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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Winnetou, der Häuptling der Apachen! Gebt Feuer!“
    Er erhob seine silberbeschlagene Büchse, und bei ihrem Blitz leuchtete es rund um den ganzen Kamp auf. Es waren in einem einzigen Augenblick über zweihundert Schüsse gefallen. Nur ich allein hatte nicht geschossen; ich wollte die Wirkung unserer Salve abwarten, welche wie ein Gericht vom Himmel so plötzlich, so tödlich über die Feinde hereinbrach. Eine ganze, lange Minute herrschte die tiefste Stille, dann aber brach es los, jenes furchtbare Geheul, welches die Nerven zu zerreißen und die Knochen zu zermalmen droht. Das Unerwartete unserer Salve hatte den Wilden geradezu die Sprache geraubt, jetzt aber klang es wie aus den Mäulern von tausend Teufeln durch den Cañon.
    „Nochmals Feuer!“ kommandierte die Stimme des Obersten, welche man selbst durch dieses diabolische Geheul hindurch vernehmen konnte.
    Eine zweite Salve krachte und dann rief Rudge:
    „Hinaus, und mit den Kolben drauf!“
    Im Nu waren die Männer über die Mauer hinaus. Wer von ihnen vorher ja noch bange gewesen war, der fühlte jetzt den Mut des Löwen in sich. Kein einziger Indsman hatte einen Versuch machen können, die Mauer zu ersteigen.
    Ich blieb auf meinem Posten. Draußen entwickelte sich ein Rachekampf, der nicht lange anhalten konnte, denn die Reihen der Gegner waren so fürchterlich gelichtet, daß sie ihr Heil nur in der Flucht suchen konnten. Ich sah sie vorüberhuschen, die dunklen Gestalten – ah, das war ein Weißer! Wieder einer! Die Railtroublers hatten auf der andern Seite gestanden und flohen jetzt an mir vorüber.
    Jetzt erst legte ich den Stutzen an. Fünfundzwanzigmal schießen zu können, ohne laden zu müssen, das war mir jetzt von Vorteil. Acht Schüsse gab ich ab, dann fand ich keine Ziele mehr. Die unverletzten Feinde waren geflohen; die andern lagen am Boden oder versuchten, sich fortzuschleppen, aber es gelang ihnen nicht, denn sie wurden umstellt, und wer sich nicht ergab, der wurde niedergemacht. Kurze Zeit später brannten zahlreiche Feuer draußen vor der Mauer, und man konnte die schauerliche Ernte sehen, welche der Tod in so kurzer Zeit gehalten hatte. Ich mochte nichts sehen, gar nichts. Ich wandte mich ab und ging nach der Wohnung des Colonels. Kaum hatte ich mich dort niedergelegt, so trat auch Winnetou ein. Ich blickte ihm erstaunt entgegen.
    „Mein roter Bruder kommt?“ fragte ich. „Wo hat er die Skalpe seiner Feinde, der Sioux-Ogellallah?“
    „Winnetou wird keinen Skalp mehr nehmen“, antwortete er. „Seit er die Musik vom Berg herab gehört hat, tötet er den Feind, aber läßt ihm die Haarlocke seines Hauptes. Howgh!“
    „Wie viele hat der Apache getötet?“
    „Winnetou zählt nicht wieder die Häupter der Gefallenen. Warum soll er zählen, da sein weißer Bruder keinen tötet!“
    „Woher weißt du das?“
    „Warum schwieg das Gewehr meines Freundes Scharlih, bis die weißen Mörder an ihm vorüberflohen? Und warum schoß er diese nur in das Bein? Nur diese allein hat Winnetou gezählt. Es sind ihrer acht. Sie liegen draußen und sind gefangen, denn sie konnten nicht entkommen.“
    Diese Zahl stimmte; ich hatte also gut getroffen und meinen Zweck erreicht, einige der Railtroublers in unsere Hand zu bekommen. Vielleicht war Haller dabei. Vom übrigen mochte ich nichts sehen, denn ich war ja ein Mensch und ein – – Christ!
    Es dauerte nicht lange, so trat Walker herein.
    „Charles, Winnetou, kommt heraus! Wir haben ihn!“ rief er.
    „Wen?“ fragte ich.
    „Haller.“
    „Ah! Wer hat ihn gefangen?“
    „Niemand. Er war verwundet und konnte nicht weiter. Es ist wunderbar! Es sind acht Railtroublers verwundet worden, und alle acht an derselben Stelle, nämlich am Beckenknochen, so daß sie sofort stürzten und liegenblieben.“
    „Das ist allerdings eigentümlich, Fred!“
    „Es hat sich nicht ein einziger verwundeter Ogellallah ergeben, aber diese acht Weißen haben um Pardon gebeten.“
    „Sind ihre Wunden lebensgefährlich?“
    „Man weiß es nicht; man hat noch keine Zeit zur Untersuchung gehabt. Warum sitzt Ihr hier? Kommt heraus! Es sind im allerhöchsten Fall nur achtzig Feinde entkommen!“
    Das war fürchterlich! Aber hatten sie es besser verdient? Diese Menschen hatten heut eine Lehre erhalten, von welcher sicherlich noch in später Zeit erzählt wurde. Es gab Szenen, welche jeder Feder spotten, und als ich am frühen Morgen die Leichen hoch getürmt übereinandergeschichtet sah, da mußte ich mich

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