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03 - Winnetou III

03 - Winnetou III

Titel: 03 - Winnetou III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Hochgenuß kommen, Old Shatterhand sterben zu sehen, und darum mußte ihre Rückkehr abgewartet werden.
    Ich verhielt mich bei Verkündung dieses Urteilsspruches natürlich so, wie sich ein Mann, der den Tod nicht fürchtet, verhalten muß, sagte aber das, was ich zu sagen hatte, so kurz wie möglich und hütete mich sehr, eine Äußerung zu tun, durch welche meine roten Richter sich beleidigt fühlen konnten.
    Das war dem in solchen Fällen gewöhnlichen Verhalten ganz entgegengesetzt, da es für ein Zeichen des Mutes gehalten wird, wenn der Verurteilte seine Peiniger auf alle mögliche Weise zu erbittern trachtet. Ich unterließ das wegen Pida, der sich so edelmütig gegen mich benahm, und auch wegen des Verhaltens der Kiowas überhaupt; ich hatte bei ihnen eine ganz andere Aufnahme gefunden, als nach ihrem Charakter und der zwischen ihnen und den Apachen herrschenden Feindschaft zu erwarten gewesen war. Daß die Ruhe, welche ich zeigte, mir für Feigheit ausgelegt werden könne, das hätte wohl ein anderer zu befürchten gehabt, ich aber nicht.
    Als ich zurückgeführt wurde, um wieder an den Baum des Todes gebunden zu werden, kam ich an dem Zelt vorüber, welches dem alten ‚Eine Feder‘ gehörte. Seine Tochter stand unter dem Eingang. Mir gar nichts dabei denkend, blieb ich stehen und fragte sie:
    „Meine junge rote Schwester freut sich wohl auch sehr darüber, daß der böse Old Shatterhand ergriffen worden ist?“
    Sie errötete wie vorhin, als ich ihr zunickte, zögerte einen Augenblick und antwortete dann:
    „Old Shatterhand ist nicht bös.“
    „Woher weißt du das?“
    „Alle wissen es.“
    „Warum wollt ihr mich denn da töten?“
    „Du hast Tangua gelähmt und bist kein Bleichgesicht mehr, sondern ein Apache.“
    „Ich bin ein Bleichgesicht und werde es stets bleiben.“
    „Nein, denn Intschu tschuna hat dich damals unter die Apachen aufgenommen und dich sogar zu einem ihrer Häuptlinge gemacht. Hast du nicht Winnetous Blut und er das deinige getrunken?“
    „Das haben wir allerdings getan; aber es hat nie ein Kiowa durch mich ein Leid erlitten, außer wenn er selbst mich dazu zwang; das mag ‚Dunkles Haar‘ ja nicht vergessen!“
    „Wie? Old Shatterhand kennt meinen Namen?“
    „Ich habe mich nach ihm erkundigt, denn ich sah, daß du die Tochter eines großen und vornehmen Kriegers bist. Mögest du noch so viele schöne Sonnen erleben, wie mir nur noch Stunden übrig bleiben!“
    Ich ging. Meine Wächter hatten nichts dagegen gehabt, daß ich mit ihr sprach; ein anderer Gefangener wäre nicht mit solcher Rücksicht behandelt worden. Das war nicht bloß eine Folge von Pidas Charakter und Gesinnung, sondern sicher auch des Umstandes, daß sein Vater ein anderer geworden war. Und diese Veränderung hatte ihren Grund nicht in dem Alter, welches entweder milder stimmt oder die Tatkraft raubt, sondern die Gesinnung des Sohnes hatte ihren Einfluß auf den Vater nicht verfehlt. Ein edles Reis gibt dem alten Stamm neuen Wert und bessere Säfte.
    Als ich wieder angebunden war, blieben mir nicht nur die Krieger, sondern auch die Weiber und die Kinder fern; es schien ein darauf bezüglicher Befehl erteilt worden zu sein, und das war mir lieb, denn es ist nicht angenehm, als seltenes Schaustück an einem Baum zu hängen und angestaunt zu werden, wenn es auch nur von Kindern ist.
    Später sah ich ‚Dunkles Haar‘ aus ihrem Zelt treten; sie hatte ein flaches, tönernes Gefäß in der Hand und kam damit zu mir.
    „Mein Vater hat mir erlaubt, dir zu essen zu geben. Willst du es nehmen?“ fragte sie.
    „Gern“, antwortete ich; „nur kann ich mich meiner Hände nicht bedienen, weil sie gefesselt sind.“
    „Du brauchst nicht losgebunden zu werden; ich will deine Dienerin sein.“
    Das, was sie gebracht hatte, war gebratenes und in Stücke zerschnittenes Büffelfleisch. Sie hatte ein Messer in der Hand, mit welchem sie die Stücke anspießte und mir in den Mund schob. Old Shatterhand, von einer jungen Indianerin wie ein Kind ‚gefüttert‘! Ich hätte trotz meiner keineswegs beneidenswerten Lage darüber lachen können. Zu schämen brauchte ich mich nicht, denn die, welche sich mir so hilfreich erwies, war keine zimperliche weiße Lady oder Signorina, sondern eine Kiowa-Indianerin, welcher solche Situationen nicht fremd waren.
    Die beiden Wächter sahen sehr ernsthaft zu, doch schien es mir, als ob sie nur mit Anstrengung ein Lächeln unterdrückten. Als ich den letzten Bissen erhalten hatte,

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