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030 - Bei den drei Eichen

030 - Bei den drei Eichen

Titel: 030 - Bei den drei Eichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Tisch in der Mitte war wie zu einer Mahlzeit gedeckt; an einer seiner Schmalseiten stand ein halb zur Seite geschobener Stuhl. Zur Linken des Tellers hob sich von der Staubschicht ein kleiner, schwarzer, zylinderförmiger Gegenstand ab.
    Socrates blies den umhüllenden Staub fort, der in dicken Wolken aufwirbelte.
    »Eine Zigarre! Siehst du, wie sie das Tischtuch verbrannt hat? Diesen dünnen, ungeschickt gerollten Stengeln begegnet man bei englischen Rauchern wohl nicht.«
    Er ging hinaus und kehrte mit einem Besen zurück.
    »Mach die Fenster auf, Lex. Ich werde mal ein bißchen den Fußboden kehren.«
    Er hatte noch kaum damit begonnen, als er innehielt und sich niederbeugte. In seinen Nerven begann es zu prickeln beim Erscheinen eines unregelmäßigen, schwarzen Flecks auf den ungestrichenen Dielen, eines Flecks, wie er ihn ähnlich bei mancher früheren Gelegenheit gesehen hatte.
    »Lex, weißt du, was das ist . . .? Blut!«
    »Bist du ganz sicher?«
    »In zwei Minuten werde ich noch sicherer sein«, antwortete Socrates, indem er die Stelle mit seinem Taschenmesser abschabte, die Krümel zum Fenster trug und durch ein Vergrößerungsglas betrachtete.
    »Die Kristalle sind ganz klar erkennbar ... Wenn wir wieder im Hotel sind, werde ich eine Analyse machen. Aber es besteht gar kein Zweifel, es Ist Blut! Aber wessen Blut?«
    Seine scharfen Augen tasteten den ganzen Raum ab, schienen aber nichts zu entdecken; dann arbeitete er von neuem mit dem Besen, bis der ganze Fußboden gekehrt war. »Aha«, er nickte, »hier gehen die Spuren weiter zur Tür. Wahrscheinlich können wir sie auch in der Diele verfolgen.«
    Soc hatte richtig vermutet. Es existierten Flecken, die wahrscheinlich bis in den Garten führten. Vor der Türschwelle hatten jedoch Wind und Wetter alle weiteren Spuren zerstört.
    Ernst und nachdenklich kehrten die Brüder in den Raum zurück, der offenbar einmal das Speisezimmer gewesen war.
    »Was ist denn das?« stieß Socrates plötzlich hervor und wies auf ein rundes Loch in der Decke.
    Sofort kletterte er auf den Tisch und brach mit seinem Messer den Verputz los, so daß seine Finger den darunterliegenden Deckenbalken befühlen konnten.
    »Habe ich es mir doch gedacht!«
    Er bohrte geschickt mit der Messerspitze weiter, und ein Metallklümpchen von dunkler Farbe fiel in seine Handfläche.
    »Nun sag doch, was du gefunden hast!« drängte Lexington.
    »Eine Kugel, mein Junge, die schon durch einen Körper gegangen ist, denn sie büßte bereits ihre Form ein, ehe sie ins Holz einschlug.«
    »Also ein Mord?« flüsterte sein Bruder.
    »Entweder ein Mord - oder ein Mordversuch.«
    Im oberen Stockwerk befanden sich zwei Schlafzimmer, die beide möbliert waren. Aber nur ein einziges der Betten enthielt Kissen und Decken - verschlissen und zerfressen. Neben dem Bett gähnte ein geöffneter leerer Lederkoffer, aus dessen Deckelfutter man das Firmen- oder Namensschild herausgeschnitten hatte. Leer war auch ein unter dem Bett liegender Koffer.
    »Eine merkwürdige Geschichte«, brummte Socrates. »Reisende pflegen ihre Kleidung doch nicht als Bündel unter dem Arm mitzunehmen und die Koffer zurückzulassen. Vielleicht finden wir in der Küche eine Erklärung.«
    Die Küche lag auf der Rückseite des Hauses, ein großer Raum mit niedriger Decke. Die beiden Fenster waren nicht nur vergittert, sondern überdies noch durch schwere Läden und Eisenstangen gesichert; es kostete mehr als eine halbe Stunde Arbeit, um das Tageslicht hereinzulassen.
    Socrates' erster Blick galt dem ungefügen, altmodischen Herd. Sein Inneres war von wahren Aschenbergen angefüllt, die zum Teil sogar herausgequollen waren und sich auf dem Fußboden mit dem Staub von Jahrzehnten vermischt hatten.
    »Wenn das nicht der Rest eines Kragens ist, will ich Brown heißen«, ließ sich Socrates, der in dem grauen Pulver wühlte, nach einer Weile vernehmen. »Aber mehr kann ich auch nicht entdecken. Komm, Lex, zurück ins Eßzimmer!«
    Auch auf dem Rost des Kamins häufte sich die Asche. Mit unendlicher Sorgfalt, Schicht um Schicht, Flocke um Flocke, durchsuchte sie Socrates - und seine Mühe wurde belohnt. Denn eingeklemmt zwischen zwei Ziegelsteinen lag ein dreieckiges, stark versengtes Stück Papier.
    Socrates holte es mit einer Pinzette heraus und hielt es unter die Lupe. »Nanu . . .?«
    Neugierig schaute ihm Lexington über die Schulter und versuchte vergebens zu begreifen, wieso dies Gewirr violetter Linien auf gelbem Papier den gelassenen

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