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0306 - Die Träne des Teufels

0306 - Die Träne des Teufels

Titel: 0306 - Die Träne des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Er klebte an den Scheiben, und Jane Collin kam sich vor wie in einem Iglu. Es gelang ihr kaum, die Scheibe ein Stück nach unten zu drehen, weil ihr der nasse Schnee einen zu großen Widerstand entgegensetzte.
    Auf die Uhr hatte sie nicht geschaut, doch es kam der Zeitpunkt, da zuckte sie plötzlich zusammen.
    Etwas war geschehen.
    Nichts, das etwas mit ihr direkt zu tun hatte, sondern mit Wikka, der Oberhexe.
    Jane hatte ihren Ruf vernommen.
    Einen sehr fernen Schrei, mehr ein qualvolles Jammern, wie das eines Tieres, das man in irgendeinen ausbruchsicheren Käfig gesteckt hatte.
    Die Oberhexe mußte sich in großen Schwierigkeiten befinden.
    Jane Collins ballte die Hände. Ihre Augen nahmen einen anderen Ausdruck an, der Blick wurde gläsern und gleichzeitig lauernd.
    Es war etwas passiert!
    Sollte sie trotz der gegenteiligen Anordnung den Wagen verlassen und auch das Haus des Maklers betreten?
    Jane lehnte sich zurück. Am Hinterkopf spürte sie die weiche Nackenstütze. Die Augen hielt sie halb geschlossen, sie konzentrierte sich wieder auf den Ruf und vernahm deutlich die Angst der Oberhexe Wikka.
    Sie mußte in der Klemme stecken.
    »Der Stein… Vorsicht… grauenvolles Geheimnis… andere sind hinter ihm her… warne… Teufel…«
    Es waren zusammengestammelte Sätze, die Jane Collins erreichten.
    Mehr erfuhr sie nicht.
    Doch sie reichten aus.
    Jane Collins gab sich innerlich und äußerlich einen Ruck, bevor sie zum Griff tastete und die Tür aufstieß.
    Mochte Wikka ihr aufgetragen haben, was sie wollte, das alles zählte nun nicht mehr. Die Oberhexe befand sich in Not. Vielleicht sogar in einer Gefahr, aus der sie aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen konnte.
    Die ehemalige Detektivin stieg aus. Ihre Füße yersanken im Schnee.
    Die Straße war in ihren Umrissen längst nicht mehr zu sehen. Das Feld und sie bildeten eine Ebene.
    Rechts, wo die hohe Grundstücksmauer wuchs, ging der schmale Bürgersteig in die Straße über. Eine weiße Fläche breitete sich vor den Augen der Detektivin aus.
    Das kurze Unwetter war vorüber. Zwar blies noch immer der Wind, nur längst nicht mehr so stark. Er brachte jetzt feineren Schnee mit, den er vom Boden hochgeschleudert hatte.
    Die Luft war klar geworden und auch kalt.
    Jane schaute nach vorn, als sie die Wagentür ins Schloß hämmerte.
    Durch den Druck fiel Schnee von den Scheiben und vom Dach.
    Ein Wagen fuhr herbei. Jane konnte den Fahrzeugtyp nicht erkennen.
    Sie sah nur die beiden Scheinwerfer, die auf sie wie gelbe Glotzaugen wirkten.
    Im Normalfall war sie eine mißtrauische Person, doch diesmal dachte sie mehr an Wikka und deren Schicksal. Deshalb interessierte sie der langsam heranfahrende Wagen überhaupt nicht…
    ***
    Ich fand Hendrik van Doolen, den Makler, noch so im Zimmer vor, wie ich es verlassen hatte.
    Er hockte auf dem Boden, direkt unterhalb der offenstehenden Safetür.
    Daß ich eintrat, schien er kaum bemerkt zu haben, denn sein Blick war nach innen gekehrt. Die Augen zeigten einen stumpfen Glanz, der Mund stand offen. Worte drangen über seine Lippen, die ich nicht verstand, weil flämisch gesprochen wurde.
    Ich redete ihn an.
    »Monsieur van Doolen!«
    Er blieb so.
    »Monsieur van Doolen!« Noch einmal redete ich, wobei ich auf ihn zuschritt.
    Erst jetzt bemerkte er mich. In einer müden Bewegung hob der Makler den Kopf. Anklagend hielt er mir seinen verbrannten Stumpf entgegen.
    »Da«, sagte er, »da sehen Sie, was sie mit mir gemacht haben, zum Henker…«
    »Darüber und über andere Dinge wollte ich mit Ihnen reden, Monsieur.«
    »Es gibt nichts mehr zu reden.«
    »Doch«, widersprach ich, »oder wollen Sie die Träne des Teufels nicht mehr zurückhaben?«
    Er schaute mich ernst an. In seinen Augen las ich Trauer, Schmerz und Depression. »Was bin ich denn?« flüsterte er. »Ein Krüppel, dem man alles genommen hat.«
    Ich verstand ihn. Und hätte ihm auch gern Trost zugesprochen, aber ich tat das Gegenteil. Mir oder uns nutzte kein Mann, der sich selbst bemitleidete. Wenn wir etwas erreichen wollten, mußten wir schnell handeln.
    Auf der Bettkante ließ ich mich nieder. »Nein, Sie sind kein Krüppel«, erwiderte ich, »das mit der Hand läßt sich leicht in Ordnung bringen. Denken Sie an die Möglichkeiten der plastischen Chirurgie. Man wird Ihnen eine Kunsthand annähen, deren Finger voll beweglich sind. Das alles ist heute kein Problem mehr. Auch Ihre Seele wird wieder geheilt werden. Wenn Sie nichts tun, werden Sie irgendwann

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