Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
fröstelnd abwenden. Ich mußte unwillkürlich an das Wort eines neueren Gelehrten denken, daß der Mensch das größte Raubtier sei.
    Erst am Nachmittag kam per Bahn ein Arzt, welcher die Verwundeten untersuchte. Ich hörte, daß Haller nicht zu retten sei. Er selbst hatte bei der Erklärung, daß seine Wunde tödlich sei, nicht die mindeste Reue gezeigt. Walker war zugegen gewesen. Er kam zu mir hereingestürzt und rief mir mit erschrockenem Gesicht zu:
    „Charles auf! Wir müssen fort!“
    „Wohin?“
    „Nach Helldorf-Settlement.“
    Dieses Wort erschreckte mich.
    „Warum?“ fragte ich.
    „Weil es von den Ogellallah überfallen wird.“
    „Mein Gott! Ist's möglich! Woher wißt Ihr das, Fred?“
    „Dieser Haller hat es gesagt. Ich saß bei ihm und sprach mit dem Colonel. Dabei erwähnte ich den Abend, welchen wir auf Helldorf-Settlement verlebten. Haller lachte höhnisch auf und meinte, daß wir einen solchen Abend dort wohl nicht wieder erleben würden. Und als ich in ihn drang, erfuhr ich, daß die Niederlassung überfallen werden soll.“
    „Herr des Himmels, wenn dies wahr wäre! Fred, hol rasch Winnetou, und laßt unsere Pferde kommen. Ich will selbst zu Haller.“
    Ich hatte diesen Menschen noch nicht wiedergesehen. Als ich in das Blockhaus trat, in welchem die verwundeten Gefangenen lagen, stand gerade der Colonel bei ihm. Er lag todesbleich auf einer blutigen Decke und stierte mich mit trotzigen Augen an.
    „Ihr seid Rollins oder Haller?“ fragte ich ihn.
    „Was geht Euch das an!“ antwortete er.
    „Mehr als Ihr denkt!“ meinte ich.
    Ich konnte mir denken, daß ich auf eine direkte Erkundigung keine Auskunft erhalten werde; ich mußte es anders anfangen.
    „Ich wüßte nicht! Packt Euch fort!“ rief er.
    „Es hat keiner ein so großes Recht, Euch zu besuchen“, sagte ich. „Die Kugel, die Euch im Leben sitzt, ist von mir.“
    Da wurden seine Augen größer; das Blut schoß ihm in das Gesicht, so daß die Narbe anschwoll, und er schrie:
    „Hund, sagst du die Wahrheit?“
    „Ja.“
    Das, was er jetzt förmlich brüllte, ist nicht wiederzugeben, ich aber blieb scheinbar ruhig und sagte:
    „Ich wollte Euch nur verwunden, und als ich hörte, daß Ihr sterben müßt, bedauerte ich Euch und machte mir Vorwürfe. Nun ich aber sehe, welch ein Bösewicht Ihr seid, kann ich ruhig sein. Ich habe der Welt einen Segen erwiesen, indem ich Euch verwundete. Ihr und Eure Ogellallah werden keinen Schaden mehr anrichten!“
    „Meinst du?“ fragte er, indem er mir seine langen Zähne wie ein gefangenes Raubtier entgegenfletschte. „Geh doch einmal nach Helldorf-Settlement, he!“
    „Pshaw! Das liegt sicher!“
    „Sicher? Da gibt es keinen Stein mehr auf dem andern. Ich selbst habe diesen guten Ort ausgekundschaftet, und es war ausgemacht, daß erst Echo-Cañon und dann Helldorf-Settlement genommen werden soll. Hier ist es uns nicht gelungen, dort aber wird es desto besser gelingen, und die Settler werden mit tausend Martern büßen müssen, was Ihr hier an den Meinen und den Ogellallah verschuldet habt!“
    „Gut, das wollte ich wissen! Haller, Ihr seid ein verstockter, aber auch ein sehr alberner Sünder. Wir werden jetzt nach Helldorf reiten, um zu retten, was zu retten ist. Und wenn die Settler von den Ogellallah vielleicht fortgeschleppt worden sind, so werden wir sie wieder holen. Dies hätten wir aber nicht gekonnt, wenn Ihr verschwiegen gewesen wäret.“
    „Den Henker werdet Ihr wieder holen, aber keine Gefangenen!“ rief er erbost.
    Da hob sein Nachbar, ein Kamerad von ihm, der mich unausgesetzt angestiert hatte, den Kopf und sagte:
    „Rollins, glaube es. Dieser wird sie wieder holen. Ich kenne ihn. Es ist Old Shatterhand!“
    „Old Shatterhand!“ rief der Angeredete. „All devils, also darum acht solche Schüsse! Nun, so will ich wünschen – – –“
    Ich wandte mich schnell ab und ging; die Flüche dieses Bösewichtes mochte ich nicht hören. Der Colonel folgte mir und sagte ganz erstaunt:
    „Ist's wahr, Sir, daß Ihr Old Shatterhand seid?“
    „Ja. Dieser Mann hat mich wohl einmal auf einem meiner Jagdzüge getroffen. Aber wißt Ihr, Colonel, Ihr müßt mir Leute geben. Ich muß sofort nach Helldorf-Settlement!“
    „Hm, mein werter Sir, das geht nicht. Ich ginge gleich mit und nähme auch alle meine Leute mit; aber ich bin Bahnbeamter und habe meine Pflichten zu erfüllen.“
    „Aber, Sir, sollen diese armen Settlers umkommen? Ihr könnt das bei Gott niemals

Weitere Kostenlose Bücher