03 - Winnetou III
heimischer als seine Landsleute. Er antwortete:
„Saubere Gesellschaft! Drei mormonische Missionare und ein fremder Advokat stehlen mir eine Kuh und machen einen Mordversuch auf meinen Vaquero (Rinderhirt)! Ich werde euch lehren, was das zu bedeuten hat. Ihr seid meine Gefangenen und begleitet mich nach meinem Rancho!“
Sam drehte sich mit pfiffigem Gesichtsausdruck zu mir herum.
„Wollen wir, Charley? Vielleicht gibt es in dem Rancho ein wenig mehr zu essen, als hier!“
„Können es probieren! Wenn der Mann kein Haziendero mit mehreren hundert Untergebenen, sondern ein kleiner Ranchero ist, kann er uns nichts anhaben.“
„Well, wir werden uns also den Spaß machen!“
Er wandte sich wieder zu dem Mexikaner:
„Wollt Ihr Euch wirklich wegen solcher Kleinigkeiten mit uns belästigen, Señor?“
„Ich bin kein Señor, ich bin ein Don, ich bin ein Grande, und man nennt mich Don Fernando de Venango e Colonna de Molynares de Gajalpa y Rostredo, merkt Euch das!“
„Heigh-day, seid Ihr ein großer Herr! Wir werden Euch also gehorchen müssen, doch hoffe ich, daß Ihr gnädig mit uns seid!“
Wir haben keine Miene gemacht, uns zu widersetzen. Jetzt erhoben wir uns, löschten das Feuer aus und stiegen zu Pferd. Dabei lachte Bob vergnügt:
„Oh, ah, schön! Nigger Bob sein Lawyer aus – aus – Bob nicht mehr wissen! In Rancho werden sein viel gut Speis' und Trank, und Bob werden wohnen da sehr viel ganz schön!“
Wir wurden in die Mitte genommen, und fort ging es im sausenden Galopp, wie es diese Mexikaner gar nicht anders gewohnt sind. Dabei hatte ich reichlich Gelegenheit, die Kleidung dieser Leute in Augenschein zu nehmen.
Dieselbe ist so romantisch schön, wie man sie wohl kaum in einem anderen Land findet. Das Haupt ist beschattet von einem niedrigen Hut mit sehr breiter Krempe, dem sogenannten Sombrero, welcher entweder aus schwarzem oder braunem Filz oder aus jenem weichen, feinen Grasgeflecht gefertigt ist, das wir auch in Europa kennen, da Kopfbedeckungen dieser Art unter dem Namen Panamahüte auch zu uns herüberkommen. Der Hut eines Señors, also eines Herrn, mag dieser nun Haziendero, Ranchero oder Räuber sein, ist immer an der einen Seite aufgeschlagen, und eine Agraffe von Gold oder Messing, mit Edelsteinen oder buntem Glas besetzt, hält die Krempe in die Höhe und befestigt zugleich die Schmuckfeder, welche je nach dem Reichtum des Besitzers in der Höhe des Preises wechselt, aber niemals fehlen darf.
Der Mexikaner trägt eine kurze, offene Jacke mit weit aufgeschlitzten Ärmeln. An diesen Ärmeln sowohl als auch auf den Nähten des Rückens und auf den beiden Bruststücken ist sie mit möglichst reichen Stickereien versehen, welche von seinen Schnüren aus Wolle, Baumwolle oder Seide, aus unedlen Metallen oder aus Gold und Silber bestehen.
Um den Hals wird ein schwarzes Tuch geschlungen und vorn in einem kleinen Knoten vereinigt. Die Zipfel dieses Tuches würden lang genug sein, um bis über den Gürtel herabzureichen; doch ist es nicht Mode, dieselben in dieser Weise zu tragen, sondern sie werden über die Schultern geschlagen, was dem Träger ein höchst malerisches Aussehen gibt.
Das Beinkleid ist von ganz besonderem Stil; es schließt um den Gürtel fest an, liegt stramm und glatt auf den Hüften und dem übrigen Teil des Oberkörpers, den es bedeckt. Die Hose aber wird von ihrer Beinteilung an nach unten immer weiter; sie ist unten doppelt so weit als an dem dicksten Teil der Lenden. Überdies ist das Beinkleid an den äußeren Seiten aufgeschlitzt, mit breiten Tressen und Stickereien geschmückt und der Schlitz mit Seidenzeug gefüllt, dessen Farbe so gewählt wird, daß sie sehr lebhaft gegen diejenige der eigentlichen Hose absticht.
Auch die aus fein lackiertem Leder gefertigten Stiefel sind stets mit Stickereien geziert. Zu ihnen gehören unbedingt zwei Sporen von ungeheueren Dimensionen. Sie bestehen entweder aus Silber oder aus schönem, durchbrochenem Messing, vielleicht gar aus Horn, mit einer Knochenspitze, die ganz geeignet ist, dem armen Pferd tiefe Wunden in die Seiten zu bohren. Die Größe dieser Sporen übertrifft alles, was jemals die gepanzerten Ritter im Mittelalter trugen. Sie sind mit dem Gabelteil reichlich zehn Zoll lang, wovon also mindestens sechs auf die Stange kommen, welche das ‚Rad‘ trägt. Was wir bei uns ‚Rädchen‘ nennen und dann die ungefähre Größe eines Groschens hat, ist bei dem Mexikaner ein zwölfstrahliger Stern von sechs
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