030 - Bei den drei Eichen
sehr in Eile benutzt worden war, wie ein brauner Fleck auf dem Brett verriet.
»Nach dieser Entdeckung habe ich jedes Eckchen genau abgesucht«, fuhr die Haushälterin eifrig fort, »und ich glaube, daß jemand unter dem Hahn der Badewanne eine Wunde ausgewaschen hat.«
Ein kleiner Fleck auf dem makellosen Weiß der Badewanne schien ihre Vermutung zu bestätigen.
»Sie hätten Detektiv werden sollen«, scherzte Socrates und sagte zu Stein: »Demnach dürfen wir es wohl als Tatsache ansehen, daß Jetheroe hierher zurückgekommen ist und seine Wunde behandelt hat. Aber warum ist er nicht hiergeblieben? Aus welchem Grund ist er wohl wieder verschwunden?«
»Wann war Mr. Jetheroe wohl hier?« forschte Stein.
»Ich könnte darüber auch nicht die kleinste Angabe machen. Wir sind ja alle zur gewohnten Zeit zu Bett gegangen und hatten überhaupt keine Ahnung, daß Mr. Jetheroe etwas zugestoßen war, bis uns um drei Uhr morgens die Polizei herausgetrommelt hat.«
»Wollen Sie mir jetzt bitte auch das Schlafzimmer zeigen«, verlangte Smith, nachdem er noch einmal im Bad gründlich Umschau gehalten hatte.
Mr. Jetheroe war - wie die Haushälterin erzählte - ein sehr ordentlicher, beinahe schon pedantischer Mann, der seine Wäsche und Garderobe stets eigenhändig fortlegte.
»Wir wollen uns erst mal seine Anzüge ansehen«, schlug Socrates vor und öffnete einen Kleiderschrank.
Schon der zweite Anzug, den er vom Bügel nahm, beseitigte jeden noch etwa vorhandenen Zweifel über das Schicksal Jetheroes. Es war ein dunkler Jagdrock, dessen linke Seite sich merkwürdig steif anfühlte. Socrates trat mit ihm ans Fenster.
»Diesen Rock hat er getragen, als er angegriffen wurde -die eine Schulter ist ganz hart von getrocknetem Blut. Also ist Jetheroe am Leben!«
»Aber wo ist er?«
Smith zuckte die Schultern. »Ich glaube, daß wir in ein oder zwei Tagen den Grund seines Verschwindens erfahren werden. Vielen Dank!« verabschiedete er sich von der Haushälterin. »Und machen Sie sich keine Sorgen mehr um Ihren Herrn.«
Eine Viertelstunde später stand Socrates auf der schönen Freitreppe des ›Prinzenhofes‹, und erst jetzt brach er das Schweigen, das er auf dem ganzen Weg von der Weißen Villa bis zu Bob Steins Landsitz eingehalten hatte.
»Diese Entdeckung befreit mich von einer großen persönlichen Sorge«, bemerkte er in seiner ruhigen Art.
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte der andere überrascht. »Ging Ihnen Jetheroes Verschwinden denn so sehr zu Herzen?«
»Zu Herzen gehen? Das ist wohl nicht der richtige Ausdruck. Aber dadurch, daß sich Jetheroe noch unter den Lebenden befindet erhalte ich noch eine Atempause; denn der unbekannte Mörder John Mandles wird erst Jetheroe beseitigen wollen, bevor er sich an mich heranmacht.«
»An Sie . . .?« sagte Stein langsam. »Also fühlen Sie sich bedroht?«
»Ich bin vollkommen davon überzeugt, daß er auch mich umbringen will, und ich male mir aus, daß die Methode meiner Vernichtung eine sehr interessante sein wird - sowohl für mich als auch für den anderen«, setzte er grimmig hinzu.
Kurz nach ihnen trafen auch Molly Templeton und Lex ein.
Bob Stein hatte für Molly das schönste Zimmer des Hauses bestimmt, einen großen Raum, der auf die Parkanlage hinausging.
Molly freute sich aufrichtig über Steins Fürsorge, weit mehr indes über die guten Nachrichten Jetheroe betreffend.
»Ob er wohl hier in der Nahe geblieben ist . . .?« grübelte sie, als sie nach Tisch in Socrates' Begleitung im Garten spazierenging.
»Das glaube ich nicht.«
»Aber warum versteckt er sich . . .? Er hat doch nichts Böses getan.«
»Nein, Molly, Mr. Jetheroe hat in der letzten Zeit nichts Böses getan.«
»In ... in der letzten Zeit?« stammelte sie.
»Mr. Jetheroe hat ein hartes Leben hinter sich«, begann Socrates vorsichtig. Vielleicht war jetzt der Moment gekommen, um Molly ihre nahe Verwandschaft mit Jetheroe zu erklären. »Aber Sie müssen bedenken, mein Kind, daß dem jetzigen Mr. Jetheroe die Dummheiten seiner Jugend kaum angelastet werden können. Ich sagte bereits: Er hat ein hartes Leben hinter sich und er hat viel Schweres erdulden müssen.«
Das junge Mädchen war blaß geworden.
»Glauben Sie, daß er an der Ermordung Mr. Mandles beteiligt war?«
»Durchaus nicht, er ist daran vollkommen unschuldig!« beruhigte er sie. »Es umgibt Ihn nur ein kleines Geheimnis, das aufgeklärt werden muß.«
»Aber warum versteckt er sich? Was hat er zu
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