0307 - Die letzte Kugel für den Boß
zweiten Ausgang in dem völlig dunklen Raum herum und stieß mir das Schienbein an irgendwelchen Eisenkram.
»Eine Minute«, dröhnte Goulds Stimme.
Ich wusste, die Gangster würden ernst machen. Im Rauschgiftgeschäft gibt es keine Gnade.
Die Werkstatt, in die Howard sich verkrochen hatte, war groß, aber sosehr ich auch die Augen aufriss, ich erwischte nicht den geringsten Schimmer Licht. Offenbar hatte der Laden früher seine Beleuchtung durch Dachfenster erhalten, und diese mochten inzwischen völlig verdreckt sein.
Wie blind lief ich weiter in den Raum hinein. Dann prallte ich gegen eine Wand. Ich bewegte mich nach rechts an ihr entlang und plötzlich fühlte ich nicht mehr Mauerwerk, sondern Holz unter meinen Händen. Eine Tür?
Meine Hände flogen über das Holz, ertasteten Eisen, einen Riegel. Ich zog ihn zurück, drückte die Tür auf und stand immer noch nicht im Freien, sondern in der eigentlichen Werkhalle der alten Werft. Durch das zerbrochene Dach sickerte das Mondlicht, und durch die großen, längst glaslosen Fensteröffnungen in der Mauer sah ich das. Band des Hudsons.
Ich zwängte mich durch allerlei Gerümpel an die erste dieser Fensteröffnungen heran. Waren die drei Minuten vergangen? Vorsichtig lehnte ich mich hinaus.
Der Mond gab Licht genug, sodass ich die Umrisse einer Männergestalt sehen konnte. Es musste Gould sein. Er stand in einer Entfernung von rund zwanzig Yards vor der Tür zur Schlosserei.
Nur zwei oder drei Schritt hinter ihm standen ein zweiter Mann und Nancy Kelly. Offenbar hielt er das Mädchen fest, denn die Umrisse beider Gestalten verschmolzen miteinander. Für mich war es, abgesehen von dem Abstand, völlig unmöglich, auf den Mann zu schießen, ohne das Mädchen zu gefährden.
Klar, dass die Aufmerksamkeit der Gangster völlig auf die Tür zur Schlosserei gerichtet war. Wenn es mir gelang, unbemerkt so nahe an sie heranzukommen, dass ich sie mit zwei gut gezielten Schüssen außer Gefecht setzen konnte, blieb dem Mädchen eine Chance. Es stand fest, dass Gould und sein Kumpan Nancy Kelly töten würde. Sie hatte ihre Gesichter gesehen.
Mit unendlicher Vorsicht kletterte ich aus der Fensteröffnung. Ihre untere Kante war so niedrig, dass ich nicht zu springen brauchte. Ich ließ mich zu Boden gleiten und kroch vorwärts.
»Die drei Minuten sind um, G-man!«
Gould wandte sich mit einer brüsken Bewegung seinem Kumpan zu, und schon riss ich die 42er hoch, um auf jeden Fall zu schießen, aber der andere ließ das Mädchen los und kam auf Gould zu.
Sie wechselten ein paar Worte miteinander, aber sie sprachen zu leise, als dass ich sie hätte verstehen können.
Nancy Kelly stand in diesen Sekunden allein und ein paar Schritte von den Rauschgifthändlern entfernt.
Ich kroch weiter. Es gab genug Gerümpel auf dem Gelände der ehemaligen Werft, das als Deckung dienen konnte. Ich bemühte mich, einen Bogen zu schlagen, und während die Rauschgiftbosse miteinander sprachen, schaffte ich ein paar Dutzend-Yards und gelangte nahezu in ihren Rücken.
Gould und der andere standen nebeneinander. Nancy Kelly ein paar Yards seitlich von ihnen.
Irgendwo quakten ein paar Frösche. Das war in dieser Sekunde das einzige Geräusch in der Stille, aber dann hörte ich einen anderen Laut: das Knarren einer Tür.
Auch Gould musste es gehört haben, denn er schrie: »Achtung!«
Die Kerle spritzten auseinander. Goulds Kumpan griff nach dem Girl, um es mit sich fortzureißen, und Nancy Kelly stürzte. Wahrscheinlich hatte der Mann ihren Arm gefasst, und sie konnte seiner Bewegung nicht folgen. Er schleifte sie ein Stück über den Boden, dann ließ er sie los, um seine MP in Anschlag zu bringen, nicht gegen sie, sondern gegen den Eingang zur Schlosserei.
Gould selbst war nur wenige Yards zurückgewichen, und er brüllte: »Keine Tricks, G-man!«
»James«, sagte eine Stimme, die klägliche, überkippende Stimme von Ralph Howard, »bitte, James, schieß doch nicht! Lass mich…«
Das Rattern von Goulds MP zerschnitt den Satz.
Ich verfeuerte vier Schüsse auf den Mann, der neben dem gestürzten Mädchen stand. Ich zielte hoch, um das Mädchen um keinen Preis zu treffen, es war zu dunkel, um richtig zu zielen, aber es gab keinen anderen Ausweg mehr.
Ich glaube, dass meine dritte Kugel den Kopf des Mannes traf, aber ich hatte den Finger schon gekrümmt und verfeuerte den vierten Schuss, bevor ich herumschwang und den Rest des Magazins, fünf Kugeln, auf Gould verfeuerte.
Es ist
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