03 - Winnetou III
hielt es der eine von ihnen an der Zeit, das gute Mädchen dadurch zu belohnen, daß er aus der Schule schwatzte:
„Old Shatterhand hat gesagt, daß ‚Dunkles Haar‘ ihm sehr gefällt.“
Sie sah mich prüfend an; ich glaube, daß ich fast ebenso rot geworden bin, wie sie es war; dann wendete sie sich, um zu gehen. Aber sie hatte nur wenige Schritte gemacht, da drehte sie sich wieder zu mir um und fragte:
„Hat dieser Krieger jetzt die Wahrheit gesprochen?“
„Er fragte mich, ob du mir gefällst, und ich habe ja gesagt“, antwortete ich der Wahrheit gemäß.
Sie ging und ich erteilte dem Plauderer einen Verweis, der aber gar keinen Eindruck auf ihn machte.
Am Spätnachmittag sah ich Gates, welcher zwischen den Zelten umherschlenderte.
„Darf ich einmal mit diesem Bleichgesicht sprechen?“ fragte ich meine Aufseher.
„Ja“, lautete der mir günstige Bescheid. „Doch dürft ihr nicht etwa von Flucht reden!“
„Was das betrifft, so braucht mein roter Bruder keine Sorge zu haben.“
Ich rief Gates zu mir, und er kam langsam und zögernd herbei wie einer, der nicht recht weiß, ob er es tun darf oder nicht.
„Nur immer heran!“ forderte ich ihn auf. „Oder ist Euch verboten worden, mit mir zu sprechen?“
„Mr. Santer sieht es nicht gern“, gestand er.
„Hat er das gesagt?“
„Ja.“
„Das glaube ich. Er befürchtet, daß ich Euch ein helles Licht anbrenne über ihn.“
„Ihr denkt noch immer falsch von ihm, Mr. Shatterhand!“
„Ich nicht, sondern Ihr!“
„Er ist ein Gentleman!“
„Das könnt Ihr nicht beweisen, während ich Euch das Gegenteil mit höchst schlagenden Gründen zu belegen vermag.“
„Ich mag sie nicht hören. Ihr seid ihm einmal feindlich gesinnt.“
„Allerdings, und zwar so feindlich, daß er alle Veranlassung hat, sich vor mir in acht zu nehmen.“
„Vor Euch? Hm! Sir, nehmt es mir nicht übel, wenn ich Euch das sage, aber vor Euch braucht sich niemand mehr in acht zu nehmen.“
„Weil ich hier sterben soll?“
„Ja.“
„Zwischen Sollen und Werden ist ein großer Unterschied. Ich habe schon oft sterben sollen, bin aber noch nicht getötet worden! Könnt Ihr denn wirklich glauben, daß Old Shatterhand ein so schlechter Kerl ist, wie Santer sagt?“
„Ich glaube da alles oder auch nichts. Ihr seid Feinde; wer da recht hat, ob er oder Ihr, das geht mich nichts an.“
„So solltet Ihr mich wenigstens nicht täuschen und belügen!“
„Wann habe ich das getan?“
„In den Mugworthills, als Ihr mir verschwieget, daß die Kiowas da waren. Wäret Ihr ehrlich gewesen, so stände ich jetzt nicht als Gefangener hier!“
„Seid etwa Ihr aufrichtiger gewesen?“
„Habe ich Euch getäuscht oder gar betrogen?“
„Ja.“
„Wann und wie?“
„Ihr nanntet Euch Jones!“
„Das nennt Ihr einen Betrug, Mr. Gates?“
„Natürlich!“
„Betrug ist die widerrechtliche Aneignung eines Vorteils über einen andern. Von so etwas ist aber bei mir keine Rede gewesen. Daß ich meinen Namen verschwieg und einen andern nannte, möchte ich nicht einmal List nennen, sondern es war die einfachste Notwendigkeit. Santer ist ein vielfacher Mörder, ein großartiger Betrüger, ein ganz außerordentlich gefährlicher Mensch; er trachtet auch mir nach dem Leben. Ihr waret seine Gefährten. Durfte ich Euch da sagen, wer ich bin und daß ich nach den Mugworthills wollte?“
„Hm!“ brummte er.
„Nehmt es mir nicht übel, Mr. Gates, aber wenn Ihr da noch im Zweifel seid, ob ich recht habe oder nicht, so kann ich Euch nicht begreifen.“
„Ihr hättet uns trotz alledem die Wahrheit sagen sollen; das wart Ihr uns schuldig!“
„Ich war euch gar nichts schuldig, verstanden! Ihr seid unerfahrene Leute; ja das seid ihr, wenigstens so einem Westmann gegenüber, wie ich bin; da mußte ich zurückhaltend sein. Und dazu hatte euch Santer engagiert, den ihr mit eurem Lob bis zum Himmel erhebt. Da mußte ich meinen Namen verschweigen.“
„Hättet Ihr ihn uns genannt, so hätten wir Euch doch wohl Glauben geschenkt!“
„Nein!“
„Doch!“
„Nein! Das kann ich Euch beweisen.“
„Womit denn?“
„Glaubt Ihr mir etwa jetzt, wo Ihr doch nun wißt, daß ich Old Shatterhand bin?“
„Daran seid Ihr nur selber schuld, weil Ihr uns belogen und hintergangen habt!“
„Ausrede! Ihr wißt jetzt, wer ich bin und weshalb ich meinen Namen verschweigen mußte, und habt, was die Hauptsache ist, gesehen und erfahren, wie Santer gegen mich handelt.“
„Er will
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