03 - Winnetou III
Steigbügel, häufig an silbernen Ketten hängend, sind doch gewöhnlich von Holz und waren in alten Zeiten wirkliche, eigentliche Schuhe, welche den Fuß bedeckten und gegen jede Verletzung oder Beschädigung beschützten. Die Holzschuhe hat man abgelegt, dagegen die hölzernen Bügel beibehalten; um aber den Fuß dennoch gegen eine Verletzung zu schützen, trägt der vordere Teil des Bügels lederne Decken (Tapareros), die schön mit Drahtstickereien verziert sind und den Vorderfuß umschließen. Sehr reiche Leute haben wohl den Steigbügel von durchbrochenem Eisenblech, kostbar gearbeitet, ganz so, wie wir sie in alten Rüstkammern zu sehen bekommen. Da sich der Reiter gegen alles mögliche schützen will, so hat er auch noch die Armas de Pelo an jeder Seite des Sattelknopfes hängen. Das sind derbe Ziegenfelle, mit der Haarseite nach außen, welche bei Regenwetter über die Lenden und die Knie gedeckt werden. Auch wenn man durch dorniges Gestrüpp reitet gewähren sie einen sehr guten Schutz für die Beine. – – –
Nach ungefähr einer halben Stunde tauchte ein Gebäude vor uns auf, in welchem wir den Rancho vermuteten. Wir sprengten in den geräumigen Hof und stiegen ab.
„Señora Eulalia, Señorita Alma, kommt, kommt, und seht, wen ich bringe!“ rief der Ranchero, gegen das Hauptgebäude gewendet, mit lauter Stimme.
Auf diesen Ruf kamen zwei Wesen mit solcher Hast und Eile aus der Tür gerannt, daß ich unwillkürlich an Schillers Wort dachte:
„Da speit das doppelt geöffnete Haus Zwei – Damen auf einmal aus.“
Ja, Damen waren es, eine Señora und eine Señorita, wie wir gehört hatten, aber die Stallmagd eines Lüneburger Heidebauern hätte gegen sie wie eine Doña ausgesehen. Beide waren barfuß und barhäuptig; ob das seltsame Gewirr, welches sie auf dem Kopf trugen, Haare sein sollten, konnte ich nicht unterscheiden. Ein kurzer Rock deckte die oberen Beine, während die unteren einen Schmutzüberzug zeigten, den man sehr leicht für Stulpenstiefel hätte halten können. Den Oberkörper schützte nur ein Hemd, welches vor Jahren vielleicht einmal weiß gewesen war, nun aber aussah, als sei es zum Ausputzen des Kamins benutzt worden.
Also sie kamen aus der Tür herausgeschossen und starrten uns mit weit aufgerissenem Mund an.
„Wen bringt Ihr uns da, Don Fernando de Venango e Colonna?“ kreischte die ältere der beiden Frauen. „Was wird das für Arbeit geben, wenn fünf stockfremde Gäste essen, trinken, spielen, rauchen und schlafen wollen! Das kann ich nicht leiden; das kann ich nicht dulden; lieber laufe ich auf der Stelle fort und lasse Euch mit Eurem ganzen Gesindel in diesem unglückseligen Rancho allein. Ich wollte, ich hätte mich niemals von Euch bereden lassen, mein schönes San Jose zu verlassen und – – –“
„Aber Mutter, siehst du denn nicht, daß dieser Don unserm guten Don Allano so ähnlich sieht!“ meinte die jüngere, indem sie auf Marshal deutete.
„Mag er ihm ähnlich sehen, er ist es nicht!“ antwortete die andere, sichtlich erbost über die Unterbrechung ihres ausgezeichneten Redeflusses. „Wer sind diese Männer, und wer wird die Arbeit mit ihnen haben? Ich, sonst kein anderer Mensch. Und das will etwas sagen, wenn man so schon für eine unendliche Wirtschaft zu sorgen hat, wie die unsrige ist. Ich weiß oftmals gar nicht, ob ich einen Kopf habe oder nicht, und wenn ich nun gar noch für fünf fremde Gäste zu – – –“
„Aber Señora Eulalia, es sind ja gar keine Gäste!“ fiel jetzt der Ranchero in die Rede.
„Keine Gäste? Was denn, Don Fernando de Venango e Colonna?“
„Gefangene, Señora Eulalia.“
„Gefangene? Weshalb sind sie gefangen, Don Fernando de Venango de Molynares?“
„Sie haben uns eine Kuh und drei Vaqueros getötet, meine liebe Señora Eulalia.“
Es war wirklich interessant, mit welcher Unverfrorenheit er unsere Untaten multiplizierte.
„Eine Kuh und drei Vaqueros!“ rief sie, die rußfarbenen Hände zusammenschlagend, daß unsere Pferde erschrocken die Ohren spitzten. „Das ist ja schrecklich – gräßlich – himmelschreiend! Habt Ihr sie auf der Tat ertappt, Don Fernando e Colonna de Gajalpa?“
„Nicht bloß auf einer, sondern auf allen Taten, Señora Eulalia. Und sie haben sie nicht nur getötet, sondern auch gebraten und verzehrt.“
Die Augen der Doña wurden noch einmal so groß.
„Gebraten und verzehrt? Die Kuh oder die drei Vaqueros, Don Fernando de Gajalpa y Rostredo?“
„Zuerst
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