0306 - Die Träne des Teufels
alles geben, um dies noch einmal rückgängig zu machen.«
Ich wußte einfach nicht, ob ich die Geschichte glauben sollte, denn ich konnte sie mir nicht vorstellen. »Zeig mir den Stein, Suko!«
Er gab ihn mir.
Der Diamant war wirklich außergewöhnlich. Nicht nur in seiner Form, sondern auch in seinem Schliff. Der Stein besaß einen daumendicken Seitenrand. Auf der Oberfläche war er in mehrere Dreiecke unterteilt worden, die vom Rand her zur Mitte hin liefen und dort ein kleines Dach bildeten, wo sie sich trafen.
Ich zählte die Dreiecke nach und kam auf die Zahl acht.
Hatten sie eine Bedeutung, oder waren sie nur zufällig entstanden?
Sehr genau schaute ich mir jedes Dreieck an. Der Stein sah blaß aus, vielleicht schimmerte er ein wenig bläulich.
Mir kam der Gedanke an die Kugel, die zu Tanith gehörte. Unter Umständen übte dieser Diamant die gleiche Funktion aus. Fragen, deren Auflösung uns in Zukunft zu interessieren hatten.
Außer seiner Größe und Schwere war sonst nichts Auffälliges an ihm zu entdecken.
Dennoch hatte er die Dolche verschluckt. »Wie ist das alles passiert?« wollte ich von Mandra Korab wissen.
Er berichtete. Staunend und fassungslos hörte ich zu. Auch Suko mischte sich ein und erklärte, wie Wikka so plötzlich verschwunden war. »Sie tauchte in den Stein hinein.«
»Und wie ging das praktisch vor sich?« wollte ich wissen.
Die Erklärung ließ mich ebenfalls staunen. Einen Grund, meinen Freunden keinen Glauben zu schenken, hatte ich nicht. So mußten wir uns alle wohl oder übel mit den herrschenden Tatsachen abfinden.
»Wir bekommen die Dolche zurück«, erklärte ich meinem Freund aus Indien. »Verlaß dich drauf.«
»Und wie?«
»Das müssen wir eben herausfinden.«
»Wenn der Stein tatsächlich aus einer Träne des Teufels hergestellt sein sollte, wären wir die letzten, die ihn in die Finger bekommen sollten«, erklärte Mandra sehr richtig. »Ich nehme an, daß der Teufel alles einsetzen wird, um den Stein wieder in seine Hände zu bekommen. Wikka ist dort verschwunden, auf sie will er wohl nicht verzichten, und auch meine sieben Dolche sind da. Sollte es uns gelingen, das Geheimnis des Steines zu lösen, würden sich bestimmt einige Probleme von selbst erledigen.«
»Aber was hast du erlebt?« fragte mich Suko.
»Ich traf ja zuerst auf Wikka. Sie arbeitete mit magischem Feuer, das ich stoppen konnte…« Anschließend berichtete ich über Einzelheiten und vergaß auch nicht, das schwere Schicksal des Maklers van Doolen zu erwähnen.
Meine beiden Freunde schüttelten die Köpfe. Sie wurden blaß. Suko fragte: »Hat er überlebt?«
»Ja.«
»Vielleicht kann er uns trotz seiner Schmerzen helfen. Er müßte doch etwas über den Stein und dessen Herkunft wissen.«
Der Gedanke war nicht schlecht. Ich nickte den beiden zu, drehte ab und schritt die Treppe hoch. Über die Schulter rief ich zurück, daß ich ihn holen würde.
Er war im Augenblick tatsächlich unsere einzige Chance!
***
Der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und den Wind gleichzeitig zur Orkanstärke potentiert. Wolken, die zunächst nur sporadisch den Himmel bedeckt hatten, waren zu gewaltigen Bergen aufgetürmt worden und entleerten sich.
Zuerst war es nur Regen, der, aus Richtung Westen kommend, schräg über die Straße peitschte, gegen Bäume, Büsche und Sträucher prasselte und in langen, undurchsichtigen Schleiern über die Felder jagte. Der Sturm rüttelte in den blattlosen Kronen der Bäume. Er bog Äste und riß kleinere Zweige ab, die er wie ein leichtes Spielzeug durch die Luft schleuderte.
Das Wetter verwandelte weite Landstriche in eine Hölle. Da jaulte, brauste und heulte es. Tiere verkrochen sich, und Menschen ließen sich erst gar nicht auf den Straßen blicken.
In den Orten riß der Sturm Antennen von den Häusern und deckte ganze Dächer ab. Er schleuderte Fahrräder und Mopeds zur Seite, als wären sie Abfall, und der Wind brachte die Kälte mit.
Aus dem Regen wurde Schneeregen, anschließend Schnee.
Naß, pappig und in dicken Flocken fiel er aus den grauen Wolkengebilden, ein weißes, undurchsichtiges Gestöber, das ebenso wenig zu durchschauen war wie der Regen.
Im Nu hatten sich die Schneemassen auf Dächer, Straßen, Wälder und Felder gelegt, während der Sturm weiterhin mit unverminderter Wucht toste.
Der Schnee verschonte auch den neben dem Grundstück abgestellten Fiat nicht. Er schaufelte die weiße Pracht wie mit gewaltigen Händen gegen den kleinen
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