0307 - Die letzte Kugel für den Boß
gehabt.
***
Ich stieß die Tür ins Schloss. Gleichzeitig schob ich meine Kanone ins Halfter zurück.
»Gib her«, sagte ich ruhig und steckte die Hand aus. Durch die dunklen Brillengläser starrte er mich an.
»Was soll das?«, fragte er. Seine Lippen zuckten.
»Es wird nicht mehr geschossen«, antwortete ich. »Das hat keinen Sinn mehr.«
Seine Finger öffneten sich. Die kleine Pistole fiel in meine Hand. Ich schob sie in die Tasche.
»Auch die Maskerade hat keinen Sinn mehr. Ich will dein Gesicht sehen.«
Zögernd nahm er die dunkle Brille von den Augen. Mit einem großen Schritt stand ich nahe vor ihm. Er wollte instinktiv zurückweichen, aber ich stieß ihm den Hut vom Kopf, und mit der gleichen Bewegung riss ich ihm die Perücke herunter. Ralph Howards spärliches blondes Haar kam zum Vorschein, und nur der kleine schwarze Schnurrbart, das letzte Stück seiner Maskerade, klebte auf seiner Oberlippe und sah sehr lächerlich aus.
Damals, als ich ihm in der Wohnung begegnet war, hatte Ralph Howard gefährlich und energisch gewirkt. Jetzt war er ein Mann am Ende seiner Kräfte und seiner Nerven. Er zitterte.
»Slade«, sagte er leise, »ich habe hunderttausend Dollar bei mir. Ich teile mit dir, aber hilf mir.«
»Gegen wen?«
Er fuhr sich mit einer fahrigen Bewegung durch das Gesicht.
»Es sind Männer in der Stadt«, fuhr er fort, und jetzt ging sein Atem keuchend. »Sie wollen mich töten. Sie schickten ihren Mörder bereits aus. Sie kannten mein Versteck. Ich ahnte es. Ich habe mich rechtzeitig in Sicherheit gebracht, aber sie werden mich auch hier finden. Ich kann nicht bleiben. Hilf mir hier heraus.«
»Wer sind die Männer?«
Er antwortete nicht. Er warf den Kopf nach rechts. Er lauschte.
»Was ist?«
»Ein Wagen…«, flüsterte er. »Es kommt ein Wagen.«
Jetzt hörte ich selbst das Motorengeräusch. Der Wagen näherte sich rasch. Dann kreischten die Bremsen.
»Slade!«, schrie Howard, alias Rowfield. »Sie kommen!«
Okay, sie kamen. Der Farmer hatte also doch gespurt. Ich hörte die Schritte von Männern, die über den Hof kamen.
»Ralph Howard«, sagte ich, und ich glaube, meine Stimme klang ein wenig feierlich, »wegen Rauschgifthandels, Bandenverbrechens und Anstiftung zum Mord…«
Eine Maschinenpistole zerhämmerte die Stille der Nacht. Eine Serie von Kugeln schlug in die Holztür und zerblies meine Illusion, die Männer draußen wären Polizisten.
***
Mit einem Sprung war ich bei der Werkbank und fegte die Karbidlampe vom Tisch. Sie zersprang und es begann, scheußlich nach Karbid zu stinken.
Mit einem zweiten Sprung war ich neben Ralph Howard und packte einen Arm des Mannes.
Draußen rief eine tiefe Männerstimme: »G-man, wir geben dir noch eine Chance! Schick uns Howard raus und dir selbst wird nichts geschehen. Wir können dich laufen lassen, solange du unsere Gesichter nicht kennst.«
Ich fühlte, wie Ralph Howard neben mir in die Knie knickte.
»Gould«, flüsterte er. »Das ist James Gould selbst.« Die Furcht hatte ihn offenbar so verwirrt, dass er nicht einmal bemerkt hatte, dass der Mann draußen mich als G-man anrief.
»Die Bosse«, sagte ich grimmig. »Endlich die wirklichen Bosse!«
Der Mann rief wieder: »Es hat keinen Zweck, zu schweigen. Wir wissen, dass ihr in der Bude seid. Du hast keine andere Wahl, als auf unseren Vorschlag einzugehen. Harry, bring sie her!«
Mein Blut erstarrte in den Adern.
»Sore dafür, dass sie ’nen Ton von sich gibt!«
Ich hörte einen klatschenden Schlag und den Aufschrei eines Mädchens.
»Nein, bitte! Nein!«
»Hast du sie gehört? Wir haben die Kleine aus dem Haus am Fluss mitgenommen. Du kannst dir an deinen fünf Fingern ausrechnen, was mit ihr geschehen wird, wenn du Howard nicht rausschickst. Ich glaube, es passt verdammt schlecht zu deinen Vorschriften, wenn du sie an Howards Stelle daran glauben lässt.«
Neben mir kreischte Ralph Howard plötzlich los: »Gould, ich werde euch bestimmt nicht verpfeifen. Lasst mich leben! Ich verschwinde aus den Staaten. Ihr habt euch immer auf mich verlassen können.«
»Drei Minuten, G-man!«, rief die tiefe Männerstimme ungerührt.
Dieses Mal bekam Howard das Wort mit.
»G-man«, murmelte er. »Bist du ein G-man?«
»Genau!«
Er gab einen erstickten Laut von sich und versuchte, sich loszureißen.
Ich schlug zu. Howard knickte in die Knie, ohne noch einen Laut von sich zu geben. Ich fing ihn auf, und ließ ihn zu Boden gleiten.
Ich tastete auf der Suche nach einem
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