0306 - Die Träne des Teufels
Wagen, so daß die Person, die in ihm saß, schon bald nichts mehr sehen konnte.
Den Regen hatte sie noch mit stoischer Geduld ertragen, doch der Schnee ließ sie sehr schnell verzweifeln.
Steif saß sie auf dem Sitz. Sie trug einen dunklen Pelzmantel, so konnte sie die Kälte halbwegs ertragen. Die blonde Frau hatte beide Hände in den Taschen des Mantels vergraben. In ihrem Gesicht regte sich nichts, dennoch war sie nervös. Eigentlich war diejenige, auf die sie wartete, viel zu lange fortgeblieben. Sie hatte nur kurz etwas erledigen wollen, um anschließend wieder zurückzukommen.
Bisher war nichts geschehen.
Einmal nur war ein Wagen an dem Fiat vorbeigefahren. Und das war noch vor dem großen Unwetter gewesen. Danach war nichts mehr passiert, was bei der Blonden einen Verdacht hätte auslösen können.
Wer sie so ansah, hätte sie für alles halten können, nur nicht für das, was sie tatsächlich darstellte.
Eine Hexe!
Wenn auch nicht so schlimm wie Wikka, so konnte man der blonden Frau und ehemaligen Detektivin Jane Collins dennoch Menschenverachtung und Haß nachsagen sowie eine Liebe zum Teufel, denn all dies gehörte zum Image der Hexe.
Und das war Jane Collins!
Seit der Geist des unheilvollen Rippers in ihr steckte, gehorchte sie der Schwarzen Magie, den Gesetzen der Hölle und den Regeln des Teufels.
Sie tat genau das, was man ihr sagte, und was diese grausamen Rituale vorschrieben.
Eine Vorgesetzte hatte und erkannte sie an.
Wikka!
Die Oberhexe war für Jane Freundin, Beraterin und Chefin.
Gemeinsam klügelten sie die finstersten Pläne aus, denn sie wollten der Menschheit Schaden zufügen und dem Satan wohlgesonnen sein.
In der letzten Zeit hatte es arge Schwierigkeiten gegeben. Für den Satan waren nicht nur die Männer um John Sinclair Gegner, auch andere schwarzmagische Geschöpfe wollten die Macht des Teufels brechen, so daß zwischen ihnen ein erbarmungsloser Kampf tobte.
Der Satan wollte alte Machtpositionen nicht aufgeben, die er praktisch seit Anbeginn der Zeiten innehatte. Sein Bestreben war die schwarzmagische Expansion, der Ausbau, die Vervollkommnung der Macht, und er wollte seine Feinde in die Knie zwingen.
Ihm stand das zur Verfügung, was die Menschen als Hölle bezeichneten, und er hatte Hexen wie Wikka und Jane Collins auf seiner Seite, die für ihn recherchierten und kämpften.
Wie in diesem Fall, da Wikka die Träne des Teufels zurückholen wollte.
Was genau mit diesem Stein geschehen war, wußte nur sie zu sagen.
Auch kannte nur sie seine Kräfte. Jane jedenfalls hatte sie nicht darüber informiert. Die ehemalige Detektivin und jetzige Hexe sollte nur im Wagen warten.
Das tat sie auch, während der Wind die Schneemassen gegen den kleinen Fiat schaufelte.
Hätte der Wagen auf freier Fläche gestanden, wäre er sicherlich durch die Naturgewalten gepackt und mitgerissen worden. So aber parkte er hinter der Grundstücksmauer und blieb in seiner Deckung von der urwüchsigen Gewalt weitgehend verschont.
Er schneite dafür ein. Die Flocken fielen wie ein Vorhang vom Himmel. Sie waren dick und wäßrig, wären als einzelne schnell weggetaut, doch in der Masse blieben sie überall liegen und bedeckten das Land mit einer weißen Haube.
Es gefiel Jane Collins überhaupt nicht, daß sie nichts sehen konnte, deshalb schaltete sie die beiden Wischer ein.
Der Schnee war zu dick. Die beiden Blätter schafften es einfach nicht, die pappigen, nassen, weißen Massen von der Außenhaut der Scheibe zu drücken.
Jane fluchte. Sie überlegte, ob sie aussteigen und die Scheibe säubern sollte, sah jedoch ein, daß es keinen Sinn hatte. Deshalb verschob sie ihr Vorhaben bis zur Abfahrt.
Wäre Wikkas Plan aufgegangen, hätten die beiden Hexen schon längst unterwegs sein müssen, doch die erste Dienerin des Teufels war noch nicht wieder zurückgekehrt. So blieb Jane Collins nichts anderes übrig, als zu warten.
Die Sorgen wuchsen.
Es waren nicht die Sorgen, die sie als normaler Mensch gehabt hatte.
Sie dachte jetzt in anderen Maßstäben, denn sie wollte, daß die Hölle gewann und nicht die Menschheit.
War etwas passiert?
Im Normalfall hatte Jane Collins längst nachgesehen, hier zögerte sie bewußt, denn sie hatte von Wikka die Order bekommen, im Wagen so lange zu warten, bis die Oberhexe zurückkam. Und das wollte sie durchhalten, so schwer es ihr auch fiel.
Die Zeit verstrich. Der aus den Wolken fallende Schnee hatte längst eine handhohe Haube auf den kleinen Fiat gelegt.
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