03 - Winnetou III
Nun sind sie frei, denn was einmal gesagt ist, das muß auch gelten.“
„Natürlich, denn meine Meinung könnte nun doch nichts mehr entscheiden. Frei sind sie, nämlich von der Anklage auf Mordversuch, doch frei in anderer Beziehung noch nicht. Master Williams, ich werde jetzt eine Frage an Euch richten, und auf Eure Antwort soll es ankommen, was mit Euch weiter geschehen wird. In welcher Richtung erreicht man am schnellsten den Rio Pecos?“
„Grad nach West.“
„In welcher Zeit?“
„In zwei Tagen.“
„Ich halte euch für Stakemen, obgleich ihr uns gestern vor denselben warnen wolltet und obgleich ihr mit eurer Truppe, allerdings nachdem sie gehörig abgeschwächt war, die richtige Richtung eingehalten zu haben scheint. Ihr werdet als unsere Gefangenen zwei Tage lang bei uns bleiben. Sind wir dann noch nicht am Fluß, so ist es um euch geschehen, denn ich selbst werde euch die Kugel oder den Riemen zu kosten geben, oder eine Jury über euch abhalten. Jetzt wißt ihr, woran ihr seid! Bindet sie auf ihre Pferde, und dann vorwärts!“
„Oh, ah, das sein gut!“ meinte Bob. „Wenn nicht kommen an Fluß, Bob werden hängen sie an Baum!“
Bereits nach einer Viertelstunde befanden wir uns unterwegs; die auf ihre Pferde gebundenen Gefangenen waren natürlich in der Mitte. Bob schien sein Amt als Konstabler nicht niederlegen zu wollen; er wich nicht von ihnen und hielt sie unter der strengsten Beaufsichtigung. Sam befehligte den Nachtrab, und ich ritt mit Bernard Marshal voran. Natürlich war das gestrige Ereignis der Gegenstand unseres Gespräches, doch hatte ich keine Lust, mich sonderlich darüber zu verbreiten. Endlich meinte er, von den Voyageurs abbrechend:
„Ist es wahr, was Sans-ear behauptete, daß Ihr den Regen gemacht habt?“
„Ja.“
„Mir unbegreiflich, obgleich ich weiß, daß Ihr nicht die Unwahrheit sagt.“
„Ich ließ es regnen, um uns und Euch zu retten.“
Und nun erklärte ich ihm den höchst einfachen Vorgang, mit Hilfe dessen sich die Wettermacher und Medizinmänner mancher wilder Völkerschaften bei ihren Gläubigen in ungeheuren Kredit zu setzen verstehen.
„Dann haben wir alle Euch also das Leben zu verdanken. Wir wären verschmachtet an der Stelle, an welcher Ihr uns traft.“
„Verschmachtet nicht, sondern ermordet worden. Seht Euch nur die Satteldecken dieser sogenannten Voyageurs an; es befinden sich noch volle Wasserschläuche unter denselben. Sie haben nicht den mindesten Durst gelitten. Ich würde sie unbedingt niederschießen, wenn ich mich nicht scheute, Menschenblut zu vergießen. Wie heißt der jüngste von ihnen, der gestern mit Williams zugleich Wache hatte?“
„Mercroft.“
„Jedenfalls auch ein angenommener Name. Der Bursche kommt mir trotz seiner Jugend am allerverdächtigsten vor, und es ist mir, als hätte ich ein ähnliches Gesicht bereits einmal unter nicht empfehlenden Umständen gesehen. Wehe ihnen, wenn wir zur angegebenen Zeit das Wasser nicht erreichen! Jetzt erzählt mir doch einmal die näheren Umstände bei der Ermordung und Beraubung Eures Vaters!“
„Nähere Umstände gibt es nicht. Allan war nach Francisco gegangen, um Einkäufe in Gold zu machen; wir waren also mit Bob und der Wirtschafterin nur zu vieren, da die Arbeiter und Gehilfen außerhalb des Hauses wohnten. Der Vater ging abends stets aus, wie ihr ja wohl wißt und eines schönen Morgens fanden wir seine Leiche im verschlossenen Hausflur, die Werkstatt und den Laden aber geöffnet und alles Wertvolle geraubt. Er trug stets einen Schlüssel bei sich, welcher alle Türen öffnete. Man hat ihm nach der Ermordung denselben abgenommen und konnte dann mit Hilfe dieses Hauptschlüssels den Raub ohne alle Mühe vollführen.“
„Hattet Ihr keinen Verdacht?“
„Nur einer der Gehilfen konnte den Umstand mit dem Schlüssel wissen, doch alle polizeilichen Nachforschungen sind fruchtlos geblieben; die Gehilfen mußten entlassen werden und sind verschollen. Es befanden sich bedeutende Depositen unter den geraubten Juwelen; ich mußte alles ersetzen und behielt kaum Mittel genug zu der Reise nach Kalifornien übrig, welche ich unternehmen muß, um den Bruder aufzusuchen, dessen Nachrichten so plötzlich unterblieben sind.“
„So habt Ihr keine Hoffnung, des Mörders jemals habhaft zu werden und wenigstens teilweise wieder zu Eurem Eigentum zu kommen?“
„Nicht die mindeste. Die Täter sind mit ihrem Raub jedenfalls längst außer Landes, und obschon ich die Tat in allen
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