen, dem Halunken einmal zu begegnen. Er sollte sein Kapital mit reichlichen Zinsen zurückerhalten!“
Jetzt erkannte ich auch ihn. Er war der Anführer jener Buschheaders, die uns droben am Süd-Saskatschawan überfallen hatten, von uns aber so empfangen worden waren, daß nur diese drei entkamen. Er war einer jener Prärieräuber, welche man mehr zu fürchten hat, als die wildesten Indianer, da sie die schlimmen Eigenschaften beider Rassen in doppeltem Maße in sich vereinigen.
Ma-ti-ru, der bis jetzt noch nicht gesprochen hatte, erhob seine Hand.
„Wehe ihm, wenn er wieder in die Hände der roten Männer fällt! Er würde an den Marterpfahl gebunden, und Ma-ti-ru nähme ihm jede einzelne Muskel von den Knochen. Er hat die Krieger der Ogellallah getötet, das beste Pferd des Häuptlings geraubt und das Herz der schönsten Tochter der Savanne von sich gestoßen!“
Hätten die drei Männer gewußt, daß der, gegen den sie solche Drohungen ausstießen, kaum drei Spannen weit hinter ihnen lag!
„Die roten Männer werden ihn niemals wieder sehen, denn er ist weit über das Wasser nach dem Land gegangen, wo die Sonne wie Feuer brennt, wo der Sand größer ist als die Savanne, wo der Löwe brüllt und die Männer viele Weiber haben dürfen.“
Ich hatte an einigen Lagerfeuern gelegentlich erwähnt, daß ich nach der Sahara gehen wolle. Das war auch geschehen, und nun erfuhr ich bei meinem jetzigen Streifzug durch die Prärie zu meinem Erstaunen, daß die Kunde davon sogar schon zu den Indianern gedrungen war. Es schien mir hier mit dem Bowiekneif besser gelungen zu sein, ein bekannter Mann zu werden, als drüben in der Heimat mit der Feder.
„Er wird wiederkommen“, meinte Ma-ti-ru. „Wer den Atem der Prärie getrunken hat, dürstet nach ihr, so lange ihm der große Geist das Leben läßt!“
Darin hatte er recht. Wie der Gebirgsbewohner sich im flachen Land bis zur Krankheit nach seinen Höhen sehnt und der Seemann nicht von dem Meer zu scheiden vermag, so tut es auch die Prärie jedem an, dem sie einmal umfangen hat. Ich war wieder zurückgekehrt.
Jetzt deutete Ka-wo-mien nach den Sternen.
„Mein weißer Bruder sehe den Himmel an! Es ist Zeit, nach der Bahn des Feuerrosses zu gehen. Sind die eisernen Hände, welche meine Krieger dem weißen Diener des Rosses genommen haben, stark genug, seine Bahn zu zerreißen?“
Diese Frage sagte mir, wer der Ermordete gewesen war. Jedenfalls ein Bahnbeamter, welcher mit seinen Werkzeugen, die der Häuptling ‚eiserne Hände‘ nannte, die Strecke begangen hatte, um den Schienenweg zu revidieren.
„Sie sind stärker als die Hände von zwanzig roten Männern“, antwortete der Weiße.
„Und versteht es mein weißer Bruder sie zu gebrauchen?“
„Ja. Die roten Männer mögen mir folgen! In einer Stunde wird der Zug ankommen. Doch meine Brüder mögen noch einmal bedenken, daß alles Gold und Silber mir gehört!“
„Ma-ti-ru lügt nie!“ versicherte stolz der Häuptling, indem er sich erhob. „Das Gold ist dein, und alles andere samt den Skalpen der Bleichgesichter gehört den tapferen Kriegern der Ogellallah.“
„Und Ihr gebt mir Maultiere, um mein Gold zu tragen, und Männer, um mich zu beschützen auf dem Weg nach dem Canadian?“
„Du bekommst Maultiere, und die Krieger der Ogellallah werden dich bringen bis an die Grenze des Landes Aztlan (so heißt Mexiko im Dialekt der Sioux). Und trägt das Feuerroß sehr viele Dinge, die Ka-wo-mien und Ma-ti-ru gefallen, so führen sie dich auch noch weiter bis an die große Stadt Aztlan, wo dein Sohn auf dich wartet, wie du erzähltest.“
Der Sprecher stieß einen Ruf aus, und sofort erhoben sich alle Indianer. Ich wandte mich zurück. Unweit der Stelle, an welcher ich gelegen hatte, vernahm ich ein leises Geräusch, als ob ein leichter Luftzug über die Halme ging.
„Sam!“
Ich hatte das Wort mehr gehaucht als gesprochen, und doch richtete sich in der Entfernung von einigen Schritten die kleine Gestalt meines Gefährten halb und nur auf einen einzigen Augenblick empor.
„Charley!“
Ich kroch zu ihm hin.
„Was habt Ihr gesehen?“ fragte ich ihn.
„Nicht
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