030 - Die Teufelshexe
nie mit viel Klamauk, sondern heimlich, auf leisen Sohlen.
Außerdem hatten sie im Keller gegen einen Rohrbruch anzukämpfen. Im Dunkeln versuchten sie, die schadhafte Stelle zu finden, und sie standen bereits bis zu den Waden im brakigen Wasser.
Als aber das Hämmern an der Tür nicht aufhörte, murmelte Martha: »Warum machen die Bernhardis eigentlich nicht auf? Was ist da los?«
Kitty stockte der Atem. »Verdammt und zugenäht«, fluchte sie. »Los, ’raus aus dem Keller...«
Kitty riß sich die Haut am Unterarm an den Scherben im Fensterrahmen auf, als sie durch das Kellerfenster kletterten. Martha folgte ihr unmittelbar. Als sie oben neben ihrem Wagen standen, bemerkten sie die offene Hintertür.
»Ein Leichtsinn ohnegleichen«, schimpfte Martha leise. »Es wäre möglich, daß es keine Polizei ist, die an die Haustür klopft«, fügte sie hinzu.
Sie starrten sich im Finstern an.
»Los, ich geh’ rechts ums Haus, du links...«
»Waffe entsichern?«
»Ja.« Kitty hielt die Dienstwaffe schon in der Hand.
Sie entfernten sich voneinander.
Martha stieß im Weiterschleichen mit dem Schuh gegen den Kadaver des Pudels Percy.
Martha untersuchte den Kadaver, der schon ganz kalt war. Also war er schon mehrere Stunden tot, allerdings konnte der heftige Regen auch zur schnellen Erkaltung des Tierkadavers beigetragen haben. Eine genaue Feststellung der Todeszeit war im Augenblick nicht möglich.
Sie war alarmiert.
Bedeutete der Tod Percys, daß das Monster hier war?
Sie nahm ihren schußbereiten Revolver fester in die Hand und bog jetzt um die Ecke der vorderen Hausfront.
Über der Haustür schaukelte eine schmiedeeiserne Laterne. Vor der Haustür stand eine Gestalt im langen Mantel. Sie hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Türfüllung.
»Ihr entkommt mir nicht — aufmachen, sonst breche ich die Tür ein!« befahl die heisere, drohende, jetzt vor Wut völlig entstellte« Stimme.
Martha Flanders hob langsam die Faust mit der Waffe.
»Hände hoch!« rief sie hell. »Hier ist die Polizei.«
Wenn Martha wollte, konnte sie ihrer Stimme die Lautstärke einer Sirene geben.
Yola Dominique fuhr herum.
Der Schleier klebte an ihrem Gesicht. Sie erfaßte sofort die Situation. Dort stand ein Mädchen. Und sie hatte bereits mit diesem Mädchen einmal gesprochen: Vor dem Haus Flachsbohnenweg 4. Sie hatte dieses Mädchen und ein anderes nach dem Bahnhof gefragt.
Es waren also Polizeibeamtinnen gewesen.
Noch empfand Yola Dominique keine Angst. Sie versuchte blitzschnell mit der jungen Beamtin Gedankenverbindung aufzunehmen und ihr zu befehlen, die Waffe gegen sie sinken zu lassen, aber es gelang ihr nicht.
Da griff Yola Dominique in ihre Handtasche.
»Sie sollen doch die Hände hochheben«, befahl Martha, »meine Waffe ist entsichert. Ich brauche nur den Zeigefinger zu bewegen... Los, gehorchen Sie!«
Genauso hatten sie es in der Polizeischule gelernt. Das erstemal durfte Martha in der Praxis einen Verdächtigen verhaften.
Es war ein großer Augenblick für Martha.
Vielleicht war sie dadurch für Sekunden unaufmerksam.
Die Hand der Frau an der Haustür zuckte hoch und hielt ein blitzendes Etwas hoch.
Was ist das? dachte Martha. Ein Messer?
Es flog bereits wie eine silberne Rakete auf sie zu.
Martha konnte es nicht glauben. Wie konnte diese Frau sie angreifen, obwohl sie sie verhaftet hatte?
Sie sprang im allerletzten Augenblick zur Seite, konnte aber nicht verhindern, daß die Spitze des Dolches ihr durch den Rock fuhr und sich in den rechten Oberschenkel spießte.
Mit einem Wehlaut sank Martha zusammen.
Da bellte ein Schuß auf, und ein zweiter...
»Hände hoch!« rief jetzt Kitty. »Wird’s bald?«
»Ich bin verletzt«, wimmerte Yola Dominique. Sie tat, als ob ihr Körper sich zusammenkrümmen müßte, denn Kitty Dobson stand noch zu weit von ihr entfernt, und ihre Waffe hatte bestimmt noch vier Schuß in der Trommel.
Ich muß sie heranlocken, dachte sie.
»Au, au«, stöhnte die Hexe mit dem Totengesicht. »Hilfe...«
Kitty kam vorsichtig näher.
»Vorsicht«, warnte Martha mit matter Stimme, »sie wirft mit scharfen Dolchen. Ich bin verwundet, Kitty.«
»Verwundet?« Kittys Hand mit der Waffe schaukelte auf und ab. »Wie denn? Schlimm?«
»Weiß nicht. Paß auf, die ist gemeingefährlich, Kitty...«
»Au, au...«, jammerte die Dominique.
»Paß auf, das kann ein Trick sein«, warnte Martha.
Aus ihrer gekrümmten Haltung heraus schleuderte die Mörderin ihren letzten Dolch.
Eine
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